Nicht mehr zeitgemäß

Tropfen auf den heißen Stein. Die Finanzierung von Denkmalschutz gehört neu diskutiert und die Eigentümer gehören darin gestärkt, dass sie ein öffentliches Interesse wahrnehmen, meint die Präsidentin des Bundesdenkmalamtes Barbara Neubauer.

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Tropfen auf den heißen Stein. Die Finanzierung von Denkmalschutz gehört neu diskutiert und die Eigentümer gehören darin gestärkt, dass sie ein öffentliches Interesse wahrnehmen, meint die Präsidentin des Bundesdenkmalamtes Barbara Neubauer.

In allen Ministerien regiert der Rotstift. Ist auch das Bundesdenkmalamt von Einsparungsmaßnahmen betroffen?

Unser Budget für Förderungen beträgt 13 Millionen Euro.

… für ganz Österreich?

Ja, die 13 Millionen sind für ganz Österreich. Mit diesen 13 Millionen können wir denkmalpflegerische Mehrleistungen fördern. Wenn wir bei einem Projekt zehn Prozent dieser Mehrleistungen bei einer Instandsetzung fördern können, ist das schon viel. Ganz ehrlich gesagt: Diese Art der Förderung ist nicht zeitgemäß.

Bereits bei der Beschlussfassung des Denkmalschutzgesetzes im Jahr 1923 hat man erkannt, dass für Eigentümer, die denkmalgeschützte Objekte sanieren und damit ein öffentliches Interesse wahrnehmen, dies auf die eine oder andere Art ausgeglichen werden muss. Man konnte sich aber trotz langer Diskussionen nicht einigen, wie dies aussehen soll. Man hat dann den einfachsten Weg gewählt: Man vergibt Förderungen, also Subventionen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Das Thema ist in den vergangenen 50, 60 Jahren immer wieder diskutiert worden. Geändert hat sich aber nichts. Wir sollten uns aber überlegen, wie wir den Eigentümern noch besser helfen können.

Das derzeitige Modell reicht nicht aus?

Nein, das ist bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein. Denkmalschutz kann eine Belastung sein. Der Eigentümer kann ein denkmalgeschütztes Objekt nicht einfach wegreißen, es aber auch nicht so einfach entwickeln. Wir sind jedenfalls intensiv bestrebt, dazu beizutragen, dass denkmalgeschützte Bauten nicht leer stehen, sondern genutzt werden. Unsere Aktivitäten bewirken grundsätzlich, dass denkmalgerecht saniert wird und dass damit Altsubstanz langfristig Bestand hat. Schnelles Sanieren mit falschen oder billigen Materialien und Techniken bringt vielleicht schnellen Profit, hat aber auch schnelle Abnützung oder Schäden durch Fehlbehandlung zur Folge. Denkmalgerechte Sanierung bedeutet für das Gebäude Qualitätssicherung und damit Wertkonstanz und langfristig gesehen eine Wertsteigerung der Immobilie.

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Eines steht fest: Die Subventionen, die wir vergeben können, sind in aller Regel ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Finanzierung von Denkmalschutz gehört neu diskutiert und die Eigentümer gehören darin gestärkt, dass sie ein öffentliches Interesse wahrnehmen. Das muss abgegolten werden – und nicht nur mit ein paar tausend Euro. Das muss man sich einmal vorstellen: Da nimmt ein Eigentümer öffentliches Interesse wahr. Investiert und dann kann es passieren, dass er steuerlich in die Liebhaberei hineinfällt: Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Ich will ein komplett anderes System.

Wie könnte dies aussehen?

Zum Beispiel eine Mehrwertsteuer-Gutschrift. Kann der Eigentümer nachweisen, dass Renovierungsarbeiten von Professionisten mit entsprechendem Fachwissen ausgeführt wurden, soll er sich die Umsatzsteuer zurückholen können.

Welche Rolle spielt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Eigentümers?

Nicht jeder, der ein Denkmal besitzt ist, ist Millionär. Aber jemand, der im 1. Bezirk ein gut vermietetes Objekt hat oder vielleicht sogar das Goldene Quartier besitzt, wird von uns mit Sicherheit keine Förderung bekommen. Wobei ich schon sagen muss, auch René Benko nimmt ein öffentliches Interesse wahr. Auch er würde sich über Anerkennung, auf welche Art auch immer diese gegeben werden könnte, freuen. Wir hatten vor Jahren ein Otto Wagner Zinshaus in Wien, das war ausschließlich zum Friedenskronenmietzins vermietet. Wie hätte der Eigentümer jemals die Fassade herrichten können – ich kann es ihm nicht zur Gänze zahlen. Aber es kann auch nicht sein, dass ich ihm die Fassaden-Untersuchung um 5.000 Euro zahle – und das war’s dann.

In anderen EU-Ländern ist mehr Geld da?

Es gibt natürlich in Europa das eine oder andere Modell, das anders ist, wo mehr Geld da ist, dann gibt es aber auch wieder welche, wo weniger da ist, die haben dann aber andere Konstruktionen, zum Beispiel mit Stiftungen. Es gibt keine Patent-Lösungen. Das heißt ja nicht, dass man nicht etwas ganz Neues, Innovatives entwickeln könnte. Es geht um unser kulturelles Erbe – und das muss man jetzt ganz klar sagen: Österreich lebt ganz wesentlich davon.

Das Bundesdenkmalamt wird als Hemmschuh, als Nein-Sager empfunden. Ein richtiger Eindruck?

Lassen Sie mich das angebliche Problem Denkmalschutz in Zahlen fassen: Es stehen nur 1,8 Prozent der Substanz in Österreich unter Schutz. Das ist so gut wie gar nichts. International sind das mindestens 4 Prozent. In Deutschland gibt es Denkmallisten. Da wird einmal alles „Denkmalschutzverdächtige“ auf die Liste gesetzt. Erst wenn ein Bauherr ein Objekt angreifen will, entscheidet das Denkmalamt, ob es sich tatsächlich um ein Denkmal handelt oder nicht. Bei uns werden Objekte mit einem Verwaltungsverfahren unter Schutz stellen. Wir hatten in Vergangenheit diese sogenannten §2-Listen, wo alles im öffentlichen Besitz automatisch unter Denkmalschutz stand. Das hat dazu geführt, dass jede Kieshütte unter Schutz stand. Das wurde dann bereinigt. Aktuell haben wir einen konsolidierten Denkmalbestand von 37.000 Objekten. Wir stellen pro Jahr zwischen 200 bis 300 Objekte unter Schutz, das machen wir sukzessive, es hängt auch ein bisschen von unseren Möglichkeiten ab, denn eines ist auch klar, Verwaltungsverfahren werden zunehmend aufwändiger, das ist einfach ein Zug der Zeit.

Wird grundsätzlich für den Denkmalschutz genug getan? Wird ausreichend unter Schutz gestellt?

Ja. Wir müssen uns nur an die Bestimmungen und Vereinbarungen halten. Viele Diskussionen sind überflüssig. Zum Beispiel die Diskussion um das neu zu gestaltende Areal rund um den Wiener Eislaufverein. Dieses Gebiet ist vom UNESCO-Welterbe Historisches Zentrum von Wien erfasst. Diese Auszeichnung gibt es nicht umsonst, die ist mit Auflagen verbunden. An diese muss man sich halten. Oder man will diesen Status eben nicht. Da kommt noch nicht einmal der Denkmalschutz ins Spiel. Beim UNESCO-Welterbe gibt es eine Kernzone und Pufferzonen. Diese Vereinbarungen müssten in den Flächenwidmungsplan. Dann kann auch der dümmste Investor nicht mehr kommen – und da ist egal, ob ich von Wien, Graz oder Dresden spreche – und ganz überrascht tun, wenn ihm jemand sagt, dass dort ein Turm nicht sein darf.

Hier ist grundsätzlich ein Denkfehler vorhanden. Dass Denkmalschutz ein Hemmnis für Bauaktivitäten ist, ist hierzulande immer noch ein weit verbreitetes Klischee. In anderen europäischen Ländern oder in Übersee gilt der Schutzstatus des jeweiligen Kulturerbes schon als Auszeichnung und Qualitätssiegel. Konflikte mit dem Denkmalamt entstehen, wenn die Denkmalschützer vor vollendeten Tatsachen stehen und sich zu Recht über den Tisch gezogen fühlen. Das Bauen im Bestand erfordert grundsätzlich eine ausreichende Planungszeit.

Wenn wir nur „Nein“ sagen, dann könnte ich gleich die Hälfte der Mitarbeiter einsparen. Das grenzt schon an üble Nachrede. Es soll mir irgendeiner irgendein Objekt zeigen, bei dem der Denkmalschutz darauf gedrungen hat, es unverändert zu erhalten. Selbst im Stephansdom haben wir Änderungen zugelassen. Sehen Sie: Nur ein genutztes Objekt ist ein gutes Denkmal. Wird es nicht genutzt, verfällt es. Die Ansprüche an so ein Objekt müssen sich halt an das Objekt anpassen. Umgekehrt wird es manchmal schwierig.


The Austrian Federal Monuments Office, the “Bundesdenkmalamt” (BDA), has a budget of 13 million Euros for supporting measures that add preservation value anywhere in Austria.

“Support amounting to 10% of that added value is already a lot – this system is not up-to-date,” says BDA-president Barbara Neubauer. It has been in place since the heritage law was passed in 1923.

According to her the current model is “at best a drop in the ocean”. She knows that listed buildings can be a burden and stresses the BDA is “intensively seeking to help” to put such properties to new use.

She wants to find a way “how to better help the owners” because they are preserving public interests and might even be facing tax disadvantages. “I want a completely different system.” One possible solution might be a VAT voucher: If owners can proof the renovation works were done by professionals with the necessary knowledge they should be able to get a tax refund.

Neubauer points out there are some European countries where more money for property heritage is available but then there are those which spend less: “There is no panacea and we could develop something completely new – because to put it bluntly: Austria makes a substantial living from its cultural heritage.”

Critics have called the BDA a nay-sayer and stumbling block but Neubauer explains the problem with figures: Only 1.8% of Austrian properties and sites is listed. “This is almost nothing.” Internationally the average is at 4%. In Germany every building that might be worth preserving is put on a list and only when someone wants to refurbish or change it the federal monument office decides whether the building is actually listed or not.

In Austria objects are listed via administrative proceedings. In the past all public buildings were automatically listed. “This led to every gravel hut being listed.” But this law was changed. Currently there are 37,000 listed buildings and sites and another 2,000 to 3,000 are added each year. This depends on our capacities because the administrative proceedings are getting more complex.

She stresses it is important to respect regulations and agreements. “Many discussions are unnecessary”, Neubauer is convinced. One case in point is the fact that the are around the Wiener Eislaufverein is part of the UNESCO World Heritage Site “Historic Centre Of Vienna” and this was linked to various conditions. “Every investor should know that you cannot simply put up a tower in such an area.” Neubauer explains in Austria listings were seen as impediments for buildings activities while in other countries they were seen as quality label.

Potential conflicts arise when the monument’s office is not informed early enough. “We even allowed changes to St. Stephen’s Cathedral – because only an object that is in use is a good monument.”

Quelle: citiyfoto
Quelle: citiyfoto