Positionen & Meinungen ESG - die Uhr tickt auch für die Immobranche

Ab März sind die ersten ESG-Kriterien verpflichtend. Andrea Sihn-Weber, Leiterin Nachhaltigkeitsmanagement der RBI im Interview über das brandaktuelle Thema ESG.

von 5 Minuten Lesezeit

ESG - die Uhr tickt auch für die Immobranche

Was sind ESG-Risiken (Nachhaltigkeitsrisiken) in Banken? 

Nachhaltigkeitsrisiken umfassen Risiken im Hinblick auf Umwelt, Soziales und Unternehmensführung („environment, social and governance“, „ESG“). Nachhaltigkeitsrisiken (und insb. Klimarisiken) können nicht nur die Performance einzelner Vermögenswerte und Finanzmarktteilnehmer, sondern potenziell auch die Finanzstabilität selbst negativ beeinflussen. Von Klimarisiken sind all jene Risiken umfasst, die durch den Klimawandel entstehen oder die infolge des Klimawandels verstärkt werden. Unternehmen und deren Wertschöpfungsketten (insb. Lieferanten) können direkt oder indirekt betroffen sein (z.B. durch sich ändernde klimatische Rahmenbedingungen und Naturgefahrenpotenziale, regulatorische Vorgaben im Klimaschutz oder durch technologische Entwicklungen und gesellschaftliche Veränderungen). 

Klimarisiken lassen sich in zwei Risikokategorien einteilen, die jedoch Wechselwirkungen aufweisen können. Dazu zählen die physischen Risiken als Folge veränderter klimatischer Bedingungen und die Transitionsrisiken als Folge der Entwicklung hin zu einer CO2-armen Wirtschaft und Gesellschaft. Hinsichtlich der gesellschaftlichen/sozialen Risiken können beispielsweise schlechte Arbeitsbedingungen, Gesundheitsgefährdung und Verfehlungen beim Einhalten der Menschenrechte in Zusammenhang mit getätigten Finanzierungen oder Investments eine Rolle spielen.

Warum gewinnt das Thema ESG-Risiken so stark an Bedeutung? 

 ·         Die EU verfolgt das Ziel, nachhaltiges Wirtschaften zu fördern und die Finanz- und Kapitalmärkte in der Förderung dieses Ziels einzubinden.
 ·         Die Europäische Bankaufsichtsbehörde hat einen Bericht zu einer möglichen Berücksichtigung von ESG-Risiken in der Prüfung und Beurteilung von Banken durch den Regulator vorgelegt.
 ·         Gemäß NFRD (Non-financial Reporting Directive bzw. EU-Richtlinie 2014/95/EU) hat eine verpflichtende Offenlegung von ESG-Risiken durch Banken zu erfolgen
·         Darüber hinaus erfährt das Thema Nachhaltigkeit immer mehr Bedeutung in der öffentlichen Wahrnehmung, aber ebenso seitens der Investoren und Kunden.

Orientiert sich die RBI an den Grundsätzen der EU-Taxonomie? 

Was bedeutet eine umfassende Umstellung? Mit der Taxonomieverordnung werden auch neue Angaben für Unternehmen eingeführt, die der NFRD (Non-financial Reporting Directive bzw. EU-Richtlinie 2014/95/EU) unterliegen. Insbesondere schreibt Artikel 8 vor, dass Unternehmen, die der NFRD unterliegen, in ihrem nichtfinanziellen Abschluss „Informationen darüber offenlegen müssen, wie und in welchem Umfang ihre Aktivitäten mit umweltverträglichen wirtschaftlichen Aktivitäten verbunden sind“, einschließlich dem Anteil ihres Umsatzes, der aus Produkten oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Aktivitäten stammt, die als umweltverträglich gelten und dem Anteil ihrer Investitionen im Zusammenhang mit Vermögenswerten, die als umweltverträglich gelten. Die TEG hat zudem einen „Usability Guide“ zum EU Green Bond Standard (GBS) veröffentlicht. Dieser beinhaltet praktische Leitlinien für zukünftige Emittenten von EU Green Bonds.   

Diese Vorgaben werden im neuen RBI Nachhaltigkeitsbericht 2020 (Publikation erfolgt am 17.3.2921) berücksichtigt. Zudem erfolgte eine Erweiterung der Information in Bezug auf die Kreditpolitik und Kreditentscheidungsprozesse bzw. des ESG -Bewertungsprozesses und der diesbezüglich relevanten Kennzahlen. Darüber hinaus wurde erstmals ein TCFD-Index integriert, der auf die oben angeführten Themen referenziert. 

Welche Bereiche einer Bank betrifft das Thema? 

Betroffen sind neben Regulatorik und dem Nachhaltigkeitsmanagement, vor allem das Risikomanagement, Research und Strategie sowie die unterschiedlichen Kundenabteilungen, aber auch HR und Compliance und Treasury. 

Die größte Herausforderung ist, dass die verschiedenen regulatorischen Vorgaben noch nicht final sind und zu unterschiedlichen Zeitpunkten bzw. auch relativ zeitnah in Kraft treten.

Was sind die Auswirkungen? 

Umfangreicheres Reporting und aufwändigere Abstimmung in der gesamten Gruppe sind erforderlich. Aber im Vorfeld auch der Aufbau von notwendigem Know-how, einer guten Datenbasis und einem entsprechenden Risikomanagement wie auch bei der Entwicklung von neuen Produkten. Ebenso sind die Kunden umfassend zu informieren und zu unterstützen.

Welchen Stellenwert hat ESG für Ihre Bank? 

Da Nachhaltigkeit und Sustainable Finance in der Weltwirtschaft so stark an Bedeutung gewonnen haben, intensivierte die RBI auch 2020 ihre Anstrengungen, um ihre strategische Ausrichtung als „Responsible Banker“ zu stärken. Dabei wurde ein ganzheitlicher Ansatz gewählt, mithilfe dessen die RBI zur wichtigsten Anlaufstelle für verantwortungsbewusstes Bankgeschäft und Pionier in jenen CEE-Märkten werden möchte, in denen sie tätig ist. Darüber hinaus hat die RBI Anfang 2021 die UNEP FI Principles for Responsible Banking – als erste Bank in Österreich – unterzeichnet.   

Das langjährige Nachhaltigkeitsengagement zeigt sich auch in folgenden Ratingergebnissen: Die RBI erhielt erneut den Prime-Status beim Nachhaltigkeitsrating von ISS ESG sowie den Bewertungslevel „C+“ (Juni 2020). Bei der Bewertung der MSCI ESG Ratings erreichte die RBI erstmalig den Ratinglevel „A“ (Juli 2020). Weiters erfolgte 2020 die Listung in der FTSE4Good Index Serie, der Indexfamilie STOXX® Global ESG Leaders sowie dem VÖNIX Nachhaltigkeitsindex an der Wiener Börse. Und zum sechsten Mal in Folge zeichnete CDP, eine globale Non-Profit-Organisation, die RBI 2020 als bestes Unternehmen im Finanzsektor in Österreich beim Management der Klimarisiken aus.

Wie wirken sich die Richtlinien auf ESG-Finanzierungen aus? Vorteile/Nachteile/Veränderungen? 

·         Vorteile: In der RBI wird das Ziel verfolgt, mit Responsible Banking einen maßgeblichen Beitrag zum Geschäftswachstum zu erzielen – entsprechend der Vision 2025, der am meisten empfohlene Finanzdienstleister in CEE zu sein. 
·         Nachteile: Wie angeführt, ist der Know-how Aufbau ein wichtiges Thema sowie die Unsicherheit bezüglich der regulatorischen Vorgaben, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten bzw. auch relativ zeitnah in Kraft treten werden.
 ·         Veränderungen: Ein Schwerpunkt liegt auf dem weiteren Ausbau der internen ESG-Kompetenz, um sicherzustellen, dass entsprechende Produkte und Beratungsdienstleistungen im Bereich nachhaltige Finanzen und Investitionen angeboten werden können. 

Was bringt das Einhalten der ESG-Kriterien unterm Strich? 

Ziel in der RBI ist es, mit nachhaltigen Finanzprodukten und -dienstleistungen die Kunden bei ihrer Transformation in eine nachhaltige Zukunft zu unterstützen und damit zugleich einen positiven Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.

Verwandte Artikel