Die Baustelle bei der Wiener Bauordnung

Kommentar von Hans-Jörg Ulreich, Ulreich Bauträger GmbH, zum Artikel "Baustellen-Ende für Bauordnung"

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Lange, unendlich lange hat es gedauert.

Als die Politik die Novellierung zur Wiener BO im Vorjahr ankündigte, glaubte wirklich keiner daran. Zu oft wurde das Thema bereits von allen Seiten angekündigt oder aufgeworfen, zu oft mussten alle darauf vergebens warten.Jetzt steht Wien kurz vor der Beschlussfassung. Und tatsächlich ist die Wiener Bauordnung zwar kein großer, aber doch positiver Wurf. Ludwig/Chorherr nahmen wichtige Erneuerungen, zum Beispiel zur Senkung der Baukosten, zwar sanft aber immerhin darin auf. Trotzdem ist der Entstehungsprozess bedenklich. Wichtige Branchen wie die meine wurden aus Diskussionen ausgenommen, auf emotionale Kampagnen wie „Rettet den Kamin“ oder Vetorufe verunsicherter Anrainer bei der Stellplatzverordnung wurde hingegen Rücksicht genommen.

Es ist Tatsache, dass wir Bauträger bei vielen politischen Gesprächsrunden in Wien ausgeklammert werden. Unsere Branche, die gerne als Spekulanten oder sogar „Wucherer“ dargestellt wird, erfüllt weder solche Klischees, noch sollte sie als Experte und Trendsetter im Bereich Bauen und Marktkenntnis ausgeklammert werden. Private Bauträger gestalten auf eigenes Risiko Wien maßgeblich mit und helfen, das Stadtbild, die Schönheit und Lebensqualität zu erhalten und zu steigern. Auch wenn es auf den ersten Blick scheint, dass Vorschläge aus unserer Branche mit in die neue Bauordnung aufgenommen wurden, tatsächlich mit uns geredet hat man nicht.

Sollte dieses Beispiel Schule machen und trifft man als Bauträger auf politische Vertreter nur bei medial organisierten Diskussionsgesprächen statt an Verhandlungstischen oder möglichen Jour-fixe-Terminen zum Informationsaustausch, sieht es schlecht aus für die österreichische Bauwirtschaft.

Wichtige Veränderungen stehen an

Wir brauchen ein neues Mietrechtsgesetz und Wien hinkt in der Flächenwidmung dem aktuellen Stadtentwicklungstrend hinterher. Wenn hier politisch gleich agiert wird wie bei der Wiener Bauordnung, und die politischen Verantwortlichen auf „Zufallstreffer“ setzen, wird unsere Branche dies nicht mehr hinnehmen. Selbst wenn richtige Signale gesetzt würden, ein Lob wie bei der Bauordnungsnovelle wird es nicht mehr geben. Wenn es nur möglich ist, gehört zu werden, wenn man sich medial in Szene setzt oder öffentlich kritisiert, wenn Fachgespräche so gut wie gar nicht stattfinden, dann wird es gefährlich, wenn nur Mehrheiten berücksichtigt werden.

Kleinere Gruppen müssten dann zu spektakulären Maßnahmen greifen. Wenn wir als Bauträger beispielsweise einen Tag lang unsere Tätigkeiten einstellen würden, wäre damit ein sehr deutliches Zeichen gesetzt, wie viel wir allein in Wien beitragen.Es ist die klare Aufgabe der Politik, Gespräche zu führen und den Dialog zu fördern. Es bedarf eines ständigen Informationsaustausches zwischen allen, um konstruktive Lösungen umsetzen zu können. Bei der Bauordnungsnovelle war die Erleichterung über einen Fortschritt größer als der Unmut über die nicht vorhandene Diskussionskultur. Noch. Beim nächsten Mal sollte die Politik nicht auf diese Strategie setzen.

Sonst endet nämlich nicht eine Gesetzesnovellierung, sondern das Land in einer Riesenbaustelle!