Den Rücken tief gebeugt

Wohnbaufinanzierung. Wer heute als Unternehmer einen Kredit für den Wohnungsbau braucht und nicht zu den „Jumbos“ gehört, hat´s in der Praxis oft nicht leicht. Dabei ist Geld so billig wie nie.

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Wohnbaufinanzierung. Wer heute als Unternehmer einen Kredit für den Wohnungsbau braucht und nicht zu den „Jumbos“ gehört, hat´s in der Praxis oft nicht leicht. Dabei ist Geld so billig wie nie.

Die Kreditklemme gibt´s ja eigentlich gar nicht, das wissen jetzt schon so gut wie alle. Im wirklichen Leben stellt sich das allerdings ganz anders dar, wie Alfons Reder (Name von der Redaktion geändert) aus eigener leidvoller Erfahrung berichtet. Für ein geplantes Wohnungsprojekt in Wien ist er von einer Bank zur anderen gepilgert – viele Wochen lang und dann doch ohne Ergebnis: Die Geldbeutel der Banker blieben fest verschnürt.

Dabei ist Reder in der Branche partout kein Fremder: Jahrzehntelang hat er erfolgreich gebaut, auch als Geschäftsführer ganz großer Unternehmen. Nur für sein eigenes Projekt gab´s dann von niemandem Kredit. (Wie es mit Reder weiterging und wie er sein Projekt schließlich doch noch finanzieren konnte, lesen Sie in einer der nächsten Ausgaben).

Stolzgeschwellte Brust

Warum die Kreditvergabe besonders in Österreich an Unternehmen so schleppend vor sich geht, kann niemand so genau sagen. An der Konstitution der Institute kann´s jedenfalls nicht liegen: Österreichs Banken haben europaweit das größte Selbstvertrauen, das zeigte nämlich eine Umfrage des „European Banking Barometers“ des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY.

Die Institute erwarten, ihre Eigenkapitalrendite – den sogenannten Return on Equity (RoE) – 2015 im Vergleich zum Vorjahr durchschnittlich gleich um vier Prozentpunkte steigern zu können. Treten diese Erwartungen tatsächlich ein, ist Österreich mit diesem Wert Spitzenreiter in Europa. Durchschnittlich rechnen Banken in Europa nämlich damit, dass die Eigenkapitalrendite nur um 1,6 Prozentpunkte steigen wird.

Interessant für Unternehmen ist, dass die Banken von einer Lockerung ihrer Kreditvergabepolitik für die meisten Branchen ausgehen. Davon sollte vor allem der europäische Mittelstand profitieren: Über die Hälfte der Befragten plant, mehr Kredite an kleine und mittelständische Unternehmen zu vergeben. In Österreich gaben das sogar drei Viertel der Banker an – ob es nur bei der bloßen Ankündigung geblieben ist, wird dann die Statistik für 2015 zeigen.

Der EY-Umfrage zufolge können sich unter den Branchen europaweit insbesondere das Gesundheitswesen, Industrie und Maschinenbau sowie der IT-Bereich auf einen leichteren Zugang zu Krediten freuen – von Bauunternehmen und Immobilien ist da keine Rede …

Günstig wie nie

Dabei wäre Geld zurzeit wirklich günstig – wenn man es denn als Bauunternehmer auch bekäme. Bei den Projekten selbst scheiden sich aber so oder so noch vor dem Start die Geister: „Hier muss man zwei Bereiche klar unterscheiden: Zum einen ein Bauprojekt, das zum Verkauf bestimmt ist und zum anderen ein Bauprojekt, das zur Vermietung errichtet wird“, erläutert Experte Wolfgang Maurer, Geschäftsführer von creditnet.at. „Wenn man verkauft, ist die Finanzierung kurzfristig, nämlich rund drei Jahre, und damit auch teurer. Der Zins liegt ungefähr zwischen zwei und 3,5 Prozent“.

Wenn man vermietet, wird die Finanzierung jedenfalls langfristig durchgeführt, so Maurer – und verweist auf die Marktbelebung von Banken unseres nördlichen Nachbarn, die hierzulande immer aktiver werden: „Bei österreichischen Banken beträgt die Laufzeit 25 Jahre. Bei deutschen Anbietern – und da gibt es schon mehrere im gewerblichen Bereich - kann man auch auf 35 Jahre abschließen“. Daraus ergibt sich natürlich eine leichtere Leistbarkeit des Projektes – ein nicht zu unterschätzender Vorteil, meint der Kreditexperte. „Der Zins liegt im besten Fall bei einem Prozent und geht rauf bis auf 2,5 Prozent“. Auch interessante Fixzinsen gibt es, meint Maurer: „Das derzeit beste Angebot einer deutschen Bank liegt bei 1,6 Prozent auf zehn Jahre“.

[caption id="attachment_2137" align="alignleft" width="300"] © Fotolia / exclusive-design[/caption]

Geld gibt´s scheibchenweise

Wenn die Sicherheit gegeben ist und auch die Leistbarkeit, also die Rückführung des Kredites, geregelt ist, wäre es eigentlich leicht, Geld für Bauprojekte zu bekommen, ist Maurer überzeugt. An Sicherheiten verlangen natürlich alle Banken eine Hypothek: „Aber der klarste Unterschied zwischen den Banken liegt bei der persönlichen Bürgschaft. Nachdem es sich hier immer um Millionenbeträge handelt, ist dieser Punkt natürlich existentiell“, meint Maurer. „Man wird hier zwischen null und der gesamten Summe alles finden“. Wenn alles klappt, kann es dann recht rasch gehen: „Mit rund einem Monat muss man aber schon mindestens rechnen – sowohl die Schätzung und auch die Genehmigung, die ausschließlich über den Bankvorstand geht, benötigt Zeit“, erläutert der creditnet.at-Geschäftsführer. Das Geld bekommt man dann immer nur in Tranchen nach Baufortschritt.

Was man noch beachten sollte, ist bei langfristigen Finanzierungen die Margen-Vereinbarung. „Immer häufiger werden die Margen nur auf eine bestimmte Laufzeit fixiert, danach muss man mit der eigenen Bank wieder verhandeln – das ist natürlich sehr schlecht“. Man sollte daher nur Kreditverträge eingehen, die die Margen über die gesamte Laufzeit garantieren, lautet der Experten-Tipp. „Auch wird bei langfristigen Finanzierungen immer häufiger die laufende Bewertung eingebaut. Das heißt, die Bank überprüft jedes oder jedes zweite Jahr die Immobilie auf Wertbeständigkeit - und die Kosten muss der Kunde tragen“.

Paradies für Private

Bei Privaten gibt´s übrigens Kredite zu wahrhaft sensationellen Konditionen.

„Aktuell liegt der Bestzins für variable Kredite bei 0,825 Prozent“, erläutert Maurer. Damit sind diese Konditionen seit mehreren Monaten unverändert. Bewegung kam allerdings in den Markt bei Krediten mit fixer Verzinsung: „Hier kann man aktuell bei einer Laufzeit von zehn Jahren mit 1,55 Prozent Zinsen rechnen. Bei einer fünfzehnjährigen Laufzeit sind es 1,7 Prozent und bei 20 Jahren 2,25 Prozent, die man für die Zinslast aufbringen muss“, so Maurer. Übermäßige Hektik ist nicht angebracht, denn der creditnet.at – Geschäftsführer rechnet mit einem günstigen Umfeld bis Ende 2016: „Ziemlich sicher bleibt das Niveau aber auch noch das ganze Jahr 2017 günstig, weil die Swap - Sätze (also die Langfristzinsen; auf diesen Langfristzinssätzen bauen sich die Fixzinsen auf; Anm.) so niedrig sind wie noch nie - und sie sind in den letzten Monaten sogar noch weiter laufend gefallen“.

Mit etwas Glück für neue Kreditnehmer und alle, die ans Umschulden denken, dauert die Entspannungsphase sogar noch etwas länger: „Der Markt geht von noch längerfristigeren Niedrigzinsen aus“, beschreibt Maurer die Lage. „Das kann bis 2018 und 2019 oder sogar auch bis ins Jahr 2020 so bleiben“.

Fallen die Grenzen?

Maurer rät allen Bausparkunden, die noch im alten System gebunden sind, jetzt umzuschulden: „Die Zinsuntergrenze liegt hier bei drei Prozent, die Zinsobergrenze bei sechs Prozent. Nachdem die Bausparkassen entschieden haben, bei alten Bausparkunden – immerhin ein Volumen von 30 Milliarden Euro – nicht nachzugeben und die Untergrenze nicht zu öffnen, ist wohl eine Umschuldung fällig. Denn für den Neukunden ist die Untergrenze auf zwei Prozent gefallen.“

Der Geldbeutel wird durch eine Umschuldung jedenfalls nicht belastet, meint der Geschäftsführer von creditnet.at: „Mit einigen Instituten haben wir ausverhandelt, dass dies ohne neuerliche Eintragung ins Grundbuch durchzuführen ist (Der Fachbegriff dafür heißt „Forderungseinlösung“; Anm.). Beim neuen Kreditvertrag liegen die Zinsen dann bei 1,4 Prozent nominal als Untergrenze und bei 2,5 Prozent als Obergrenze auf 25 Jahre mit nur ganz geringen neuerlichen Kosten“.

Bei den Bausparverträgen sind übrigens in den nächsten Monaten noch allerlei Umwälzungen zu erwarten. Zur Diskussion steht eine generelle Änderung der Ober- und Untergrenzen auch bei allen bestehenden Verträgen.