Aus alt mach neu

Einer Immobilie an einem Backoffice-Standort neues Leben einzuhauchen ist ein mitunter schwieriges Unterfangen. Architekt Wolfgang Markowitsch ist es beim Projekt Brehmstraße 12 gelungen.

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Einer Immobilie an einem Backoffice-Standort neues Leben einzuhauchen ist ein mitunter schwieriges Unterfangen. Architekt Wolfgang Markowitsch ist es beim Projekt Brehmstraße 12 gelungen.

Schon auf dem Weg zur Brehmstraße 12 wird klar: „Eine Prime Location sieht anders aus.“ Ich bin mit Architekt Wolfgang Markowitsch verabredet, der von den Eigentümern der Liegenschaft, einem institutionellen Fonds aus München, mit der Revitalisierung beauftragt wurde. Planung und örtliche Bauaufsicht erfolgt durch den Architekten Gerhard Moßburger ZTG aus Wien. Doch warum benötigt es nach nicht einmal 15 Jahren eine Sanierung des Gebäudes? Markowitsch kommt gleich zur Sache. Das Gebäude Brehmstraße 12 im 11. Wiener Gemeindebezirk wurde 2002 von einer PORR-Tochter errichtet. Der mittlere Bauteil - die jetzige Brehmstraße 12 - wurde damals von der Ersten Österreichischen (Erste Bank) angemietet. Das Bürogebäude bietet auf insgesamt acht Etagen rund 11.250 Quadratmeter flexibel teilbare Büroflächen. Hinzu kommen rund 245 Quadratmeter Lager- und Archivflächen sowie im Untergeschoß eine Tiefgarage mit 78 Stellplätzen.

Es ist eine Geschichte, die sich - nicht nur in Wien - zigfach wiederholt. Ein Bürotempel wird errichtet und wenn der Generalmieter auszieht, hat man eine Immobilie, die nicht wirklich alt ist, aber auch nicht mehr den Charme versprüht, der heute erwartet wird. Markowitsch hat auch gleich ein sehr gutes Beispiel parat: „Früher hatte das Foyer eine Drehtür, war relativ dunkel, hatte den technokratischen Charme eines typischen Verwaltungsgebäudes. War also nicht unbedingt ein Eye-Catcher!“ Davon ist heute nichts mehr zu sehen und zu spüren. Das gleiche Problem bei den Büroflächen. „Sie waren funktionell, aber ohne Charme. Für uns stellte sich die Frage: Was machen wir aus dem Gebäude? Wir haben versucht, eine zeitgemäße Vermietung zu ermöglichen.“

Brehmstraße _ 035 © cityfoto

Auf den Fun- oder Wohlfühlpunkt kommt es an

Neben den harten Standortfaktoren entscheiden heute immer mehr die weichen Faktoren über eine Anmietung. Vor allem bei Backoffice-Lagen, wie es in Wien viele gibt. „Die Frage ist, wie fühle ich mich am Standort wohl – auf den Fun- oder Wohlfühlpunkt kommt es an“, erklärt Markowitsch. Das beginnt schon beim Entrée – doch davon später mehr.

Beim Preis hat man sich entschlossen, einen harten Kurs zu fahren. „Der ist schwer verhandelbar, gar nicht verhandelbar in Wirklichkeit.“ Die allgemeinen Kosten für den Standardumbau belaufen sich auf 250 Euro pro Quadratmeter plus Planungskosten. Sonderwünsche, die mehr als diesen Investitionsbeitrag verlangen, müssen vom Mieter bezahlt werden. Für den Standardausbau beträgt der Mietpreis 7,90 Euro pro Quadratmeter, egal für welche der acht Etagen.

Der Umbau startete vor eineinhalb Jahren mit der Sanierung der Musteretage, dem Foyer und den technischen Trennungen. Im Foyer wurden Decke und Fußboden erneuert und eine Portierloge eingerichtet, in der sich auch die Brandschutztechnik befindet. Allein die Kosten für den Eingangsbereich beliefen sich auf etwa 80.000 Euro. Die vorhandene Technik musste erweitert werden, um die einzelnen Geschoße und Geschoßteile hinsichtlich Wärme, Kälte, Wasser und Strom getrennt abrechnen zu können. Die Eingangstüren zu den Büros wurden durch folierte Glastüren ersetzt, um ein helleres und freundlicheres Ambiente zu schaffen – „Das kommt sehr gut an.“

Um einen direkten Vergleich ziehen zu können, schauen wir auch in einem noch nicht sanierten Stockwerk vorbei. „Das ist ein nüchterner Bürogrundriss, an der vorderen Brehmstraße ein Drei-Hüfter, das heißt Büro – Mittelzone – Büro, nach hinten ein Zwei-Hüfter. So war der Standard damals. Technisch komplett in Ordnung: Zellenbüros, abgehängte Decken, Doppelboden. An und für sich nicht schlecht, aber für die Nachvermietung nicht besonders erfreulich.“

Verschärfte Bauvorschriften

Die größte Herausforderung bei der Sanierung war, die technischen Voraussetzungen zu schaffen, um einzelne Bereiche getrennt abrechnen zu können. Ein weiteres heikles Thema betraf die Fluchtwege. „Hier haben sich die Bauvorschriften mittlerweile verschärft. Für jeden Büroteil muss es die Möglichkeit von zwei unabhängigen Fluchtwegen geben. Das war auch eines der schwierigsten Probleme, wie wir das lösen.“ Aus diesem Grund können derzeit in den oberen Stockwerken nur gesamte Etagen gemietet werden, da es ansonsten Probleme mit dem zweiten Fluchtweg gäbe. „Da müssten wir in beiden Stiegenhäusern Druckluftbelüftungen einbauen und das zahlt sich nicht aus, das wäre zu teuer“, ergänzt Markowitsch.

Jetzt bin ich aber total auf das Musterbüro gespannt. Also rein in den Lift und rauf – zur besseren Orientierung hat jedes Stockwerk „seine“ spezielle Farbe beim Lift.

Brehmstraße _ 004 © cityfoto

Im Musterbüro erhält man einen gänzlich anderen Eindruck – hell, freundlich, modern. Wände wurden aufgelöst und teilweise durch Glas ersetzt. „Das macht natürlich schon was her.“ Um aus alt neu zu machen, dauert es lediglich drei Monate für eine komplette Etage. „Es kommt auch darauf an, wie aufwendig die Umbauten sind. Es gibt natürlich auch Mieter mit Sonderwünschen, dann dauert es bis zu vier Monaten.“

Attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis

Wenn es um die Qualitäten des Gebäudes geht, fällt ein Wort sofort: kostengünstig. Bei der Planung wurde auf ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis geachtet. Besonders stolz ist Markowitsch auch auf die ausgewogenen Grundrisse und das Ambiente.

„Wenn man ein Büro möchte, das viel kann, günstig ist und keinen Repräsentationsstandort braucht, ist die Brehmstraße 12 ein wirklich gutes Produkt.“

Auch die Verkehrsanbindung ist gut, vor allem für den Individualverkehr. Aber auch die öffentlichen Verkehrsmittel sind „gar nicht so schlecht“, beeilt sich Markowitsch anzumerken.

Um die Vermietung anzukurbeln, wurde ein Teil des vierten Stockwerks speziell für Start-ups adaptiert. Dort ist der Ausbau im Gegensatz zu den Standardbüros etwas zurückgefahren worden. „Gedacht sind diese Räumlichkeiten für kurzzeitige Vermietungen mit Einjahresverträgen und der Option auf Verlängerung“, so der Projektleiter.  Diese Start-ups sind dann anteilige Mieter einer Gesamtfläche mit einem Büro (in unterschiedlichen Größen erhältlich), Allgemeinbereichen, Teeküche und Sanitäreinrichtungen. Auch ein Besprechungsraum wurde freigehalten, dieser ist letzten Endes jedoch noch nicht verlangt worden. „In diesen Verträgen ist alles mit dabei. Richtige All-in-Mieten. Lediglich um die Internetverbindung muss sich der Mieter selbst kümmern“, weist Markowitsch auf eine Besonderheit hin.

Man spielt mit größeren und kleineren Einheiten. Bedingt durch Bestimmungen des Dienstnehmerschutzes müssen die größeren Einheiten höher sein. In diesem Fall ist man bis an die Rohdecke gegangen und hat offene Installationen eingesetzt, was gleichzeitig auch zu einer optischen Diversifikation führt. Auch in den früheren Gangbereichen wurden neue Decken eingezogen, in denen die Infrastruktur versteckt ist. So kann, auf Sonderwunsch, auch eine Vollkühlung des Büros ermöglicht werden. In den kleinen Zellenbüros blieb die ursprüngliche Decke erhalten. Das Stiegenhaus hingegen wurde nicht erneuert. „Mir hätte es besser gefallen, alles komplett neu zu machen. Dass es nicht passiert ist, hat aber wirklich noch niemanden gestört“, merkt Markowitsch an. Auch die Sanitäranlagen wurden nur teilweise erneuert. „Alles rauszureißen, um ein paar neue Fliesen hinzukleben, wäre unnötig gewesen“ ergänzt der Projektleiter.

Brehmstraße _ 016 © cityfoto

Mit Liebe zum Objekt

„In Wahrheit hält sich der technische Aufwand in Grenzen“, gesteht Markowitsch. Entscheidend sei, „dass man mit Gehirnschmalz, mit Liebe zum Objekt etwas überlegt. Dass uns das mit den weichen Faktoren und dem Wohlfühlstandard so gut gelungen ist, darauf sind wir sehr stolz.“

Seit Jahresbeginn kommt es zu zwei bis drei Besichtigungen in der Woche. Aktuell wird mit potentiellen Mietern verhandelt, vier Mieter sind bereits im Gebäude eingemietet. Einer davon ist die „Lebenshilfe Wien“. Diese ist bereits seit Juni 2015 in der Brehmstraße 12 untergebracht. „Die Zusammenarbeit hat gut funktioniert“, lobt auch Andreas Mayer von der Lebenshilfe. „Wir haben uns mit dem Architekten zusammengesetzt und gesagt, was wir wollten. Der war wirklich schnell und kreativ. Da muss man sagen, das hat super gepasst.“ Ein größeres Lob kann man ja kaum bekommen.

Quelle: cityfoto
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