Die Novelle der Grunderwerbssteuer - ein Überblick

Ein Überblick über die Novelle der Grunderwerbssteuer

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Mit der Steuerreform 2015/16 wurde das Grunderwerbsteuergesetz einer grundlegenden Reformierung unterzogen. Künftig werden insbesondere unentgeltliche Grundstücksübertragungen einer weitaus höheren Steuerbelastung unterliegen als bisher.

Grundstückswert als neue Bemessungs­grundlage

Eine zentrale Änderung betrifft die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Grunderwerbsteuer. Bislang wurde die Grunderwerbsteuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung, mindestens aber vom gemeinen Wert bemessen. Bei bestimmten begünstigten Erwerbsvorgängen diente jedoch der deutlich niedrigere, dreifache Einheitswert als Bemessungsgrundlage.

Die Besteuerung entgeltlicher Erwerbsvorgänge soll grundsätzlich unverändert in Anlehnung an die Gegenleistung (Kaufpreis) erfolgen. Bei unentgeltlichen Übertragungen soll in Zukunft jedoch ein neu definierter Grundstückswert als Bemessungsgrundlage herangezogen werden. Dieser Grundstückswert soll künftig auch für entgeltliche Übertragungen als Mindestbemessungsgrundlage dienen, sofern die Gegenleistung unter dem Grundstückswert liegt.

Wie der Grundstückwert genau zu ermitteln sein wird, soll noch durch eine Verordnung präzisiert werden. Grundsätzlich stehen mehrere Varianten zur Verfügung: Zum einen kann er pauschal als Summe des dreifachen Bodenwertes und des Gebäudewertes bestimmt werden. Zum anderen kann der Grundstückswert aus einem geeigneten Immobilienpreisspiegel abgeleitet werden. Zudem kann ein etwaiger geringerer gemeiner Wert durch ein Sachverständigengutachten nachgewiesen werden. Ein derartiges Gutachten soll dann jedenfalls die Vermutung der Richtigkeit für sich haben.

Unentgeltliche Grundstücksübertragungen, wie Schenkungen oder Übertragungen im Erbweg, werden daher künftig ausgehend von einer deutlich höheren Bemessungsgrundlage besteuert.

Stufentarif für unentgeltliche Erwerbsvorgänge

Um diesen Effekt abzumildern, soll für unentgeltliche Erwerbe ab 1. Jänner 2016 ein Stufentarif zur Anwendung kommen. Dieser sieht eine Staffelung nach folgendem Schema vor:

bis EUR 250.000 Grundstückswert 0,5 %

für die nächsten EUR 150.000 2 %

ab EUR 400.000 3,5 %

Wann ein Erwerbsvorgang als unentgeltlich anzusehen ist, wurde nunmehr gesetzlich festgehalten. Abhängig von der prozentuellen Höhe der Gegenleistung am Verkehrswert des Grundstückes, ist nach folgendem Schema eine Abgrenzung zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Erwerben vorzunehmen:

Gegenleistung bis 30 % unentgeltlich

Gegenleistung über 30 % - 70 % teilentgeltlich

Gegenleistung über 70 % entgeltlich

Die teilentgeltlichen Grundstücksübertragungen werden in einen unentgeltlichen Teil zum Stufentarif und in einen entgeltlichen Teil zum Steuersatz von 3,5% aufgeteilt, wie folgendes Beispiel zeigt: A schenkt B ein Grundstück im Wert von EUR 200.000 gegen Übernahme der Schulden in Höhe von EUR 80.000. Der entgeltliche Teil des Erwerbs beträgt 40%, die restlichen 60% sind unentgeltlich. Die Grunderwerbsteuer berechnet sich wie folgt:

EUR 80.000 entgeltlich mit 3,5 % = EUR 2.800

EUR 120.000 unentgeltlich mit 0,5 % = EUR 600

Insgesamt anfallende Grunderwerbssteuer = EUR 3400

Grundstücksübertragungen innerhalb der Familie

Erwerbe im Familienverband sollen unabhängig von etwaigen Gegenleistungen als unentgeltlich behandelt und damit zum Stufentarif besteuert werden. Eine Einschränkung besteht darin, dass Grundstücksübertragungen zwischen denselben Personen über einen Zeitraum von fünf Jahren zusammengerechnet werden müssen, wie folgendes Beispiel verdeutlicht: M schenkt ein Grundstück im Wert von EUR 200.000 an ihre Tochter. Ein Jahr später schenkt sie ihrer Tochter eine Eigentumswohnung im Wert von EUR 100.000. Die Grunderwerbsteuer berechnet sich wie folgt:

EUR 200.000 mit 0,5 % = EUR 1000

EUR 50.000 mit 0,5 % = EUR 250

EUR 50.000 mit 2 % = EUR 1000

Insgesamt anfallende Grunderwerbssteuer = EUR 2250

Die Zusammenrechnung erfolgt auch dann, wenn der Erwerber von mehr als einer Person eine wirtschaftliche Einheit übertragen erhält. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn die Eltern ihrem Kind ein ihnen je zur Hälfte gehörendes Einfamilienhaus schenken.

Die bestehende Steuerbefreiung für Erwerbe unter Lebenden durch den Ehegatten oder eingetragenen Partner soll auch auf Erwerbe von Todes wegen ausgedehnt werden.

Zudem soll diesbezüglich künftig ein allgemeiner Freibetrag von 150 m² Wohnnutzfläche zwischen Ehegatten oder eingetragenen Partnern gelten.

Generell kann ab 1. Jänner 2016 im Fall eines unentgeltlichen Erwerbs auf Antrag die Option in Anspruch genommen werden, die Grunderwerbsteuerbelastung auf zwei bis fünf Jahre zu verteilen.

Neuerungen bei der Anteilsvereinigung

Auch der Tatbestand der Anteilsvereinigung wurde reformiert. Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, übertragen, wird die Grunderwerbsteuerpflicht derzeit nur dann ausgelöst, wenn 100% der Anteile in einer Hand vereinigt werden. Demnach verhindert zum Beispiel das Halten eines Zwerganteiles durch einen Treuhänder derzeit die Grunderwerbsteuerpflicht, auch wenn der Treugeber wirtschaftlich über das gesamte Grundstück verfügen kann.

Die Neuregelung der Anteilsvereinigung sieht vor, dass die Grunderwerbsteuerpflicht bereits bei der Vereinigung von 95% der Anteile in einer Hand eintritt. Die in der Praxis verbreiteten Treuhandstrukturen sollen künftig verhindert werden, indem treuhändig gehaltene Anteile dem wirtschaftlich tatsächlich verfügenden Treugeber zugerechnet werden. Darüber hinaus erfolgt eine Ausdehnung der Grunderwerbsteuerpflicht auf die Anteilsvereinigung bei Personengesellschaften, wenn innerhalb von fünf Jahren mindestens 95% der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Auf diese Weise wird der Umgehung der Grunderwerbsteuerpflicht durch die Übertragung von Anteilen an der grundstücksbesitzenden Personengesellschaft ein Riegel vorgeschoben. Die Berechnung der Grunderwerbsteuer im Fall der Anteilsvereinigung und der Übertragung aller Anteile erfolgt gegenwärtig basierend auf dem dreifachen Einheitswert. Umgründungen werden ausgehend vom zweifachen Einheitswert besteuert. Künftig soll für diese Tatbestände ebenfalls der Grundstückswert als Bemessungsgrundlage herangezogen werden. Jedoch soll als Erleichterung der anzuwendende Steuersatz immer 0,5% betragen.

Änderungen bei der unentgeltlichen Betriebsübertragung

Für die begünstigte unentgeltliche Übertragung von Betrieben wird der bisherige Freibetrag in Höhe von maximal EUR 365.000 im Zuge der Reform des Grunderwerbsteuergesetzes auf EUR 900.000 erhöht. Der unentgeltliche Teil der Betriebsübertragung soll nach Abzug des Betriebsfreibetrages dem Stufentarif unterliegen, jedoch mit einem fixen Steuersatz von 0,5% zusätzlich gedeckelt werden, wie folgendes Beispiel zeigt: B überträgt ein Betriebsgrundstück im Wert von EUR 2.000.000 an seine Schwester. Die Bemessungsgrundlage errechnet sich mit EUR 2.000.000 abzüglich des Betriebsfreibetrages in Höhe von EUR 900.000 und beträgt somit EUR 1.100.000. Die Grunderwerbsteuer berechnet sich danach wie folgt:

Stufentarif: EUR 250.000 mit 0,5% EUR 1.250 EUR 150.000 mit 2% EUR 3.000 EUR 700.000 mit 3,5% EUR 24.500 Grunderwerbsteuer EUR 28.750 Deckelung: EUR 2.000.000 mit 0,5% EUR 10.000 Tatsächlich zu entrichtende Grunderwerbsteuer EUR 10.000

Grundsätzlich ist die Steuer nachträglich zu erheben, wenn der Erwerber innerhalb von fünf Jahren das zugewendete Vermögen überträgt oder betriebsfremden Zwecken zuführt oder den Betrieb aufgibt. Für diesen Fall soll dem Erwerber künftig kein Betriebsfreibetrag zustehen und die Grunderwerbsteuer für den unentgeltlichen Teil soll ausschließlich nach dem Stufentarif – ohne Deckelung – berechnet werden. Der entgeltliche Teil ist hingegen mit dem Steuersatz von 3,5% zu versteuern.

Zusammenfassend betrachtet wird sich die Grunderwerbsteuerbelastung ab dem 1. Jänner 2016 in vielen Fällen erhöhen, auch wenn ergänzend erleichternde Maßnahmen vorgesehen sind.