Die Immobiliengesellschaften und drohende Steuerbelastungen bei Zwerganteilen

Die Grunderwerbsteuer für Anteilsübertragungen an grundstückbesitzende Gesellschaften wurde mit dem Steuerreformgesetz 2015/2016 grundlegend geändert.

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Die Grunderwerbsteuer für Anteilsübertragungen an grundstückbesitzende Gesellschaften wurde mit dem Steuerreformgesetz 2015/2016 grundlegend geändert.

Die Neuregelung bringt mit 1.1.2016 gravierende Auswirkungen für die Praxis mit sich. Für Anteilseigner an grundstücksbesitzenden Gesellschaften bleibt daher nicht mehr viel Zeit, sich optimal auf die geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen einzustellen.

1. Rechtslage bis 31. 12. 2015

Einer der Tatbestände, der unter die GrESt fällt, ist die sogenannte Anteilsvereinigung. Darunter ist ein Rechtsvorgang zu verstehen, der dazu führt, dass sämtliche Anteile in der Hand eines Gesellschafters oder in der Hand mehrerer Gesellschafter, die miteinander eine umsatzsteuerliche Organschaft bilden, vereinigt werden. Die GrESt wurde bisher mit 3,5% vom dreifachen Einheitswert berechnet.

Naturgemäß spielt dieser Umstand bei Share Deals von Immobiliengesellschaften eine Rolle, wobei nach gängiger Praxis eine Verwirklichung einer Anteilsvereinigung durch Halten von Zwerganteilen vermieden werden konnte. Sofern keine missbräuchliche Gestaltung vorlag, stellte prinzipiell auch das treuhändige Halten eines Anteils eine Gestaltungsoption dar.

2. Neuregelung ab 1. 1. 2016

Ab 1.1.2016 wird eine Anteilsvereinigung nunmehr dann angenommen, wenn bereits mindestens 95% der Anteile in der Hand eines Gesellschafters oder in der Hand einer Unter-nehmensgruppe nach § 9 KStG vereinigt sind. Es ist daher nicht mehr nötig, dass sämtliche Anteile übertragen werden. Die Unternehmensgruppe ersetzt künftig die umsatzsteuerliche Organschaft.

Weiters werden ab 1.1.2016 von Treuhändern gehaltene Anteile, nunmehr stets dem Treugeber zugerechnet, wodurch diese Möglichkeit zur Vermeidung der GrESt künftig gänzlich wegfällt.

Zu beachten ist, dass Gesellschaften, an denen bereits jetzt 95% der Anteile oder mehr in einer Hand vereinigt sind, nicht automatisch mit 1.1.2016 GrESt auslösen. Es ist somit ein zusätzlicher zivilrechtlicher Erwerbsvorgang (auch wenn er noch so geringfügig ist) erforderlich. Dies gilt auch für bisher bestehende Unternehmensgruppen und Treuhandschaften. Eine Anteilsvereinigung auf Ebene des mittelbaren Gesellschafters (bspw Großmuttergesell-schaft) löst – wie bisher – keine GrESt aus. Entscheidend ist die Vereinigung auf Ebene der unmittelbar beteiligten Gesellschafter.

Die GrESt wird künftig mit 0,5% vom Grundstückswert berechnet. Dadurch wird zwar der Steuersatz herabgesetzt, doch die Bemessungsgrundlage auf den Verkehrswert erhöht, der um ein vielfaches höher sein kann, als der Einheitswert. Im Ergebnis wird sich daher die GrESt-Belastung aufgrund der höheren Bemessungsgrundlage wohl verteuern.

Bsp.: A ist zu 51% und B zu 49% an der Z-GmbH, welche ein inländisches Grundstück besitzt, beteiligt. Am 1.6.2016 verkauft A 30% der Anteile an der Z-GmbH an B, sodass A nunmehr nur noch zu 21%, B jedoch zu 79% beteiligt ist. Am 1.9.2016 verkauft A weitere 20% an C, der die Anteile für B treuhändig hält. Da die Erwerbe nach dem 31.12.2015 erfolgt sind, sind treuhändig gehaltene Anteile dem Treugeber (hier B) zuzurechnen. Gesellschafter B hält somit insgesamt 99% der Anteile womit der Tatbestand der Anteilsvereinigung als erfüllt gilt und GrESt anfällt.

3. Neuregelung ab 1. 1. 2016 für Personen­gesellschaften

Eine besondere Neuregelung betrifft grundstückshaltende Personengesellschaften. Werden innerhalb von fünf Jahren mindestens 95% der Anteile an einer Personengesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, auf neue Gesellschafter übertragen, fällt dafür GrESt an (0,5% vom Verkehrswert des Liegenschaftsvermögens).

Welches Rechtsgeschäft (Verkauf, Schenkung, Erbschaft, Umgründung) dieser Übertragung zugrunde liegt, ist irrelevant – entscheidend ist nur, dass 95% der unmittelbar gehaltenen Personengesellschaftsanteile innerhalb von fünf Jahren ihren Eigentümer gewechselt haben. Anteilsübertragungen vor dem 1.1.2016 sind jedoch nicht mitzuberücksichtigen – relevant sind nur Erwerbsvorgänge ab 2016.

Bsp.: Gesellschafter der grundstückshaltenden A-OG sind B (80%) und C (20%). Im Jahr x1 verkauft B seinen Anteil an einen Dritten, D. Im darauffolgenden Jahr x2 verkauft C 15% wie-derum an einen Dritten, E. Insgesamt werden 95% der Anteile an der A-OG innerhalb von 5 Jahren an neue Gesellschafter übertragen. Es kommt daher zu einer GrESt-pflichtigen Anteilsübertragung.

[caption id="attachment_1742" align="alignleft" width="240"]Dr. Gernot Ressler (c) Franz Helmreich Dr. Gernot Ressler
(c) Franz Helmreich[/caption]

Neu ist künftig auch, dass bei einer Änderung des Gesellschafterbestandes im Ausmaß von 95% die Personengesellschaft die (einzige) Schuldnerin der GrESt ist.

4. Auswirkungen auf die Praxis

Auch wenn nunmehr eine 95%-Grenze ausdrücklich gesetzlich normiert ist, sollte in der Praxis weiterhin die Möglichkeit zur Vermeidung der GrESt bestehen bleiben. Zukünftig ist wohl davon auszugehen, dass mindestens 5,1% von weiteren Gesellschaftern gehalten werden müssten, um keine Anteilsvereinigung auszulösen.

Personengesellschafter werden überdies angehalten sein, ihre Beteiligungserwerbe iZm der Fünfjahresfrist evident zu halten.

Insbesondere bei M&A-Transaktionen und bei Umstrukturierungen im Konzern ist darauf zu achten, dass kein GrESt-pflichtiger Übertragungsvorgang gesetzt wird. Bei bestehenden oder zu gründenden Unternehmensgruppen ist darauf zu achten, dass ein 5,1%-Anteil einer Immobiliengesellschaft nicht in die Gruppe aufgenommen wird. Die Ergebniszurechnung innerhalb der Gruppe (100%) ist davon nicht betroffen. Vorsicht ist dennoch - insbesonde-re bei Umgründungen - geboten, da durch konzerninterne Verschiebungen (in- und außerhalb der Unternehmensgruppe) Anteilsvereinigungen ausgelöst werden können.

Es kann sinnvoll sein, noch im Jahr 2015 beabsichtigte Anteilsübertragungen durchzuführen. Dies gilt besonders für Personengesellschaften. Sollte etwa aktuell bereits eine Umgründung oder ein Verkauf geplant sein, könnten beispielsweise noch in diesem Jahr zumindest 5,1% der Anteile vorweg übertragen werden und im Jahr 2016 sodann die restlichen Anteile. Dadurch wäre nur der zweite Übertragungsvorgang zum Zeitpunkt der neuen Rechtslage ausgeführt, womit dieser wohl nicht als GrESt-pflichtiger Vorgang gilt.

Angedacht werden könnte etwa auch eine ertragsteuerlich neutrale Übertragungen von Minderheitsanteilen an vermögensverwaltende Personengesellschaften oder – soferne die Voraussetzungen vorliegen – Umgründungsvorgänge nach dem UmgrStG. Jede Transaktion ist jedenfalls aber einzelfallbezo-gen in Hinblick auf ihre wirtschaftliche Sinnhaftigkeit zu überprüfen.