Änderungen der steuer­lichen Abschreibungsdauer

Nach gegenwärtiger Rechtslage sieht das Ertragsteuerrecht – je nach Nutzungsart - verschiedene gesetzlich normierte Nutzungsdauern für die Absetzung für Abnutzung (AfA) vor.

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Nach gegenwärtiger Rechtslage sieht das Ertragsteuerrecht – je nach Nutzungsart - verschiedene gesetzlich normierte Nutzungsdauern für die Absetzung für Abnutzung (AfA) vor.

Dabei handelt es sich jeweils um widerlegbare Vermutungen. Gelingt somit dem Steuerpflichtigen der Nachweis einer (in aller Regel kürzeren) tatsächlichen wirtschaftlichen Nutzungsdauer über ein einschlägiges Gutachten, dient die darin ermittelte Nutzungsdauer der Ermittlung der steuerlichen Abschreibung. Dieses Grundprinzip ist sowohl bei Gebäuden im Rahmen der betrieblichen als auch im Rahmen der außerbetrieblichen Einkünfteerzielung vorgesehen.

1. Änderungen bei steuerlichen Abschreibung im betrieblichen Bereich.

Bei unmittelbarer Nutzung im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes oder eines Gewerbebetriebes können aktuell Betriebsgebäude ohne Nachweis der Nutzungsdauer mit einem AfA-Satz von bis zu 3% (d.h. 33,33 Jahre) abgeschrieben werden. Dient das Gebäude übrigen betrieblichen Zwecken (z.B. insbesondere Freiberufler, Verwaltung, Vermietung zu Wohnzwecken) beträgt der AfA-Satz ohne Nachweis der Restnutzungsdauer bis zu 2% (d.h. 50 Jahre). Daneben besteht ein spezieller Mischsatz für Betriebe im Bank- und Versicherungswesen, soferne die Gebäude nicht unmittelbar dem Kundenverkehr dienen (2,5%). Wird ein Betriebsgebäude zu Wohnzwecken vermietet, müssen Instandsetzungskosten wie z.B. der Austausch von Fenstern auf 10 Jahre verteilt abgesetzt werden, sofern sie nicht durch Subventionen gedeckt sind, und damit nicht in die Gewinnermittlung einfließen.

Das Steuerreformgesetz 2015/16 sieht nunmehr einen einheitlichen AfA-Satz im betrieblichen Bereich von bis zu 2,5% vor, soferne das Gebäude einem betrieblichen Zweck dient. Befindet sich das Gebäude im Betriebsvermögen, wird jedoch für Wohnzwecke (bspw gewerbliche Vermietung) verwendet, ist ein AfA-Satz von bis zu 1,5% anzuwenden, der dem (unverändert gebliebenem) AfA-Satz im außerbetrieblichen Bereich entspricht. Hervorzuheben ist, dass es sich wie nach bisheriger Rechtslage um Nichtbeanstandungsgrenzen handelt, die mit einem Gutachten widerlegbar sind.

Die Neuregelung ist erstmals für im Jahr 2016 beginnende Wirtschaftsjahre anzuwenden. Sollte bisher ein davon abweichender AfA-Satz angewendet worden sein, verändert sich somit die Abschreibung ab 2016 entsprechend, was auch eine Änderung der vom AfA-Satz abgeleiteten Restnutzungsdauer zur Folge hat. Es ist somit davon auszugehen, dass die vom Gesetzgeber als „Angleichung“ bezeichnete Änderung der Nutzungsdauern in vielen Fällen zu signifikanten Verlängerungen der Restnutzungsdauer führen wird, soferne die pauschale Annahme nicht widerlegt werden kann.

Es kommt somit zu einer Verteilung des steuerlichen Aufwandes über einen längeren Zeitraum hinaus, was unmittelbar zu einer temporären Steuermehrbelastung führt. Wenngleich durch dieses Hinauszögern in Gesamtbetrachtung zwar kein steuerlicher Aufwand verloren geht, ist in Rahmen der Barwertbetrachtung ein Nachteil unbestrit-ten. Hauptbetroffener der Praxis ist wohl zu einem guten Teil die Immobilienwirtschaft – insbesondere die gewerbliche Vermietung von Wohnraum.

2. Änderungen bei steuerlichen Abschreibung im außerbetrieblichen Bereich

Die gesetzlich angenommene Nutzungsdauer für Gebäude im außerbetrieblichen Bereich mit 1,5% bleibt im Rahmen der Steuerreform 2015/16 grundsätzlich unverändert. Die einzige Veränderung erfahren vor 1915 errichtete Altbauten, wonach der bislang von der Verwaltungspraxis tolerierte erhöhte 2%ige AfA-Satz hinkünftig nicht mehr vorgesehen ist.

Nach der bisherigen Verwaltungspraxis er-folgte der Ansatz für den ausgeschiedenen Grund und Boden bei Grundstücken, bei denen für das Gebäude ein AfA-Satz von 1,5% oder 2% zu Grunde gelegt worden ist, grundsätzlich pauschal mit 20%. Nach Ansicht des Gesetzgebers konnte dieser Ansatz vor allem durch die Preisanstiege bei Grund und Boden in jüngerer Vergangenheit nicht mehr beibehalten werden.

Das pauschale Aufteilungsverhältnis für bebaute Grundstücke wird daher auf 40% für Grund und Boden und 60% für Gebäude verschoben und nunmehr auch gesetzlich verankert. Dieses Aufteilungsverhältnis gilt nur für angeschaffte bebaute Grundstücke im außerbetrieblichen Bereich und ist dort für die Berechnung der AfA und eine allfällig erforderliche Aufteilung im Rahmen der Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen maßgeblich. Wie sich dies in der Praxis bei der Anschaffungskostenaufteilung bei Liegenschaften im Zusammenhang mit einer betrieblichen Einkünfteerzielung erweisen wird, bleibt allerdings noch abzuwarten. Schließlich hatte die in der Vergangenheit ebenfalls zu außerbetrieblichen Liegenschaften ergangene „80/20“-Verwaltungsauffassung faktisch auch Aussagekraft bei betrieblichen Liegenschaften und damit de facto eine Vorbildwirkung.

[caption id="attachment_1743" align="alignleft" width="240"]LL.M., BA Manuel Scheffauer LL.M., BA Manuel Scheffauer[/caption]

Ein abweichendes Aufteilungsverhältnis ist z.B. durch Gutachten nachweisbar. Bei of-fenkundigem und erheblichem Abweichen von den tatsächlichen Verhältnissen soll auch das Finanzamt ein abweichendes Aufteilungsverhältnis feststellen können.

Wurde der Kaufpreis (oder der Gebäudeanteil im Rahmen der fiktiven Anschaffungskosten oder des gemeinen Werts des bebauten Grundstücks bei erstmaliger Vermietung) bislang mit 80% angesetzt, muss bereits ab 2016 die AfA dem neuen gesetzlichen Aufteilungsverhältnis entsprechend reduziert oder im Einzelfall ein davon abweichendes Verhältnis nachgewiesen werden. Zu diesem Zweck sind die fortgeschriebenen Anschaffungskosten des Gebäudes – bei Ansatz des gesetzlichen Wertes von 60% – um ein Viertel (60% sind 3/4 von 80%) abzustocken.

Um diesen Betrag erhöhen sich die Anschaf-fungskosten des Grund und Bodens. Analog zur im betrieblichen Bereich vorgesehenen Streckung der Gesamtnutzungsdauer geht in Gesamtbetrachtung theoretisch zwar kein steuerlich abzugsfähiger Aufwand „verloren“, dennoch kommt es durch die Anwendung des neuen Aufteilungsverhältnissen jedenfalls im Rahmen der Barwertbetrachtung zu Nachteilen (reduzierte laufende AfA versus erhöhte Anschaffungskosten für Grund und Boden), zumal der erhöhte Anschaffungskostenanteil für Grund und Boden erst zum Veräußerungszeitpunkt der Liegenschaft geltend gemacht werden kann.

3. Änderungen zur Verteilung von Instand­setzungsaufwendungen

Bisher galt, dass Instandsetzungsaufwen-dungen für Gebäude, die entgeltlich zu Wohnzwecken überlassen werden, grund-sätzlich auf 10 Jahre zu verteilen sind. Dieser Verteilungszeitraum wurde nun im Zuge der Steuerreform 2015/2016 sowohl für den betrieblichen als auch den außerbetriebli-chen Bereich auf 15 Jahre verlängert. Nach den Übergangsvorschriften gilt der neue Verteilungszeitraum auch für alte Instand-setzungen, deren Verteilungszeiträume vor dem 1.1.2016 begonnen haben. Entsprechend sind die bisherigen Verteilungen an die Neuregelung anzupassen.

4. Zusammenfassung

Die Vereinheitlichung der AfA-Sätze für Betriebsgebäude führt dazu, dass die meisten Gebäude steuerlich über einen längeren Zeitraum amortisiert werden müssen. Dies verursacht für einen Großteil eine temporäre steuerliche Mehrbelastung. Am stärksten von den Änderungen betroffen ist wohl die gewerbliche Vermietung von Wohnraum, bei der sich sowohl die Bemessungsgrundlage der AfA (bei Gebäuden im Privatvermögen), der AfA-Satz (bei Gebäuden im Betriebsvermögen) als auch die Länge des Verteilungszeitraumes von Instandsetzungsaufwendungen ändern.

Bis zum Inkrafttreten der Regelungen mit 1.1.2016 kann somit Handlungsbedarf ent-stehen. Sowohl hinsichtlich des anzuwen-denden AfA-Satzes als auch in Bezug auf die Grundkomponente an den Kosten für eine Liegenschaft im Privatvermögen besteht die Möglichkeit, Gutachten vorzulegen, die eine vom Gesetz abweichende Behandlung des Gebäudes rechtfertigen können. Damit können zumindest im Einzelfall die negativen Folgen der Steuerreform 2015 auf die Immobilienbranche abgefedert werden.