In die Berg bin i gern

Vernunft. Mehr als ein oder zwei Sprünge hat der ehemalige Leiter einer Paragleiterschule und nunmehrige Raiffeisen evolution Chef Markus Neurauter nicht gemacht. Für mehr Flüge war er zu vernünftig.

von 0 Minuten Lesezeit

Vernunft. Mehr als ein oder zwei Sprünge hat der ehemalige Leiter einer Paragleiterschule und nunmehrige Raiffeisen evolution Chef Markus Neurauter nicht gemacht. Für mehr Flüge war er zu vernünftig.

Raiffeisen evolution-Chef Markus Neurauter schätzt mediterrane Küche. „Ich esse gerne Meeresfrüchte“, erklärt der Immobilienmanager. Wir treffen einander beim Lubin, einem kroatischen Fischrestaurant in der Hainburgerstraße. Es ist heiß. Wir haben reserviert - daher ist uns ein etwas kühlerer Platz im Schanigarten sicher. Bei der Vorspeise fällt die Wahl des gebürtigen Tirolers auf Spaghetti mit Meeresfrüchten, als Hauptgericht ordert Neurauter Seezunge. Bei mir kommen Oktopus auf Rucola und Angler gebacken auf den Tisch. Obwohl die Weinkarte ein verlockendes Angebot präsentiert, bleiben wir angesichts der großen Hitze bei Fruchtsaft und Mineralwasser. (Ein Tipp für Hobbyköche: Neben dem – übrigens exzellenten – Restaurant befindet sich ein ebensolches Fischgeschäft mit toller Auswahl).

Es ist ein heißer Sommertag. Seit Tagen herrschen Tropentemperaturen. Neurauter nimmt es gelassen. „Morgen geht es nach Tirol in die Berge.“ Wandern ist angesagt. „Das ist Erholung pur. Da kann ich dann so richtig ausspannen.“ Entspannung findet Neurauter auch beim Kochen. „Kochen ist bei uns zu Hause ein Familienereignis. Die Familie kommt zusammen, da wird dann gemeinsam gekocht und geplaudert.“ Wobei er für das Grobe zuständig ist. „Ich bin Beikoch – mehr kann ich nicht. Die diffizilen Sachen macht meine Frau.“

Leiter einer Paragleiterschule

Studiert hat der gebürtige Seefelder in Innsbruck. Nach Abschluss des Studiums der Betriebswirtschaft kam er 1991 nach Wien und startete seine zweite berufliche Laufbahn bei der Baufirma Negrelli. Denn während des Studiums leitete Neurauter mit einem Partner eine Paragleiterschule in Seefeld und in weiterer Folge produzierten sie auch diese Fluggeräte. „Es war sehr spannend, dieses Unternehmen mit aufbauen zu dürfen“, sieht der heutige Geschäftsführer von Raiffeisen evolution diese Zeit. Mehr als ein-, zweimal ist der 51-jährige nicht gesprungen. „Dafür war ich zu vernünftig.“ Doch lange sollte er nicht in Tirol bleiben. Seine damalige Freundin und heutige Frau fand als Juristin in Tirol keine entsprechenden Herausforderungen, „…daher übersiedelten wir nach Wien.“

2003 der große Sprung

Bei Negrelli war Neurauter nicht nur für die kaufmännische Abwicklung zuständig, sondern auch für die Baustellen und für das Projektentwicklungsgeschäft. „Durch verschiedene Fusionen und Übernahmen kam ich - ohne dass ich das Unternehmen wechselte - zur STRABAG.“ 2003 wurde der Developmentbereich in die Raiffeisen evolution ausgegliedert - seitdem steht Neurauter gemeinsam mit Gerald Beck an der Spitze des Unternehmens.

„Unser Portfolio umfasst Wohn- und Bürogebäude sowie Einkaufs- und Fachmarktzentren, Hotels und Mixed-Use-Developments - im In- und Ausland. Insgesamt wurden seit der Gründung knapp 919.000 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche geschaffen und 2,1 Milliarden Euro investiert. Wir setzen uns bewusst mit Trends, Veränderungen und Entwicklungen auseinander und ich glaube, wir haben am österreichischen Markt den Begriff ‚smart living‘ stark geprägt. Alle Wohnprojekte werden als Niedrigenergiehäuser realisiert.“

[caption id="attachment_1581" align="aligncenter" width="200"](c) cityfoto (c) cityfoto[/caption]

Steuereform hat keine Auswirkungen

Das Geschäft in Österreich laufe gut. Eine Blase sei nicht in Sicht. Auch die Steuerreform habe – mangels alternativer Anlagemöglichkeiten - keine Spuren hinterlassen. Die Preise werden wohl nicht mehr so schnell wachsen. Denn die Grundstückssuche gestalte sich in Österreich schwierig – die Preise für bebaubare Gründe seien in Wien inzwischen so hoch, dass sich auch die Errichtung von frei finanzierten Wohnungen kaum noch lohne. Zwar könne man gegensteuern, indem man die Wohnungsflächen reduziere, aber man könne ja nicht nur 70-Quadratmeter-Wohnungen mit drei Zimmern errichten. „100 Quadratmeter unter 500.000 Euro anzubieten, wird in Wien zunehmend schwierig“, sagt Neurauter. Dass – in Wien beim Thema Widmungen – vor Wahlen wenig passiere, daran habe man sich mit der Zeit gewöhnt. „Irgendwann sind die Wahlen ja dann auch vorbei.“

Plafond bald erreicht

„Wenn die Preisanstiege so weitergehen, ist der Plafond bald erreicht.“ Die „klassischen“ Käufer bei Raiffeisen evolution gehören der gehobenen Mittelschicht an, wie Neurauter berichtet: „Bei Quadratmeterpreisen von 4.000 Euro aufwärts müssen beide arbeiten gehen – außer man hat geerbt.“

Selbst wenn Investoren bereit sind, auch bei höheren Preisen zuzuschlagen, istbekannt, dass diese beim Ankauf von Zinshäusern Minus-Renditen in Kauf nehmen würden. Aber auch bei den Vorsorgewohnungen werden die Renditen fallen, ist Neurauter überzeugt. „Aktuell liegen sie bei 4 bis 4,5 Prozent. Ich schätze, dass sie von 4,0 auf 3,0 Prozent fallen könnten. Das ist derzeit noch immer besser als die deutschen Anleihen.“

[caption id="attachment_1582" align="aligncenter" width="300"](c) cityfoto (c) cityfoto[/caption]

Rückzug aus Osteuropa

In Osteuropa stehe man derzeit auf der Bremse. „Wir ziehen uns aus Osteuropa zurück.“ Alle Projekte liegen mangels Nachfrage auf Eis. „Das Potential in Osteuropa ist nach wie vor vorhanden. Aber in einem volatilen Markt Projekte zu starten, wäre im Moment nicht gescheit.“ Wie lange dieser temporäre Rückzug dauern könnte, kann Neurauter nicht abschätzen. „Sicher einige Jahre. Was wir nicht mehr machen werden, ist großvolumiger Wohnbau in Passivhausstandard. Das rechnet sich nicht. Es wird auch nicht angenommen.“

Auch die Zeiten von Großprojekten seien vorbei. Ein Super-Projekt wie die Promenada Mall in Bukarest wird man in Zukunft bei Raiffeisen evolution wohl nicht so schnell sehen. „Diese Volumina sind aktuell einfach zu hoch.“ Die Wirtschaft sei auch weit realistischer geworden. „Natürlich könnten wir einen Büroturm bauen. In absoluten Hype-Phasen werden gerne Bürotürme gebaut. Nur: Wo sind die Mieter? In CEE können sich die lokalen Mieter keine 20 bis 25 Euro Miete leisten.“ Die Verrücktheit ist aus dem Markt gewichen. „Die Märkte sind normal geworden.“ Trotzdem zählt das Retailcenter Promenada Mall in Bukarest neben dem Hotel des Augustinerklosters in Prag zu seinen Lieblingsprojekten. Das Hotel im ehemaligen Kloster mit Blickrichtung auf den Burgberg Hradschin in der Prager Altsadt wurde saniert und erweitert. „Die Renovierung des historischen Gebäudes war sehr aufwendig und kostenintensiv. 2014 haben wir das Hotel verkauft.“

Erholung findet Neurauter beim Wandern und bei der Jagd. „Ich bin kein Trophäenjäger, das Erlebnis in der Natur steht im Vordergrund. Bei der Jagd ist nicht nur sein Magyar Vizsla ein treuer Begleiter. „Ich habe immer meinen Kindle dabei, das verkürzt die langen Stunden am Hochstand.“ Was wird gelesen? „Zuletzt habe ich ein Buch von Jeremy Rifkin zum Thema ‚Grenzkostentheorie‘ und einiges über Wirtschaftsorganisationsentwicklung gelesen – ein Thema, das uns allen noch viel Kopfzerbrechen bereiten wird.“ Es werde noch viel passieren müssen. „Junge Mitarbeiter wollen Work-Life-Balance, Männer gehen in Karenz. Auch Junganwälte wollen nicht mehr 24 Stunden 7 Tage in der Woche arbeiten. Darauf müssen wir uns als Arbeitsgeber einstellen.“

Wofür steht Raiffeisen evolution? „Wir haben eine sehr flache Hierarchie. Der Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) oder auch nur Corporate Responsibility (CR) ist für uns mehr als ein Modebegriff, den man sich auf die Fahnen heftet.“ Am liebsten möchte Neurauter die Hierarchie total abschaffen und nur noch in Teams mit möglichst viel Eigenverantwortung arbeiten. „Da kann man dann wirklich schnell reagieren.“

Lernen, NEIN zu sagen

„Wir müssen offen miteinander umgehen. Wertschätzender Umgang ist bei uns keine Floskel. Man muss auch lernen, NEIN zu sagen.“ Wichtig sei aber auch das Unternehmertum. „Man darf sich nicht fürchten. Es gibt viele Manager, die machen nichts, bevor sie sich nicht mit mindestens zehn Gutachten abgesichert haben.“ Fehler können passieren. Wie sagte es Wilhelm Busch: „Durch Fehler wird man klug, darum ist einer nicht genug.“ Wichtig dabei ist es, aus Fehlern zu lernen. „Wenn 60 Prozent aller Entscheidungen richtig sind, ist es auch ok.“ Viele Fehler würden durch mangelnde Kommunikation entstehen. „Wir müssen uns auf die neuen Gegebenheiten einstellen.“


ÜBER RAIFFEISEN EVOLUTION

Raiffeisen evolution ist ein österreichisches Immobilienunternehmen, welches in Österreich, Zentral- und Osteuropa tätig ist und hochwertige wie nachhaltige Immobilienprojekte realisiert. Das Portfolio umfasst Wohn- und Bürogebäude sowie Einkaufs- und Fachmarktzentren, Hotels und Mixed-Use-Developments. Gegründet im Jahr 2003, hat das Unternehmen seither viele Projekte erfolgreich im In-und Ausland realisiert. Insgesamt wurden seit Gründung knapp 931.000 m² Bruttogeschoßfläche geschaffen und über 2.1 Milliarden Euro investiert.

Das Unternehmen setzt sich bewusst mit Trends, Veränderungen und Entwicklungen auseinander und hat vor allem am österreichischen Markt den Begriff „smart living“ stark geprägt. Mit den innovativen Wohnkonzepten WOHN-BASE©, ECO-BASE© und HUMAN-BASE© hat Raiffeisen evolution gemeinsam mit Experten ein Fundament für modernen Wohnbau geschaffen. Alle Wohnprojekte werden als Niedrigenergiehäuser realisiert. Für die Sparte Büro hat Raiffeisen evolution im Jahr 2010 die Marke „econogy offices“ entwickelt, die auf die ökologischen wie ökonomischen Aspekte einer Immobilie abzielt und sich diese zunutze macht.