Bewahren und betreiben

Historische Gebäude können mehr, als man denkt. Historische Gebäude werden nicht akzeptiert, wenn sie unter einem Glassturz stehen. Die Kunst ist es, die richtige Nutzung für den jeweiligen Haustyp zu finden, meinen Burghauptmann Hofrat Mag. Reinhold Sahl und Mag. Gerald Wagenhofer im Interview mit dem ImmoFokus-Heritage.

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Historische Gebäude können mehr, als man denkt. Historische Gebäude werden nicht akzeptiert, wenn sie unter einem Glassturz stehen. Die Kunst ist es, die richtige Nutzung für den jeweiligen Haustyp zu finden, meinen Burghauptmann Hofrat Mag. Reinhold Sahl und Mag. Gerald Wagenhofer im Interview mit dem ImmoFokus-Heritage.

Das Bewahren allein steht also nicht im Mittelpunkt?

Reinhold Sahl: Historische Gebäude werden nicht akzeptiert, wenn sie unter einem Glassturz stehen. Die Kunst ist es, die richtige Nutzung für den jeweiligen Haustyp zu finden. Es gibt nicht die eine Nutzung historischer Gebäude. Wir haben Büros, Museen, Theater, gewerbliche Nutzung, Veranstaltungen und Kongresse – wir haben ein breit gefächertes Portfolio. Aber man muss die Raumstruktur so nehmen, wie sie ist. Wenn man das Falsche hineingibt, dann funktioniert es nicht. Das ist aber bei modernen Gebäuden nicht anders.

Historische Gebäude müssen den Vergleich mit Neubauten nicht scheuen?

Reinhold Sahl: Auf keinen Fall. Es wäre aber ein Fehler, Kennzahlen für den Neubau auf historische Gebäude einfach umlegen zu wollen. Wir beleben historische Gebäude. Wenn Sie als Maßstab 12 Quadratmeter pro Mitarbeiter anlegen, dann wird der Benchmark einfach schlecht. Wenn man Räume zwanghaft teilt, verlieren die Objekte an Atmosphäre. Auf der anderen Seite darf man auch mehr Raumreserve haben. Organisationen verändern sich schneller als Objekte. Da ist natürlich der Neubau im Vorteil. Hier ist in der Regel mehr Veränderung möglich – wenn auch unter Umständen mit hohen Kosten verbunden. Diese Veränderungen sind im historischen Bestand nicht möglich beziehungsweise nicht gewollt. Wir streben nach konstanter Nutzung, das ist auch besser für die Substanz. Stabilität macht schon einigen Sinn. Man muss für die richtige Nutzung den richtigen Mieter finden. Eines darf man aber nie außer Acht lassen: Die Nutzung von heute entspricht nicht der in der Vergangenheit.

Gerald Wagenhofer: Die Burghauptmannschaft ist auch nach ISO 14001 umweltzertifiziert und bildet eigene Auditoren aus. Es geht dabei nicht nur um bauliche Aspekte, sondern um den Betrieb an sich. Dabei sind auch die Nutzer zu beraten. Es geht darum, es besser zu machen. Best-Practice-Möglichkeiten mitnehmen und präsentieren. Dabei sollen auch Handlungsbedarfe oder -möglichkeiten aufgezeigt werden.

106Gibt es auch Wünsche seitens der Mieter, die man nicht erfüllen kann?

Sahl: Das kommt natürlich vor. Wenn wir aber bei der Auswahl der Nutzer aufpassen, dann können wir dieses Problem minimieren. Wir lernen von unseren Mietern und können dabei den Betrieb optimieren.

Wo liegt der wesentliche Unterschied zu anderen Betreibern?

Sahl: In erster Linie im bestmöglichen Mitteleinsatz. Wir stehen über allen Nutzer-Interessen und haben kein Eigeninteresse. Wir sind von keinem Renditedenken getrieben. Man darf aber den volkswirtschaftlichen Wertschöpfungsgrad nicht übersehen. Es mag pathetisch klingen, aber wir denken in volkswirtschaftlichen Dimensionen. Wir generieren touristischen Background, ohne den der Tourismus nicht das wäre, was er ist. Wir haben auch einen kulturpolitischen Auftrag. Wir bewahren unsere Geschichte und Kultur. Wie man sie bewertet und damit umgeht, das ist eine andere Frage.

Wir denken über den Betrieb nach. Ein Developer entwickelt, baut und gibt dann das Projekt an einen Dritten weiter. Andere Immobilienunternehmen leben vom An- und Verkauf, wir von Erhaltung und Betrieb. Wobei jede Nutzung einzigartig ist. Wir haben in Summe 1.100 unterschiedliche Nutzer. Das ist historisch gewachsen. Darunter gibt es Museen, Bibliotheken, Ministerien, Private, das Techniker-Cercle oder die Altkalksburger. Nicht immer ist die Nutzung optimal. Manchmal gibt es auch eine Nutzung, die man nicht will. Wir suchen aber den Ausgleich.

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Wagenhofer: Das ist nicht immer einfach. Historische Gebäude stellen auch an den Bauprojektleiter sowie Facility Manager andere Anforderungen. Denken Sie nur allein an die Pflege der unterschiedlichen historischen Materialien. Aus diesem Grund wird nun unter Federführung der Burghauptmannschaft an einer europaweiten Zertifizierung für Bauprojektleiter mit dem Schwerpunkt Historische Gebäude gearbeitet. Die Zertifizierung soll zeigen: „Der kennt sich mit den speziellen Anforderungen von historischen Gebäuden aus.“

Ab wann wird es die Zertifzierung geben?132

Wagenhofer: Diese Zertifizierung wird im Rahmen von MODI-FY, einem durch Erasmus+ geförderten Projekt, gemeinsam mit 8 weiteren Partnern aus 6 EU-Staaten entwickelt. Die Ergebnisse und damit die Zertifizierung sollen mit August 2017 vorliegen.

Sahl: Damit schaffen wir auch die Grundlage, um in Zukunft neue Mitarbeiter der Burghauptmannschaft besser und strukturierter auf ihre Aufgaben vorzubereiten. Das hätten wir zwar auch ohne diese Förderungen machen müssen, jetzt fließen aber die Erfahrungen von Partnern ein wie z.B. dem National Trust of England, Wales and North- ern Ireland.

Wagenhofer: Übrigens ein Grundprinzip für alle Einreichungen zum Erhalt einer EU-Förderung. Nur Projekte oder Themen, die die Burghauptmannschaft zu bearbeiten hat, werden als Inhalte dieser Projekte herangezogen. Dies gilt auch für das zweite gerade laufende EU-Projekt OrbEEt.

Worum handelt es sich dabei?

Wagenhofer: Hier wird, unterstützt durch eine Förderung aus dem Forschungsprogramm Horizon 2020, untersucht, ob durch Geschäftsprozessoptimierung und einer damit zusammenhängenden Verhaltensänderung der Nutzer der Energieverbrauch in Bürogebäuden gesenkt werden kann. Das Pilotobjekt ist dabei die Hofburg Innsbruck.

Sahl: Nicht nur, dass wir uns dafür mit unseren Prozessen auseinandersetzen müssen, erhalten wir zusätzlich neue Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Energieeffizienz unserer historischen Gebäude und der Unterstützung von Verhaltensänderungen durch neue Technologien. Also können historische Gebäude wirklich mehr, als man denkt?

Sahl: Unbedingt!


Preserving & Managing

Historic buildings are more than meets the eye. The challenge is to find the appropriate use for the respective type of building, a view shared by Burghauptmann Hofrat Mag. Reinhold Sahl and Mag. Gerald Wagenhofer in an interview with ImmoFokus-Heritage.

The objective is not solely preservation, is it?

Reinhold Sahl: No, indeed. One needs to find the right use for a building, there is no universal use for a historic structure and it would be wrong to apply modern standards to historic buildings. Adaptation of historic structures is often not possible and, in most cases, not intended.

Gerald Wagenhofer: The Burghauptmannschaft is certified according to ISO 14001 and trains auditors in-house in structural aspects and in actual operation. We advise the tenants and present best-practise examples.

Have there been cases where you could not meet the tenant‘s wishes?

Sahl: Naturally. We cannot accommodate all requests.

What is the difference between you and other operators?

Sahl: First and foremost in the optimum use of our funds combined with a touristic background. Our primary focus is the management of our assets. We have over 1100 tenants and of course we cannot always find the ideal use for every object.

Wagenhofer: Historic buildings demand different approaches from project and facility managers.This is why the Burghauptmannschaft is a leading contributor to establishing a European certification for project managers with historic buildings as the key area. We are cooperating with 6 EU member states and hope to offer the certification by August 2017.

Sahl: Working with partners such as the National Trust of England, Wales and Northern Ireland.

Wagenhofer: We are also part of a another EU project, OrbEEt, which assesses whether energy costs can be reduced by optimisation, is funded by Horizon 2020 and the pilot project is the imperial palace in Innsbruck.

Sahl: The unique aspect of these programmes constitutes a raised awareness of energy efficiency in historic buildings and behavioural changes through new technology. So, historic buildings can deliver more than one might think?

Sahl: Absolutely!