Attraktiv und krisenresistent

Obwohl das Jahr sowohl für private, als auch für institutionelle Investoren eine große Herausforderung war, wurden Immobilien im Wert von rund 3,5 Milliarden Euro gehandelt. Im Vergleich zu den Jahren 2017 bis 2019 bedeutet das zwar einen Rückgang, allerdings kann für 2020 eine durchaus positive Bilanz gezogen werden. Die Coronasituation ist für die wenigsten Investoren ein Grund gewesen, ihr Immobilien-Engagement zurückzufahren,

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Attraktiv und krisenresistent

Reisewarnungen und „Lockdowns“ führten dazu, dass einige Transaktionen, die bereits finalisiert sein sollten, noch nicht abgeschlossen werden konnten und sich daher in das erste Quartal 2021 verschoben.

Zinsniveau befeuert Immobilieninvestments

Da sich das Zinsniveau weiterhin auf einem historischen Tiefststand befindet und gerade in Krisenzeiten nach möglichst sicheren Anlageformen gesucht wird, sind Immobilien noch stärker in den Fokus der Anleger gerückt.

Ganz oben auf der Einkaufsliste der Investoren standen 2020 die Segmente Wohnen (ca. 38 Prozent) und Büro (ca. 36 Prozent), gefolgt von Logistik (knapp 8 Prozent) und Einzelhandel (ca. 5 Prozent). Das zeigt auch insbesondere der sehr stark angestiegene Anteil an institutionellen Wohninvestments. Aufgrund der sehr hohen Nachfrage nach Wohnraum, der guten Vermietungsdynamik im Wohnungssegment sowie der weitgehenden Krisenresistenz von Wohnimmobilien, hat sich auch die investorenseitige Nachfrage nach Wohnimmobilien nochmals deutlich gesteigert. Mit knapp über 38 Prozent waren Wohninvestments im Jahr 2020 erstmals die stärkste Assetklasse.

Das zweitstärkste Segment des Jahres 2020 waren Büroimmobilien mit einem Anteil von ca. 36 Prozent, wobei sich das Interesse der institutionellen Investoren hier primär auf langfristig an bonitätsstarke Mieter vermietete Objekte in guten Lagen konzentrierte. Kleinere Büroimmobilien mit kurz- bis mittelfristigen Mietverträgen und einem entsprechenden Managementbedarf wurden zunehmend auch von Privatinvestoren und Family Offices erworben.

Im Einzelhandelsbereich konzentrierte sich die Nachfrage im Jahr 2020 vor allem auf „Coronaresistente“ Nahversorgungsobjekte, die dem Kurzfristbedarf dienen, wie Lebensmittelmärkte oder Fachmarktzentren. Der in Summe sehr geringe Anteil der Einzelhandelsinvestments von ca. fünf Prozent am Gesamttransaktionsvolumen zeigt die Zurückhaltung und Verunsicherung der Investoren in diesem Bereich.



Ein noch nie dagewesener Boom und eine korrespondierende Preisrallye waren im Logistiksektor zu verzeichnen, wo bei Spitzenobjekten Renditen und Quadratmeterpreise aufgerufen werden, die so manche Büroobjekte in den Schatten stellen. Ein Grund dafür ist, neben dem äußerst beschränkten Angebot an Top-Logistikimmobilien insbesondere im Bereich der „last mile“, auch die enorme Expansion der Lieferbetriebe und deren Bereitschaft, langfristige und gut besicherte Mietverträge abzuschließen, die von Investoren entsprechend honoriert werden, erklärt Markus Mendel, Geschäftsführer der EHL Investment Consulting.
„Coronabedingt ist das Engagement von Investoren aus geographisch weiter entfernten Märkten deutlich zurückgegangen und auf nicht-europäische Käufer entfiel somit nur mehr ein Anteil von zwei Prozent. Im Gegenzug konnten deutsche Investoren ihre dominante Stellung mit einem auf das Rekordniveau von 51 Prozent gestiegenen Marktanteil weiter festigen. Auf heimische Investoren entfielen ca. 42 Prozent, auf Schweizer Investoren fünf Prozent“, sagt Franz Pöltl, geschäftsführender Gesellschafter der EHL Investment Consulting.

Die Spitzenrenditen für gewerbliche Immobilien sind im Jahr 2020 in allen Marktsegmenten im Jahresvergleich gesunken und befinden sich auf einem historischen Rekordtief. Diese Entwicklung ist in erster Linie dem großen Interesse der Investoren an Sachwerten und den niedrigen Zinsen geschuldet. Auch der hohe Veranlagungsdruck, unter dem zahlreiche institutionelle Investoren stehen, hat zum Abwärtstrend der Spitzenrenditen beigetragen. Die Untergrenze markieren Top-Büroobjekte mit drei Prozent. Sie liegen damit auf demselben Niveau wie Top-Wohnprojektentwicklungen. Auch im Bereich der auf Kurzfristbedarf ausgerichteten Fachmarktzentren sind die Spitzenrenditen nach wie vor unter Druck und liegen bei fünf Prozent, für Lebensmittelmärkte sogar deutlich darunter. Das sehr stark nachgefragte Logistiksegment erfährt ebenfalls Preissteigerungen in einem noch nie dagewesenen Ausmaß. Bei einigen der derzeit in Abschluss befindlichen Transaktionen bewegen sich die Renditen teils deutlich unter 3,5 Prozent.

Die Entwicklung der Spitzenrenditen stellt allerdings nur einen Teil des Gesamtbilds dar. Während die Preise für besonders attraktive Objekte, die langfristig an Unternehmen mit bester Bonität vermietet sind, weiter gestiegen sind, hat sich der Abstand zu den Durchschnittsrenditen erhöht. Risiken werden derzeit mit teils hohen Preisabschlägen „bestraft“, auch weil Finanzierungen für Objekte außerhalb des Topsegments schwieriger und teurer geworden sind.