Energie-Contracting für Immobilien

Die Energieversorgung ist inzwischen zu einem der Hauptkostenfaktoren für Gewerbe- und Wohnimmobilien geworden.

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Die Energieversorgung ist inzwischen zu einem der Hauptkostenfaktoren für Gewerbe- und Wohnimmobilien geworden.

Zusätzlich sind große Unternehmen (1) im Rahmen des Energieeffizienzgesetzes dazu verpflichtet, ab 1.1.2015 Energieaudits durchzuführen oder Energiemanagementsysteme einzuführen. Es stellt sich daher für manche Eigentümer die Frage, auf welchem Weg Effizienzmaßnahmen umgesetzt werden können.

Eine Möglichkeit zur Energieversorgung von Immobilien ist Contracting. Darunter versteht man ein vertragliches Modell zwischen dem Eigentümer/-nutzer eines Gebäudes und einem Dienstleistungsunternehmen (Contractor). Contracting-Verträge beinhalten Elemente des Miet- Dienst-, Werk-, Leasing-, Kauf- und Kreditvertrages. (2) Vertragsinhalt ist die Bereitstellung von Energie oder die effiziente Verwendung von Energie. Generell wird dabei zwischen Anlagen-Contracting und Einspar-Contracting unterschieden, wobei es in der Praxis aber auch verschiedene Mischformen oder reine Dienstleistungsverträge gibt.

Beim Anlagen-Contracting finanziert der Contractor die Wärme- oder Kälteanlage und bemisst das Entgelt an den dem Nutzer zur Verfügung gestellten Energiemengen. Beim Einspar-Contracting realisiert der Contractor Maßnahmen zu Energiebedarfsreduktion. Sein Entgelt orientiert sich an der Höhe der eingesparten Energiemengen.

Wirtschaftlich interessant sind Energiedienstleistungen für den Eigentümer dann, wenn die Energiekosten für das Gebäude mehr als EUR 20.000,00 pro Jahr betragen. (3)

Da moderne Energielösungen meist einen hohen planerischen und finanziellen Investitionsaufwand erfordern, gelten als Vorteile des Contractings insbesondere die Finanzierung durch den Contractor ohne Belastung der Liquidität des Eigentümers sowie die Planung und Umsetzung durch den Contractor. Daneben übernimmt der Contractor über die Vertragslaufzeit zumeist den Betrieb der Anlage und ist für deren Wartung und Reparatur verantwortlich.

Gerade bei größeren Objekten mit in die Jahre gekommenen Anlagen ist das Einsparungspotential groß. Einsparungen zwischen 20 und 25 Prozent können erreicht werden Die Umrüstung einer alten Kälteanlage auf eine neue Kälteversorgung mittels Contracting brachte bei einem der größten Bürogebäude Wiens nicht nur eine Leistungssteigerung um 30% sondern auch eine Stromeinsparung im Jahr 2014 um ca. 39% im Vergleich zum Durchschnitt der Vorjahre. (4)

Neben den technischen Lösungen ist es bei Contracting-Maßnahmen jedoch auch wichtig, den jeweiligen rechtlichen Rahmen zu beachten, der je nach Eigentümer, Nutzung des Gebäudes oder Anlagentyp variieren kann.

Im Bereich Gewerbe und Industrie kann die Umsetzung von Contracting-Maßnahmen relativ problemlos erfolgen.

Bei Wohnimmobilien, an denen Wohnungseigentum begründet ist, kann sich die Entscheidungsfindung zur Umsetzung von Contracting-Maßnahmen aufgrund des Rechtes der überstimmten Eigentümer zur Anfechtung von Beschlüssen der Mehrheit durchaus schwierig gestalten. Einfacher ist die Umsetzung von Contracting im Geltungsbereich des Mietrechtsgesetzes, da den Mietern keine Mitspracherechte zukommen, soweit nur die Allgemeinflächen betroffen sind.

Da die jeweiligen Energiemaßnahmen über eine lange Dauer, zumeist zwischen 15 und 20 Jahren, laufen, ist es wesentlich diese Vertragslaufzeit und das Investment des Contractors rechtlich abzusichern. Insbesondere gegenüber Eigentümern, Miteigentümergemeinschaften oder Wohnungseigentümergemeinschaften, welche unter das Konsumentenschutzgesetz fallen, ist es erforderlich bei Vertragsabschluss bereits die Aufwendungen des Contractors im Zusammenhang mit der Erfüllung des Vertrages bekannt zu geben, um eine längere Vertragslaufzeit zu rechtfertigen. (5) Vage Hinweise des Contractors sind nicht ausreichend. (6) Private Hauseigentümer wurden von der Rechtsprechung noch als Verbraucher angesehen, wenn im Haus nicht mehr als fünf Mietgegenstände in Bestand gegeben werden. (7) Wohnungseigentümergemeinschaften üben in der Regel keine wirtschaftliche Tätigkeit aus. (8)

Um die Investition des Contractors über die Vertragslaufzeit gegenüber Rechtsnachfolgern oder Gläubigern des Eigentümers abzusichern, werden oft Rechte zugunsten des Contractors (Mietrechte am Heizraum, Dienstbarkeiten, Superädifikate) im Grundbuch einverleibt bzw. angemerkt. Durch vertragliche Vorkehrungen soll verhindert werden, dass Anlagen trotz Verbindung mit der Liegenschaft, Bestandteil der Liegenschaft werden. Da die Anmerkung des Maschineneigentums nur fünf Jahre lang wirksam ist, werden in der Praxis andere Sicherungsmittel verwendet. Einzelne Teile einer Zentralheizungsanlage, wie Kessel mit Brenner, Pumpe wurden von der Rechtsprechung als sonderrechtsfähig angesehen. (9) Die dt. Rechtsprechung rechnet das Eigentum an Anlagen, die aufgrund eines dinglichen Rechtes zugunsten des Contractors eingebaut werden, dem Contractor zu. (10)

Die Verbücherung von befristeten Bestandsrechten kommt vor allem für Technikräume im Gebäude in Betracht. Das jeweils geltende Grundverkehrsgesetz ist zu beachten. Vertraglich sollte geregelt sein, welche Anschlüsse im Technikraum vorhanden sein müssen. Die Bestandsdauer ist auf das Projekt abzustimmen und die Dauer von Umbaumaßnahmen vor Beginn der vertraglichen Energielieferung einzuplanen. Durch Dienstbarkeiten können vor allem das Recht zur Errichtung und zum Betrieb, zur Verlegung von Leitungen und der Zugang zur Anlage abgesichert werden. Errichtet der Contractor ganze Leitungsnetze können diese sachenrechtlich als Zubehör zur betreffenden Hauptanlage angesehen werden. (11)

Für außerhalb vom versorgten Gebäude errichtete Anlagen können Superädifikate auf der Liegenschaft errichtet werden. Ist eine Umwidmung der Fläche erforderlich oder sind bau- und gewerbebehördliche Bewilligungen für die Errichtung erforderlich, ist es empfehlenswert, diese Erfordernisse als aufschiebende Bedingung in den Contracting-Vertrag aufzunehmen. Für die grundbücherliche Durchführung ist zu beachten, dass das Superädifikat im Vertrag und Antrag eindeutig identifiziert wird, zB. als Biomasse-Heizanlage, und dass als Nachweise für die mangelnde Belassungsabsicht nur ein befristetes Grundnutzungsverhältnis und die Beschaffenheit des Bauwerks tauglich sind. (12) Für die Errichtung von Photovoltaikanlagen auf bestehenden Gebäuden scheidet die Begründung eines Superädifikates mangels Bauwerkeigenschaft selbstredend aus. (13)

Leistungsinhalt von Contracting-Verträgen ist neben der Energielieferung oder der Vereinbarung von Einsparungszielen zumeist auch die Wartung und Instandsetzung der Anlage sowie die Störungsbehebung. Für die Abgrenzung der Verantwortlichkeit zwischen Contractor und Kunden ist es wichtig, die Leistungsgrenzen klar zu definieren.

Der Preis für die von Contractor gelieferte Energie gliedert sich üblicherweise in einen verbrauchsunabhängigen Grundpreis und einen verbrauchsabhängigen Arbeitspreis, die speziell für das konkrete Projekt kalkuliert wurden. Basis für die Preiskalkulation bilden die Primärenergiekosten, die Rückzahlungsrate für geleistete Investitionen sowie die Kosten für allfällige Serviceleistungen des Contractors (Wartung, Störungsdienst, Betriebsmitteleinkauf). Da das Vertragsverhältnis mit dem Contractor über lange Zeit läuft, verändert sich das Entgelt nach den vertraglichen Preisgleitklauseln, welche zumeist eine Bindung an die eingesetzte Primärenergie vorsehen. Selbst im Vertragsverhältnis zu Unternehmern gilt bezüglich Preisgleitklauseln das Transparenzgebot. Dabei wird auf einen sachlichen Bezug der herangezogenen Faktoren zum konkreten Geschäft und die Kosten des Unternehmers abgestellt. (14) Graf (15) spricht sich dafür aus, dass nur betriebsexterne Kostenfaktoren zur Grundlage der Preisänderungsklausel gemacht werden können.

Abgerechnet wird die vom Contractor bezogene Energie zumeist nach einem Jahr unter Berücksichtigung der vom Kunden unterjährig zu leistenden Vorauszahlungen. Verrechnet der Contractor nur mit seinem Kunden, so gestaltet sich die Abrechnung sehr einfach. Bei der Verrechnung von Wärmelieferungen durch den Contractor direkt mit Wohnungsnutzern oder verrechnet der Kunde seinerseits mit den Wohnungsnutzern sind die Bestimmungen des Heizkostenabrechnungsgesetzes zu beachten. Dieses ist bei Gebäuden mit zumindest vier Nutzungsobjekten anzuwenden und beinhaltet auch den Fall der sogenannten „externen Wärmelieferung“.

Nach Beendigung des Contracting-Vertrages wird die Anlage je nach vertraglicher Festlegung vom Contractor entfernt oder gegen Zahlung eines Restwertes an den Kunden übertragen. Aus steuerlicher Sicht ist bei der Vertragsgestaltung darauf zu achten, dass infolge der Errichtung der Heizungsanlage in den Räumlichkeiten des Kunden nicht bereits dem Contracting-Kunden wirtschaftliches Eigentum an der Contracting-Anlage zugerechnet wird. Gemäß § 24 Abs. 1 lit. d BAO werden Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, diesem zugerechnet. Der Unabhängige Finanzsenat Graz hat in einer Berufungsentscheidung aus dem Jahr 2008 aufgrund der Wartungs- und Instandhaltungsverpflichtung des Contractors, dem alleinigen Verfügungsrecht über den Technikraum und dem Wahlrecht des Contractors, bei Vertragsende die Anlage dem Kunden zu übertragen oder diese abzubauen, das wirtschaftliche Eigentum dem Contractor zugerechnet.

Contracting als Form der Drittfinanzierung kann somit eine Alternative für Immobilieneigentümer sein. Je nach Konstellation kann damit aber auch ein erheblicher vertraglicher Aufwand verbunden sein. Eigentümer sind gut beraten sich vor der Entscheidung für Contracting-Maßnahmen und während deren Umsetzung sowohl technisch als auch rechtlich intensiv zu informieren.

(1) Definition laut § 5 Z 19 EEffG: ab 250 Beschäftigten und Umsatz über EUR 50 Mio. oder Bilanzsumme über EUR 43 Mio
(2) OGH 2 Ob 182/10 v
(3) WKO-Leitfaden Energiesparen in Betrieben S 17
(4) Quelle: http://www.proenergy.at/de/Informationen/details/IZD-Tower-Wien-40-Prozent-weniger-Stromverbrauch-dank-optimierter-Kaelteversorgung/
(5) § 15 Abs 3 KSchG
(6) OGH 8 Ob 130/03f
(7) OGH 3 Ob 547/93
(8)OGH 7 Ob 155/03z
(9) MietSlg 35.009
(10)OLG Düsseldorf 9 U 73/06
(11) P. Bydlinsky/Stefula, Zur sachenrechtlichen Qualifikation von Leitungsnetzen, JBl 2003, 69
(12) OGH 5 Ob 35/15 f; OGH 2 Ob 242/05 k
(13) OGH 5 Ob 223/12 y
(14) Andreas Riedler, Rechtswidrige AGB in Strom- und Gasverträgen, ÖJZ 2009/70; Krejci im Rummel § 6 KSchG, RN 73, 85)
(15) Welche Preisänderungsklauseln sind in Verbraucherverträgen wirksam? - Wbl 2005, 197, IV. 2