Historic Urban Landscape nachhaltig entwickeln

Wer kulturelle Identität erhält, begibt sich in eine Konfliktzone der Interessen. Denn Denkmalschutz und Ökonomie verfolgen völlig andere Ziele. Dennis Rodwell sieht einen klaren Weg, heute Historic Urban Land-scape zu verwirklichen.

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Wer kulturelle Identität erhält, begibt sich in eine Konfliktzone der Interessen.

Denn Denkmalschutz und Ökonomie verfolgen völlig andere Ziele. Dennis Rodwell sieht einen klaren Weg, heute Historic Urban Land-scape zu verwirklichen.

Selten sieht man die Einzelteile eines Stadtbildes zueinander in einer Beziehung. So etwa das Hafengebiet von Liverpool, das eine Aneinanderreihung moderner Gebäude ist, die nichts mit der ursprünglichen Geschichte des Stadtteils zu tun haben. Der dänische Architekt Jan Gehls bezeichnet dies als „Vogel-kot-Architektur“, die zufällig aus drei Kilometern Höhe fiel. Doch diese totale Zerstörung muss nicht sein, wenn der Motor regionaler Planungspolitik die Erhaltung von Erbe im Sinne eines systemischen, interdisziplinären Ansatzes wird.

„Historische Städte besitzen in unserer zunehmend globalisierten und im Wettbewerb stehenden Welt einen enormen Vorteil: ihre einzigartige kulturelle Identität. Wird diese Einzigartigkeit verloren, ist alles verloren“, sagt Dennis Rodwell, renommierter, internationaler Berater, Architekt und Stadtplaner. Diese Einzigartigkeit macht den wesentlichen Unterschied aus, den Marketingexperten als USP (unique selling point) bezeichnen. Das erhält eine Stadt am Leben und macht sie attraktiv. Parallel dazu erwies sich das Management der Veränderung von Städten lange als Konfliktzone zwischen Denkmalschutz und Ökonomie. Bei Betrachtung der Gemeinsamkeiten der unterschiedlichen Pole kann das Fundament einer Konfliktlösung freigelegt werden.

Denkmalschutz bleibt massiv hinter den erreichbaren Zielen

Für eine nachhaltige Entwicklung braucht es das holistische Verstehen der Historic Urban Landscape, die sich auf die vorhandenen Werte Ressourcen, Nutzen, Gesellschaft und Kultur beziehen. Das heutige Welterbe-Verständnis orientiert sich ausschließlich an Kultur – und das nur in Teilbereichen. Wie die Praxis zeigt, ist die Erhaltung als ein eigenständiger, linearer Prozess der Identifikation, Intervenion und Vollendung einer vorgezeichneten Aufgabe nicht genug. Vom Start bis zur Umsetzung wird höchst selektiv vorgegangen, sodass Denkmalschutz massiv hinter den erreichbaren Zielen zurück bliebt. Was es eigentlich braucht, sind dynamische Systeme, die vielfältige Erkenntnisse sichern. Etwa jene, dass 80 Porzent der Gebäude, die im Jahr 2050 existieren werden, heute schon gebaut sind. Damit bleibt es die Hauptaufgabe in Europa, bestehende Bauwerke zu restaurieren, zu bewahren und kreativ neu zu nutzen.

[caption id="attachment_1915" align="aligncenter" width="300"]SIBIU. BU: Ein Musterbeispiel der Stimmlosigkeit ist in Sibiu, Rumänien (piata Mare), gelungen. Der internationale Denkmalrat ICOMOS bewertet das Projekt als "herausragend" und "makellos". Von 2000 bis 2010 wurde das historische Zentrum Stück für Stück erneuert, begleitet von ökonomischen und kulturellen Maßnahmen. SIBIU. BU: Ein Musterbeispiel der Stimmlosigkeit ist in Sibiu, Rumänien (piata Mare), gelungen. Der internationale Denkmalrat ICOMOS bewertet das Projekt als "herausragend" und "makellos". Von 2000 bis 2010 wurde das historische Zentrum Stück für Stück erneuert, begleitet von ökonomischen und kulturellen Maßnahmen.[/caption]

Am Weg zu den richtigen Zielen

Mit einem koordinierten und interdisziplinären Ansatz können Ziele erreicht werden, die die Historic Urban Landscape in ihrer Einzigartigkeit erhalten. Dazu gehören der Aufbau einer Beziehung zwischen historischem Stadtkern und seinem modernen Gegenüber, Integration und Respekt, gut geplante kleinsstrukturierte Mischnutzungen mit integrierten Künstleraktivitäten sowie der Schutz der ansässigen Gemeinschaften und Interessensgruppen. Richtlinien und Praxis sind dann zieführend, wenn Sie klare Ziele definieren und vor allem eines ausschließen: die Dominanz der Touristen. Rodwell ist überzeugt: „Am Ausgangspunkt der Gestaltung eines historischen Stadtteils müssen Qualität und visueller Charakter stehen – und erst in zweiter Linie soziale, ökonomische und ökologische Argumente.“

Um all dies zu erreichen muss von einem linearen Denken zu einem Systemdenken umgestiegen werden, das Facetten und Aspekte dynamisch verbindet. Wie soll das gehen? In der rumänischen Stadt Sibiu ist dies gelungen. Das historische Zentrum wurde innerhalb von zehn Jahren begleitet von vielfältigen ökonomischen und kulturellen Maßnahmen erneuert. Die Stadt hat ihre kulturell vererbte Identität erhalten. Makellos und herausragend.


TIPPS FÜR DIE PRAXIS

Das Kernziel ist bedeutsamer als Details. Denn die Umsetzung findet je nach Land und Stadt andere gesetzliche, finanzielle und politische Rahmenbedingungen vor.

Ziele sind die wahren Grundprinzipien. Beispielsweise: Wollen die Bürger eine Lebens-Stadt oder eine Touristen-Stadt? Erwarten die Bewohner Entwicklungsschübe in den sensiblen, historischen Stadtteilen oder eine Balance zwischen Innenstadt und Peripherie?

Wahlmöglichkeiten werden nicht verstanden. Das ist die Ironie der Globalisierung. Erfolg in der Welt der Globalisierung meint Wettbewerbsvorteil durch Unverwechselbarkeit und nicht das Streben nach der Kopie einer anderen Stadt. Man soll nicht vergessen, dass nichts unvermeidbar ist. Vor allem dann, wenn es um das Klonen oder den Verlust von Individualität geht. Auch das ist eine Entscheidung, und keine gute.


The new travel guide “Austria Classic Tour” is sending motorcyclists on a tour of cultural, culinary and scenic delights. The idea came from the ARGE Kleine historische Städte Österreichs (KHS), the association of small historic cities. It was founded in 1994 at a time “when tourist promotion was focussing on the capitals of the nine provinces,” explains managing director Eva Pötzl. The KHS offers its 15 member cities targeted promotion via travel guides, an annual catalogue, a website, vouchers and press activity.

They remained unique

Any place with town privileges can become a member on three conditions: It has to have a listed area, under 70,000 inhabitants and offer at least 300 guest beds in the three- or four-star category. Additionally it has to have a professional tourism organisation and must not be a member of the ARGE Städte, the associations of Austrian cities. The annual membership fee is €750 plus a marketing contribution of €5,980. All 15 members are historic gems from times long gone but they are not stuck in the past.

Marketing support

To make the cultural gems more attractive, the KHS’ main instrument is the annual catalogue published in German, Italian and English. Additionally there is an advent catalogue, vouchers, folders and a group handbook.

In close cooperation with the Austrian tourism board exclusive campaigns are implemented. For 2015 and 2016 the focus was put on Germany and Switzerland. All participating cities are presented at press conferences, workshops, editorial tours, via newsletters and mailings.

The success of KHS cannot be measured in the number of bookings but only in the continuous participation of the members and the ads of all four-star accommodations in particular, explains Pötzl. Because: When hoteliers and caterers are investing more, more money will more likely land in their cashiers.


PRACTICAL TIPS

The core objective is more important than details. The implementation is faced with different legal, financial and political frameworks according to each country and city.

Targets are the real basic principles. For example: Do citizens want a new city for living or for tourists? Do they expect development boosts in the sensitive, historic parts of the city or a balance between inner city and periphery?

Choices are not understood. This is the irony of globalisation. Success in the world of globalisation is all about competitive advantage via uniqueness. It is not about trying to become the copy of another city. One should not forget that everything can be prevented. Especially when its about cloning or the loss or individuality. This is also a decision, and not a good one.