Mieten als Ablenkungsmanöver

Kommentar von Michael Pisecky, Geschäftsführer sReal, zum Artikel "Vom Pionier zum Pionier"

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Seit fast drei Jahren vergeht fast keine Woche, in der nicht die angeblich exorbitant gestiegenen Mieten in Österreich – und ganz besonders in Wien – kritisiert werden. Interessanter Weise immer dann, wenn gerade ein Wahlkampf ansteht. Unter dem Titel „leistbares Wohnen“ werden Mietobergrenzen gefordert, die in keinerlei Zusammenhang mehr mit den Kosten für die Schaffung von Wohnraum oder der Erhaltung von gutem Altbau stehen. Vergleicht man die Bestandsmieten, dann erkennt man sehr rasch, dass zwischen mit Steuergeld errichteten Gemeindewohnungen und privat vermieteten Wohnungen kaum Mietunterschiede bestehen.

Die Anstiege der Mieten von 2009 bis 2012 sind vor allem darauf zurückzuführen, dass die Menschen mit ihrem Ersparten in Immobilien geflüchtet sind und zahlreiche Wohnungen im frei finanzierten Wohnbau als Mietwohnung mit Topausstattung auf den Markt kamen. Und selbst Wohnungen im Gemeindebesitz, die ja davon unbeeinflusst sind, werden heutzutage um den Richtwert oder sogar höher vermietet und oft mit Förderungen, also weiteren Steuermitteln, saniert, weil die Mieteinnahmen dazu nicht reichen.

Auch der hohe Bedarf an Singlewohnungen – österreichweit bereits mehr 37 Prozent aller Wohnungen – wirkt sich durch die höheren Kosten fürs Wohnen aus. Diverse Untersuchungen haben gezeigt, dass die Österreicher in den vergangenen Jahrzehnten ihr Wohnverhalten verändert haben. Sie wohnen gerne auf großem Raum, bevorzugen Terrassen und eine Ausstattung, von der man vor 30 Jahren oft nur träumen konnte. Dinge, die viel Geld kosten. Der Anteil an Kategorie A Wohnungen stieg von 46 Prozent in den 80er Jahren auf nunmehr 92 Prozent. Die politischen Parteien und Mieterschützer wollen dies aber nicht anerkennen.

Das kann natürlich auch daran liegen, dass man von diversen öffentlichen Belastungen ablenken möchte. Kaum Kritik hört man, wenn einzelne Betriebskosten über Nacht um bis zu 70 Prozent erhöht werden. Auch über die ständig mehr werdenden gesetzlichen Auflagen für die private Immobilienwirtschaft wie teurere Thermen, behindertengerechtes Wohnen, Energieausweis, Brandschutzmaßnahmen, Elektrobefund, thermische Sanierungsvorschriften etc. wird nicht viel geredet. Gleichzeitig zahlen wir alle immer mehr Steuern – Steuerreform hin oder her. Seit 2002 nehmen Bund und Gemeinden um 50 Prozent mehr Steuern ein, die Länder sogar um weit mehr als 100 Prozent. Wenn der Richtwert hingegen alle zwei Jahre um rd. 2 – 2,5 Prozent angehoben werden soll, dann kann es sogar passieren, dass der Staat diese Kostenabdeckung aussetzt, weil sie für die Menschen unzumutbar ist.

Dabei hat eine aktuelle ÖVI-Studie gezeigt, dass man in Österreich rd. 22 Prozent des Haushaltseinkommens für Wohnen ausgibt - bei einem EU-Schnitt von 24 Prozent. Spitzenreiter hingegen sind wir hierzulande beim Thema Freizeit: 23%, also mehr als fürs Wohnen, wird für Freizeitaktivitäten, Kultur und Restaurantbesuche ausgegeben. Hier liegt der EU-Schnitt gerade einmal bei 17 Prozent.

Im Oktober wird wieder in Wien gewählt. Gleichzeitig versuchen sich die Bautensprecher von SPÖ und ÖVP im Parlament auf einen Kompromiss für ein neues Mietrecht zu einigen. Es bleibt zu hoffen, dass die Wahlzuckerln nicht wieder in Form von ausufernden Mieterrechten bzw. weiteren Regelungen verteilt werden, die lediglich die private Immobilienwirtschaft knebelt und fesselt oder zerstört. Angesichts der Aufgaben, die für die kommenden Jahre im Immobilienbereich anstehen, Süßigkeiten, die den politisch Verantwortlichen sehr rasch bitter aufstoßen könnten.

Leistbares Wohnen würde auch dadurch erreicht, dass die Erwerbseinkommen steigen dürfen und nicht der Großteil der Kollektivvertragsanpassungen vom Staat kassiert wird und dadurch breite Bevölkerungsschichten einen Realeinkommensverlust erleiden. Der ist bei den Wohnkosten nicht auszugleichen!