Mit bester Absicht – und doch ins Desaster!

Die Unterbringung obdachloser Flüchtlinge auch in Privatwohnungen ist das Gebot der Stunde. Mangels eines geordneten rechtlichen Rahmens können Fehler in der Abwicklung aber schwerwiegende rechtliche und wirtschaftliche Folgen haben.

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Die Unterbringung obdachloser Flüchtlinge auch in Privatwohnungen ist das Gebot der Stunde. Mangels eines geordneten rechtlichen Rahmens können Fehler in der Abwicklung aber schwerwiegende rechtliche und wirtschaftliche Folgen haben.

Je deutlicher das Versagen der staatlichen Organe im Bereich der Flüchtlingshilfe wird, desto mehr steigt die Bereitschaft der Zivilgesellschaft, hier unbürokratisch einzuspringen - dies auch bei Bereitstellung von Wohnraum für jene Flüchtlinge, die entweder noch auf ihren Asylbescheid warten oder – nachdem sie Asyl erhalten haben – versuchen müssen, längerfristig ihr Leben in Österreich einzurichten. Immer mehr Privatpersonen aber auch Unternehmen sind bereit, Flüchtlinge entweder in der eigenen Wohnung oder in leerstehenden Wohnungen oder Gebäuden unbürokratisch aufzunehmen.

Da es der Gesetzgeber allerdings verabsäumt hat, für derartige Fälle einen adäquaten Rechtsrahmen zu schaffen, sind letztlich auch derartige Vorgänge den „normalen“ bestandrechtlichen Vorschriften des Mietrechtsgesetzes (MRG) bzw des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) unterworfen. Hier, aber auch im Steuerrecht, lauern für den großzügigen Quartiergeber verschiedenste rechtliche Fallen, derer sich die wenigsten bewusst sind.

Miete oder Prekarium – ein wesentlicher Unterschied

Die wenigsten Quartiergeber machen sich in der konkreten Situation Gedanken darüber, ob bzw welches Vertragsverhältnis sie konkret eingehen. Oft gibt es dazu ja nicht einmal eine schriftliche Vereinbarung. Sollte es in weiterer Folge zu Problemen kommen, muss daher anhand konkreter Elemente der – ausdrücklich oder konkludent abgeschlossenen – Vereinbarung analysiert werden, welcher Rechtsfigur diese Vereinbarung entspricht.

In Frage kommen hier entweder ein Mietverhältnis oder ein sogenanntes Prekarium (Bittleihe). Wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen diesen beiden Rechtsfiguren ist es, vereinfacht gesagt, ob der Quartiergeber für die Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten (von wem auch immer) ein Entgelt erhält. Ist dies der Fall (auch wenn dieses Entgelt weit unter marktüblichen Werten liegt), so liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Mietvertrag vor, welcher nach den Vorschriften von ABGB und MRG zu beurteilen ist. Derartige Mietverträge können befristet oder auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden.

Dem gegenüber steht das „Prekarium“ – die unentgeltliche Überlassung gegen jederzeitigen Widerruf. Hier kommen vor allem die Mieterschutzbestimmungen des MRG nicht zur Anwendung.

Ein „Entgelt“ im Sinne dieser Bestimmungen muss nicht unbedingt in Geld bestehen, auch eine Mithilfe im Haushalt oder Erledigung von Gartenarbeiten könnten als Mietentgelt ausgelegt werden und – wohl ungewollt – das MRG zur Anwendung bringen. „Unschädlich“ in diesem Sinne ist lediglich der Ersatz der reinen Betriebskosten der Wohnung, ein solcher Ersatz hindert die Einstufung als Prekarium nicht. Zu beachten ist hier allerdings bei Eigentumswohnungen, dass die von der Hausverwaltung meist gemeinsam mit den Betriebskosten vorgeschriebenen Beiträge zum Instandhaltungsfonds rechtlich keine Betriebskosten darstellen – werden diese ebenfalls ersetzt, liegt rechtlich bereits eine Mietzinszahlung vor.

Wer ist mein Vertragspartner?

Oft werden die Flüchtlinge durch gemeinnützige Organisationen, die dieselben betreuen, an die Quartiergeber „vermittelt“. Hier sollte genau abgeklärt werden, ob nunmehr diese Organisation der Vertragspartner des Quartiergebers ist oder dieselbe tatsächlich nur als Vermittler auftritt und der Quartiergeber mit dem Flüchtling selbst den Vertrag schließt.

Im Interesse der Rechtssicherheit und –durchsetzung wäre es für den Quartiergeber jedenfalls empfehlenswert, einen (schriftlichen) Vertrag mit der Betreuungsorganisation abzuschließen. Besteht jedoch ein Direktvertrag mit dem Flüchtling, so ist darauf zu achten, dass auch allfällige Unterstützungszahlungen der Betreuungsorganisation, welche direkt an den Vermieter gehen, ein Mietentgelt darstellen können, wodurch die oben beschriebenen Folgen eintreten.

Untervermietung an Flüchtlinge?

Ist der Quartiergeber selbst nur Mieter, so kann eine gänzliche oder teilweise (Unter-)Vermietung – auch an Flüchtlinge – u.U. zu erheblichen Problemen mit dem Vermieter führen. Im Extremfall kann dadurch sogar das Mietrecht verloren gehen.

Bevor ein solcher Schritt gesetzt wird, sollte daher unbedingt entweder die Zustimmung des Vermieters eingeholt oder zumindest eine eingehende rechtliche Analyse des Hauptmietvertrages und der beabsichtigten Untervermietung erfolgen.

Wie aus „wenigen Wochen“ Jahrzehnte werden

Liegt ein Mietverhältnis vor, so wird dieses zumeist dem MRG und damit auch dessen Mieterschutzbestimmungen unterliegen. Die wichtigste davon ist der Kündigungsschutz. Besteht ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, so kann es – auch wenn eine weit unter den Marktverhältnissen gelegene Miete bezahlt wird – vom Vermieter nur bei Vorliegen weniger, im Gesetz genau geregelter, Gründe aufgekündigt werden.

Dies kann im Extremfall dazu führen, dass die (ehemalige) Flüchtlingsfamilie, auch wenn diese längst gut integriert und wirtschaftlich abgesichert ist, als Mieter in der Wohnung bleibt und über Jahrzehnte – sogar über mehrere Generationen hinweg – nur den ursprünglich vereinbarten Minimal-Mietzins bezahlt.

Ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit liegt immer dann vor, wenn nicht ausdrücklich eine konkrete Befristung (mit Anfangs- und Enddatum!) vereinbart wurde. Eine derartige Vereinbarung ist auch nur dann rechtlich durchsetzbar, wenn sie schriftlich erfolgt (von beiden Vertragsparteien unterschrieben) und wenn die vereinbarte Vertragsdauer zumindest drei Jahre beträgt! Liegt keine gültige Befristung vor oder wurde bei der Aufnahme über die Dauer des Mietverhältnisses gar nicht gesprochen, so ist von einem Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit mit den oben dargelegten Folgen auszugehen.

Daher sollte nach Möglichkeit auf „symbolische“ Mietzinse (über die Betriebskosten hinaus) besser ganz verzichtet und eindeutig ein „Prekarium“ vereinbart werden.

Steuerliche Stolpersteine

War die gegenständliche Wohnung bisher Teil des Betriebsvermögens bzw gewerblich vermietet, so kann die Zurverfügungstellung an Flüchtlinge auch steuerlich unerwartete Nachteile mit sich bringen. Besonders gefährdet sind hier die sog. „Vorsorgewohnungen“.

Der Vorsteuerabzug hinsichtlich des Kaufpreises sowie die Anfangsverluste werden von der Finanzverwaltung nur dann anerkannt, wenn innerhalb eines bestimmten Zeitraums (zumeist 20 Jahre ab Beginn der Vermietung) mit einem steuerlichen Gesamtüberschuss zu rechnen ist. Wird die Wohnung nun während dieser Periode anstelle einer Vermietung zu marktüblichen Mietzinsen unentgeltlich oder mit sehr stark reduziertem Mietzins Flüchtlingen zur Verfügung gestellt, könnte die Finanzverwaltung darin eine „Änderung der Bewirtschaftungsart“ erblicken. Dies kann zur Nachversteuerung geltend gemachter Anfangsverluste sowie zum Verlust der Vorsteuer aus dem Kaufpreis führen. Bevor hier entsprechende Handlungen gesetzt werden, sollte daher jedenfalls der eigene Steuerberater konsultiert werden.

All dies soll niemanden daran hindern, im Rahmen der eigenen Möglichkeiten Flüchtlinge aufzunehmen. Dies ist gut und wichtig. Dennoch bedarf es – bei aller Dringlichkeit – auch hier einer entsprechenden Planung und allenfalls rechtlicher Beratung, damit die gute Tat nicht im (wirtschaftlichen) Desaster endet.