Wohnen Tirol Gutachten kritisiert Kontrollpraxis an Tiroler Freizeitwohnsitzen

Die Tiroler Bauordnung sei „gleichheits- und verfassungswidrig“, heißt es in dem Gutachten von Universitätsprofessor Peter Bußjäger.

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Gutachten kritisiert Kontrollpraxis an Tiroler Freizeitwohnsitzen

Das Land Tirol versucht bekanntlich seit Jahren, gegen illegale Ferienwohnsitze vorzugehen. Zu Beginn des Vorjahres hatte etwa der Tiroler Landtag ein Gesetz beschlossen, dass Kontrollen zielgerichteter ermöglichen soll. Überprüfen wollte man etwa Daten wie Wasser- und Stromverbrauch um Verdachtsmomente zutage zu fördern. Zur Erinnerung: In Tiroler Gemeinden können keine neuen Freizeitwohnsitze geschaffen werden, wenn dort die Zahl der bestehenden Ferienwohnsitze acht Prozent der gesamten Wohnungen übersteigt. Außerdem ist die Begründung eines Freizeitwohnsitzes an enge Voraussetzungen geknüpft. 

Nun geht ein Universitätsgutachten, das von einem Bauunternehmer in Auftrag gegeben wurde, mit der Kontrollpraxis der Behörden in Tiroler Gemeinden bei vermeintlich illegalen Freizeitwohnsitzen hart ins Gericht. Diese sei laut Gutachter Peter Bußjäger oft „überschießend“ und es liege nicht immer ein „substanzieller Hinweis“ vor, bevor kontrolliert werde, meinte er Anfang der Woche bei einer Pressekonferenz in Innsbruck. Außerdem sei die Tiroler Bauordnung „gleichheits- und verfassungswidrig“, so der Verwaltungsrechtler. 

Das Tiroler Raumordnungsgesetz ist für Bußjäger dennoch „verfassungskonform“. „Freizeitwohnsitze dürfen beschränkt werden, weil leistbares Wohnen im öffentlichen Interesse ist“, so der Universitätsprofessor. Es gelte jedoch, in der Praxis verstärkt darauf Rücksicht zu nehmen, dass auch mehrere Wohnsitze zur Berufsausübung möglich seien. "In diesem Fall haben wir es dann mit einem Nebenwohnsitz, nicht mit einem illegalen Freizeitwohnsitz zu tun", so der Jurist. Es müsse jedenfalls, bevor es zu Kontrollen komme, ein begründeter Verdacht vorliegen. Nachsatz: "Immerhin sind solche Kontrollen Eingriffe in das Privat- und Familienleben."

„Der Gesetzgeber differenziert nicht nach der Person des Bauwerbers, sondern behandelt unterschiedslos alle Bauwerber – egal ob Privatperson oder Bauträger – pauschal gleich“, führte Bußjäger aus, wieso er die Tiroler Bauordnung für gleichheits- und verfassungswidrig hält. Während eine Privatperson eine künftige Nutzung glaubhaft machen könne, dürfe man von einem Bauträger nicht erwarten, zu Projektbeginn bereits eine künftige Nichtverwendung als Freizeitwohnsitz glaubhaft zu machen. 

Bußjäger forderte jedenfalls „klare Handlungsanleitungen für Bürgermeister und Gemeinden“. „Im April 2020 wurde an alle Gemeinden ein gemeinsam mit den Bezirkshauptmannschaften erarbeiteter, 19-seitiger Leitfaden zur Feststellung von Freizeitwohnsitzen zugestellt. Es ist klar geregelt, wie hier vorzugehen ist", entgegnete Gemeindesprecher LAbg. Alois Margreiter von der Tiroler ÖVP. Bußjäger habe bestätigt, dass das Raumordnungsgesetz verfassungskonform sei und es im öffentlichen Interesse sei, "die gebietsweise extrem hohe Dichte an Freizeitwohnsitzen zu reglementieren und im Idealfall zurückzudrängen", sagte Wohnsprecher LAbg. Michael Mingler von den Tiroler Grünen. Die Kontrolldichte werde künftig "deutlich zunehmen", kündigte indes Gemeindesprecherin und Landtagsvizepräsidentin  Stephanie Jicha an. 

Eines ist jedenfalls klar: Das letzte Wort dürfte in diesem Zusammenhang noch lange nicht gefallen sein. 

Quelle: APA

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