Die neue Eigenkapital-Finanzierung: Wie früher wird es nie mehr sein

Kommentar von Philipp Kaufmann, Herausgeber des ImmoFokus, zum Artikel " Den Rücken tief gebeugt".

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Unsere Immobilienbranche bewegt große Volumina an Geld. Gleichzeitig schaffen wir Werte und bieten interessante Möglichkeiten der Veranlagung an. Bisher war für Bauträger und Investoren die Immobilien-Finanzierung eine geradezu einfache Übung: mit einer stimmigen Kalkulation besuchte der Kapitalsuchende zwei oder drei Banken, ließ diese in einem Wettbewerb der Konditionen gegen einander antreten und arbeitete mit einem Institut zusammen. Damals, und wir können uns kaum mehr daran erinnern, war ein hoher Fremdkapitalanteil üblich. 80 oder 90 Prozent waren keine Seltenheit und viele Projekte wurden auch zur Gänze von Banken finanziert. Diese Zeiten sind vorbei!

Heute ist die Finanzierung eine intensive und zeitraubende Aufgabe, wobei sich das Aufgabengebiet radikal verändert hat. Glücklich sind alle, die Eigenkapital haben und im Anschluss in Finanzierungsgespräche gehen können. 50 oder 60 Prozent LTV (Loan to Value) werden heute von Banken verlangt. Die Lösung: mehr Eigenkapital. Diese Anforderung ist einfach für alle börsennotierten Unternehmen oder Investoren, die genau darüber verfügen. Der klassische Bauträger stößt damit schnell an seine Grenzen und ist gefordert, neue Wege zu gehen.

Persönlich kann ich nur empfehlen Investoren-Clubs zu initiieren oder auf einen Schwarm in der breiten Öffentlichkeit zu setzen. Bei beiden Vorgehensweisen ist es notwendig, die Organisation, die Unternehmenskultur, die Kalkulation und das Reporting investorentauglich zu machen; für viele eine neue Herausforderung. Auch ist ein gelebtes WerteManagement samt der Einhaltung ethischer Standards für mich eine Grundvoraussetzung. Genau dafür hat die ÖGNI Standards entwickelt, die jetzt der Branche helfen, diese Chance für mehr Eigenkapital zu nutzen.

Schwarm-Finanzierung oder Crowd-Investing ermöglicht es, fertige Immobilienprojekte mit mehr Eigenkapital auszustatten und im Anschluss das Bankgespräch zu suchen. Diese Form der Finanzierung wird nach der Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Immobilienbranche an Bedeutung gewinnen und bietet darüber hinaus völlig neue Chancen: Ich komme mit potentiellen Kunden in Kontakt. Gerade dies ist zB für touristische Projekte eine spannende Form, schon frühzeitig eine andere Form der Kundenbindung umzusetzen. Mit Crowd-Investing haben Unternehmen ein wunderbares Thema für ihre Öffentlichkeitsarbeit und können das Instrument für die Steigerung der Bekanntheit nutzen. Aber es gibt auch Einschränkungen: Für hoch riskante Projekte ist der Schwarm einfach nichts.

Auch macht es keinen Sinn, dass ein Bürgermeister aus den Medien erfährt, was ein Projektentwickler plant. Vorreiter ist für mich die Plattform CONDA und das Thema wird uns in nächster Zeit begleiten – wir können gespannt sein, welche Projekte den Schwarm nutzen.

Eines aber ist klar. Crowd hin oder her. Wir brauchen keine Schönwetter-Finanzierungen. Wir brauchen Finanzierungen, die auch bei Wind und Wetter halten.

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