Kant´n is lei oans

Dieser Sager hat sich in vielerlei – allerdings völlig unverhoffter Hinsicht - als Wahrwort erwiesen: Kärnten gibt´s nur eines. Interessante Immobilien gibt´s dort aber viele. Der Verfassungsexperte Bernhard Müller brachte im Gespräch mit dem ImmoFokus Licht ins Dunkel eines potenziellen Konkursfalles nördlich der Karawanken.

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Dieser Sager hat sich in vielerlei – allerdings völlig unverhoffter Hinsicht - als Wahrwort erwiesen: Kärnten gibt´s nur eines. Interessante Immobilien gibt´s dort aber viele. Der Verfassungsexperte Bernhard Müller brachte im Gespräch mit dem ImmoFokus Licht ins Dunkel eines potenziellen Konkursfalles nördlich der Karawanken.

K ant´n is also lei oans - und das in jeglicher Hinsicht. Es war das erste Bundesland, das einen FPÖ/BZÖ-Landeshauptmann an der Spitze hatte, es hat den größten Finanzskandal der Zweiten Republik hervorgebracht – und es ist als erstes Bundesland der Alpenrepublik in Konkursgefahr.

Wertvoller Immobilienbesitz

Auch wenn Landeshauptmann Peter Kaiser vor nicht allzu langer Zeit im ORF quasi ein Armutsgelübde ablegte und versuchte, Gläubigern und allfälligen Konkursverwertern weiszumachen, dass es im südlichsten Bundesland ohnehin nix zu holen gäbe, zeigt sich beim genaueren Hinsehen ein gänzlich anderes Bild: Denn allein der Immobilienbesitz Kärntens ist für Konkursverwerter Gold wert.

Dass es zum Äußersten kommen könnte, ist noch nicht vom Tisch, besonders, wenn der Schelling-Plan (Schuldenmoratorium bis zum Auslaufen der Kärntner Landeshaftung 2016) nicht aufgeht. Denn circa 2,5 Milliarden jährliche Einnahmen und etwa 3,1 Milliarden Vermögen stehen knackigen mehr als zehn Milliarden Euro Haftungen entgegen – das Loch ist also enorm. „Ich habe dieses Interview (mit dem Kärntner Landeschef; Anm.) leider nicht gesehen. Man muss hier allerdings differenzieren: Einerseits liegt ein großer Anteil des Vermögens des Landes Kärnten in der Kärntner Landesholding und wird nicht direkt von Kärnten gehalten, was freilich nichts daran ändert, dass die Kärntner Landesholding zu 100 Prozent das Land Kärnten ist. So kann man allerdings formell etwas „schummeln“ und sagen, dass das Land Kärnten doch nichts besitzen würde“, sagt der Wiener Verfassungsexperte Bernhard Müller der Rechtsanwaltskanzlei Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte.

Spitäler fallen nicht in die Konkursmasse

Des Weiteren, so Müller, gibt es Meinungen von Rechtsexperten - insbesondere Professor Michael Potacs, der das Land Kärnten berät - der praktisch alles außer das rein kommerzielle Landesvermögen von einer etwaigen Insolvenz ausgeschlossen, mithin der Befriedigung der Gläubiger entzogen sieht. „Potacs argumentiert etwa, dass Bundes- und Landesstraßen - ein Teil der Bundesstraßen sind nämlich aufgrund des Bundesstraßenübertragungsgesetzes 2004 mittlerweile eigentlich Landesstraßen, werden aber irreführenderweise weiter als Bundesstraßen bezeichnet - der Verwertung durch Gläubiger gänzlich entzogen wären, weil es einen gesetzlichen Auftrag gäbe, diese Straßen zu bauen und zu erhalten. So argumentiert Potacs darüber hinaus, dass eigentlich überall dort, wo es einen gesetzlichen Auftrag gibt, dass das Land Kärnten etwa eine Leistung erbringt beziehungsweise zur Verfügung stellt, eine Verwertung in der Insolvenz nicht möglich wäre“, sagt der Verfassungsexperte.

Blickt man auf die Beispiele von Gemeinden, wo es in den 1930er Jahren einige gab, die in Konkurs gingen beziehungsweise einen Ausgleich schlossen, so zeigt sich ganz klar, dass das nicht der Fall ist, so Müller: „Nur im Bereich der Daseinsvorsorge unbedingt notwendige Einrichtungen wie Spitäler – die im Übrigen ja auch sondergesetzlich geschützt sind - fallen nicht in die Konkursmasse. Das kann aber nicht für jedwedes andere Landesvermögen, wie etwa Landesmuseen, nur deshalb gelten, weil es sich hier um einen öffentlich-rechtlichen Kulturauftrag des Landes Kärnten handelt. So wichtig die Kultur sein mag, kann das Land Kärnten eine solche Leistung eben nur dann erbringen, wenn es eine ausreichende budgetäre Bedeckung dafür hat.“ Umfassende und weitreichende Verwertung

Ist dies nicht vorhanden, dann gibt es eben keine Landesmuseen mehr oder sind die privaten Betreiber gegen das Recht, Entgelt einzuheben, zu übertragen, meint Müller: „Und wenn es um Immobilienvermögen geht, dann kann überhaupt kein Zweifel bestehen, dass hier eine sehr umfassende und weitreichende Verwertung möglich ist. Es mag also politisch taktisch sinnvoll sein, Kärnten so darzustellen, dass es kein Vermögen hätte, dies entspricht allerdings nicht den Tatsachen, ist aber logisch nachvollziehbar; dies deshalb, weil mittlerweile ja zwischen dem Land Kärnten beziehungsweise der Kärntner Landesholding und den Gläubigern Verhandlungen über eine „Quote“, mithin teilweise Befriedigung stattfinden. Hier ist es natürlich taktisch klar zu verstehen, dass Kärnten behauptet, es wäre praktisch vermögenslos“.

Außerdem, so der Jurist, möchte das Land Kärnten ja auch den Bund verzweifelt ins Boot holen, weil eines klar ist: „Auch wenn die Haftungen Kärntens nicht elf Milliarden Euro, sondern die Hälfte oder zwei Drittel davon sein werden, wird Kärnten das nicht alleine ,stemmen‘ können. Kärnten braucht daher den Bund und versucht nun das ,Schreckgespenst‘ einer drohenden Pleite Kärntens gegenüber dem Bund verhandlungstaktisch zu nützen“, ist Müller überzeugt.

Armutsgelübde zieht nicht

Auch wenn es also Landeschef Kaiser nicht passt: „Mittlerweile wird von niemandem mehr ernsthaft bestritten, dass auch österreichische Bundesländer insolvent werden können, auch wenn es dafür – noch - kein „formelles Länderinsolvenzrecht“ gibt“, meint Müller.

Insolvent ist Kärnten jedenfalls dann, wenn es faktisch seine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann: „Dann würde das Gemeinwesen zusammenbrechen, außer die „normale“ Insolvenzordnung oder ein mittlerweile geschaffenes Länderinsolvenzrecht würde eine geordnete Abwicklung des Landes ermöglichen. Selbstverständlich würde das Land Kärnten dabei als Bundesland bestehen bleiben“, sagt Müller.

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Auf den Auftrag kommt es an

Aber auch wenn es keine spezifischen Regelungen für den Fall einer Insolvenz Kärntens geben sollte, wird das Land im Falle einer faktischen Zahlungsunfähigkeit sich von seinen wesentlichen Vermögenswerten trennen müssen. „Die „Gretchenfrage“ ist nur, welche Vermögenswerte Kärntens einer Exekution durch die Gläubiger zugänglich sind und damit in eine Insolvenzmasse fallen können, und welche eben nicht“, gibt der Verfassungsexperte zu bedenken.

Anders nämlich als für Gemeinden, bei denen es bereits Präzedenzfälle von Insolvenzen gibt, existiert keine spezifische gesetzliche Regelung für Bundesländer, die Vermögensgegenstände des Landes von Exekution und Insolvenz ausnimmt, weil sie dem Gemeinwesen beziehungsweise der Daseinsvorsorge gewidmet sind. „Klar ist es nur bei den Spitälern: Diese sind einer Verwertung durch die Gläubiger jedenfalls entzogen. Ähnliches wird allerdings auch für Schulen, Kindergärten und dergleichen gelten. Auch hier sind sich die Experten relativ einig, dass die öffentliche Daseinsvorsorge im Falle einer Insolvenz Kärntens weiterlaufen muss“, bringt Bernhard Müller Licht ins juristische Dunkel.

Gläubiger könnten jedenfalls im Falle einer Verwertung Kärntner Landesvermögens nach einem Konkurs sogar die Eintrittsgelder der Landesmuseen kassieren, ist der Verfassungsexperte sicher: „Ja, warum nicht? Landesmuseen erfüllen zwar einen öffentlich-rechtlichen Kulturauftrag; anders als beispielsweise Spitäler sind sie allerdings nicht so unverzichtbar, dass sie im Falle einer Insolvenz Kärntens von vornherein nicht in die Insolvenzmasse einbezogen werden dürften“. Realistischer ist allerdings, so Müller, dass das Land Kärnten bei öffentlichen Einrichtungen wie Museen zwar den Betrieb zurückfährt, aber eine gänzliche Verwertung zu verhindern trachten wird. „Etwa sollen jetzt schon Förderungen, insbesondere auch im Kulturbereich gestrichen werden, damit Geld für die Befriedigung der Gläubiger der HETA ,freigeschaufelt‘ wird. Reicht ein rigoroses Sparprogramm nicht aus, dann ist nicht ausgeschlossen, dass auch die Landesmuseen ,unter den Hammer kommen´. So unverzichtbar sind sie nämlich jedenfalls nicht“, sagt der Jurist.

Die Landesholding als Sparbüchse

Interessant wird es bei den Immobilien – denn ein Gläubiger könnte auch Landesimmobilien versteigern lassen oder Miete vom Land für die Benützung kassieren: „Ja, selbstverständlich, hier gibt es einige Seegrundstücke“, erläutert Müller. „Hinsichtlich des Immobilienbesitzes des Landes Kärntens kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass dieser zur Befriedigung der Gläubiger der HETA herangezogen werden kann, sollte das Land Kärnten das Geld nicht anderweitig aufbringen. Das Problem ist ja, dass das Land Kärnten aus der historischen „Landeshaftung“ für rund elf Milliarden Schulden der HETA haftet.“

Selbst wenn man optimistischer Weise davon ausgeht, dass die Hälfte, mithin fünf Milliarden Euro, durch die Verwertung der HETA zustande kommen, wären es immer noch fünf  Milliarden Euro, die Kärnten bezahlen müsste, warnt Müller: „Laut Medienberichten verfügt das Land Kärnten einschließlich des „mystischen“ Zukunftsfonds - angeblich nur mehr 520 Millionen Euro; das ist das Geld aus dem Verkauf der Hypo Alpe Adria an die Bayern - über ein Vermögen im Ausmaß von rund 3,1 Milliarden. Ein Großteil davon befindet sich in der sogenannten Kärntner Landesholding. Die Immobilien befinden sich aber in der Landesimmobiliengesellschaft Kärnten GmbH; diese soll über 80 Objekte und rund 3,6 Millionen Quadratmeter Flächen im Wert von 200 Millionen Euro, bei 164 Millionen Euro Schulden, besitzen. Selbstverständlich könnte man diese Liegenschaften verkaufen und teilweise zurückmieten oder -leasen, sofern das Land Kärnten dieser Liegenschaften unbedingt selbst zur Benützung bedarf. Gerade die Immobilien, insbesondere die Seegrundstücke, werden eines der ersten Objekte sein, die im Falle einer Insolvenz verwertet würden, weil dies verhältnismäßig einfach bewerkstelligbar ist.“

Das Kärntner Straßennetz ist eines der wertvollsten Assets des Landes Kärnten: „Es schlägt sich mit 2,43 Milliarden Euro zu Buche“, erläutert Bernhard Müller. „Schon etwas schwieriger ist die Verwertung von Landesstraßen durch Gläubiger, eine Bemautung ist aber nicht von vornherein ausgeschlossen.“ Und wenn der FPÖ-Fraktionsführer im Hypo-U-Ausschuss, Elmar Podgorschek, vollmundig verkündete: „Was will ein Gläubiger bei Kärnten machen? Wollen sie die Straßen pfänden?“, hat er die Tragweite des Problems nicht erkannt. Denn sogar Mautstellen könnten auf Landesstraßen errichtet werden, sagt der Jurist, aber: „Besonders wahrscheinlich ist dies nicht, weil sich das Gläubigerinteresse an Landesstraßen wohl in Grenzen halten dürfte.“

Strom-Schachtel als Black Box

Schwieriger wird es bei der KELAG: „Die KELAG selbst könnte an private Gläubiger auch im Falle einer Insolvenz des Landes Kärnten nicht verkauft werden, weil sie aufgrund eines Bundesverfassungsgesetzes – wie alle anderen Elektrizitätsgesellschaften auch – zu zumindest 51 Prozent im Eigentum des Bundes oder der Länder - zumindest indirekt - stehen muss“, erklärt der Verfassungsexperte. „Bei der KELAG ist sowieso schon aufgrund des gewählten ,Schachtelmodells‘ fraglich, ob diese Vorgabe derzeit noch erfüllt wird. Das ist natürlich insoferne schmerzlich, als der 51prozentige Anteil des Landes Kärnten an der Kärntner Energieholding, die wiederum 51 Prozent an der KELAG besitzt, einen realen Wert von 1,75 Milliarden Euro haben soll.“ Fazit: „Die KELAG beziehungsweise der Anteil des Landes Kärnten an der KELAG könnte freilich vom Bund oder von der Verbundgesellschaft oder anderen österreichischen Elektrizitätsunternehmen übernommen werden, um dem Land Kärnten Liquidität zur Schuldentilgung zu verschaffen“, erklärt Müller.

Damit sind die Geldbeschaffungsvarianten auf dem Sektor Immobilien aber noch nicht erschöpft: „Das Land Kärnten beziehungsweise die Kärntner Landesholding sind auch an einigen Skigebieten in Kärnten sowie Tourismuseinrichtungen beteiligt, welche selbstverständlich auch verwertet werden könnten“, zeigt der Jurist auf.