Billiges Geld

Die Bonität macht den Preis. Das niedrige Zinsumfeld schlägt auch auf Wandelschuldverschreibungen und Anleihen durch. Passt die Bonität, müssen die Emittenten kaum mehr als zwei, drei Prozent anbieten.

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Die Bonität macht den Preis. Das niedrige Zinsumfeld schlägt auch auf Wandelschuldverschreibungen und Anleihen durch. Passt die Bonität, müssen die Emittenten kaum mehr als zwei, drei Prozent anbieten.

Es gab schon einmal schlechtere Zeiten für Immobiliengesellschaften, die Anleihen emittieren möchten. Kaum je zuvor konnten sie sich so günstig von Investoren Geld holen. Mitte April hat etwa Grand City Properties einen 400-Millionen-Euro-Bond mit einer Laufzeit von zehn Jahren platziert.

Der Immobilienkonzern mit Sitz in Luxemburg, der auf Wohnimmobilien in deutschen Ballungsräumen spezialisiert ist, musste Investoren einen Kupon von nicht mehr als 1,5 Prozent zahlen. Detail am Rande: Im Residential Bereich liegen die Mietrenditen in Deutschland momentan zwischen 6 und 9 Prozent. Ähnliche Beispiele gibt es derzeit zur Genüge. Die heimische CA Immo hat – ebenfalls im April – eine 7-jährige Anleihe mit einem für das Unternehmen günstigen Kupon von 2,75 Prozent emittiert.

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Kurz darauf folgte die S Immo mit einem Papier mit einer Verzinsung von 3,25 Prozent. „Früher hätten wir Investoren einen Kupon von 5,5 Prozent bieten müssen“, so S Immo CEO Ernst Vejdovszky.

„Vor allem börsennotierte Immobiliengesellschaften sind zu regelrechten Serientätern geworden“, so Christian Temmel, Experte für Kapitalmarktrecht und Partner bei DLA Piper, zur derzeit regen Emissionstätigkeit als Folge des niedrigen Zinsniveaus. Allein die S Immo hat seit dem Vorjahr nicht weniger als vier Unternehmensanleihen an der Wiener Börse platziert. „Das Emissionsprogramm ist vorerst abgeschlossen“, so Vejdovszky.

Wie Temmel richtig anmerkt, wurden allerdings nicht nur neue Anleihen begeben, viele Emittenten haben Investoren auch Umtäusche in neuere Titel mit geringerer Verzinsung und neuen Laufzeiten angeboten, was auch viele Anleger angenommen haben. „Damit kann sicher gestellt werden, dass man als Anleger auch künftig in einer Anleihe des jeweiligen Emittenten investiert ist“, erklärt Temmel.

Keine Mitspracherechte

Für die Unternehmen liegen die Vorteile auf der Hand: Sie können ihren Finanzierungsmix zu günstigen Konditionen diversifizieren und müssen Anlegern dafür keinerlei Mitspracherechte zugestehen. Egal, ob an der Wiener Börse oder anderswo in Europa, für Anleihenemissionen gelten jedenfalls besondere branchenspezifische Vorgaben. „Die Emittenten müssen im Rahmen eines öffentlichen Angebots einen Kapitalmarktprospekt erstellen und für das Immobilienvermögen Bewertungsgutachten vorlegen, die nicht älter als 12 Monate sind“, erklärt Temmel. Sonst gebe es durchaus Unterschiede zwischen den Emissionsorten. Im Gegensatz zu Österreich wären auf internationaler Ebene bei fast jeder Anleihe bzw. großen Emissionen so genannte Financial Convenants üblich. Dabei handelt es sich um zusätzliche Vertragsklauseln, die den Emittenten dazu verpflichten, bestimmte Finanzkennzahlen einzuhalten – wie etwa eine bestimmte Verschuldungsquote nicht zu überschreiten. Im Falle einer Verletzung ist der Investor dazu berechtigt, das Instrument zu kündigen.

Cross-Default-Klausel mit mehr Drohpotenzial

Auf internationaler Ebene wird auch ein Cross Default anders geregelt. Kann etwa ein Emittent eine andere Verbindlichkeit, die nicht mit dem betreffenden Wertpapier zusammenhängt, nicht bedienen, so liegt automatisch ein Kündigungsgrund vor. „Damit ist mit der Cross-Default-Klausel auch deutlich mehr Drohpotenzial verbunden“, sagt Temmel. In Österreich liege hingegen nur dann ein Cross Default vor, wenn auch rechtskräftig festgestellt werde, dass anderen Verbindlichkeiten nicht nachgekommen werden könne. „Das kann hierzulande bekanntlich seine Zeit dauern“, so der Kapitalmarktrechtsexperte. Ein weiteres österreichisches Kuriosum, das sich herausgebildet habe, sei, dass Anleihen hier generell sehr günstig wären. Nachsatz: „In Deutschland ist der Kupon im Durchschnitt um 1 bis 1,5 Prozent höher, wenn nicht sogar 2 Prozent.“

Ein Schritt in die Öffentlichkeit

Ob der Kapitalmarkt eine gangbare Alternative ist, hängt für Stephan Pachinger, Kapitalmarktrechtsexperte und Rechtsanwalt bei Freshfields Bruckhaus Deringer, letztlich von einer Vielzahl von

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Faktoren ab. „Die Größe des betreffenden Unternehmens ist ebenso entscheidend, wie die Frage, ob man sich den kapitalmarktrechtlichen Regelungen und der damit verbundenen Öffentlichkeitswirkung aussetzen möchte“, meint er. Aber auch die anfallenden Kosten sollte man berücksichtigen. Will man etwa eine Unternehmensanleihe emittieren, so müssten die Provisionen für die emissionsbegleitenden Banken, die Kosten für Anwälte und Wirtschaftsprüfer, die mit der Erstellung des Kapitalmarktprospekts betraut sind, sowie die Kosten für börserechtliche Folgeverpflichtungen – wie etwa Ad-hoc-Veröffentlichungspflichten – in die Überlegungen mit einbezogen werden. Das Fazit des Experten: „Unternehmen, die bereits am Kapitalmarkt sind, haben sicherlich einen Startvorteil, um kurzfristig Kapital aufzunehmen.“

Zielgruppe genau definieren

Zu weiteren wichtigen Fragen aus Sicht des Emittenten zählt Pachinger neben dem aktuellen Zinsumfeld die unternehmensinterne Liquiditätsplanung sowie die Nachfrage der Investoren. Stichwort: Investoren. Unternehmen, die eine Anleihe begeben möchten, müssen sich auch genau überlegen, wen sie damit ansprechen wollen. Gehören zur erklärten Zielgruppe Institutionelle wie Versicherungen und Pensionsfonds, so können durchaus höhere Stückelungen emittiert werden. Will man hingegen Retailinvestoren ansprechen, so gilt es, sich auf geringere Beträge zu beschränken. Das war etwa bei der im Februar emittierten Unternehmensanleihe 2015-2022 der CA Immo der Fall, wo sich die kleinste handelbare Nominalwert-Einheit auf 500 Euro belief.

Basisprospekte mit mehr Flexibilität

Eine Möglichkeit, den Kapitalmarkt kurzfristig anzuzapfen, stellen auch Basisprospekte dar. „Der Basisprospekt ist – vereinfacht gesprochen – 12 Monate gültig und bietet die Möglichkeit, verschiedene Instrumente darunter zu emittieren“, erklärt Pachinger. Emittenten hätten also eine breite Spielwiese und viel Flexibilität. So könne die Verzinsung etwa fix oder variabel sein, unterschiedliche Laufzeiten oder Währungen gewählt werden. Neben klassischen Unternehmensanleihen und Wandelanleihen würden sich auch Genussscheine oder Hybridkapitalinstrumente zur Kapitalaufbringung eignen. Letztere sind im Übrigen für IFRS-Zwecke als Eigenmittelinstrumente ausgestaltet und aus Sicht der Investoren mit einem im Vergleich zu reinen Fremdkapitalinvestitionen höheren Kupon ausgestaltet.

Bei der Frage, welche Investoren man ansprechen möchte, gilt es jedenfalls zu bedenken, dass vor allem Internationale und Institutionelle sich sehr genau anschauen, welche Art von festverzinslichen Wertpapieren eine Gesellschaft emittiert hat. Davon kann sicherlich die S Immo ein Lied singen, die 1996 und 2004 in zwei Tranchen Genussscheine platziert hat. Dabei handelt es sich per Definition um gesetzlich nicht definierte Wertpapiere, die gewisse Genussrechte verbriefen und streng genommen den Mezzaninen Finanzierungsformen zuzurechnen sind. Angesichts des weitgehenden Mangels an rechtlichen Regelungen, hängt die Ausgestaltung dieses Instruments von dem zwischen Investor und Emittent vereinbarten Vertrag ab.

VEJDOVSZKY Ernst Vorstand S_IMMO Polacek"In zwei Jahren haben wir eine Kündigungsmöglichkeit, dann ist das Kapitel Genussscheine erledigt." - Ernst Vajdovszky, S Immo CEO

Genussscheine - die Alternative?

Gerade der angesprochene Gestaltungsspielraum macht Genussscheine für so manchen Emittenten und Investoren interessant. Die andere Seite der Medaille ist, dass sie im Ausland ein unbekanntes Instrument sind. Martin Rupp, Fondsmanager bei der 3 Banken-Generali Investmentgesellschaft kann sich jedenfalls vorstellen, dass das S Immo-Management in den vergangenen Jahren auf Roadshows nicht nur einmal wegen des Genussscheinpakets in Erklärungsnotstand geraten sei. „Eine Mischung von Wandelanleihen und Anleihen alleine wäre kein Problem, der Genussschein wurde jedoch von vielen Investoren nicht nur als zu teuer, sondern auch als unkalkulierbares Risiko eingestuft“, erklärt er. Problematisch sei etwa, dass auch nicht cashwirksame Aufwertungen ausbezahlt werden müssen bzw. Diese wenn sie vorgetragen werden, den zu tilgenden Net Asset Value (NAV) erhöhen.

Die S Immo hat zuletzt jedenfalls einiges unternommen, um die Genussscheinproblematik zu bereinigen. Seit Anfang April 2014 wurde die Stückzahl um mehr als 70 Prozent reduziert. So wurde etwa im Juni 2014 erfolgreich eine Anleihe im Wege des Tauschs gegen Genussscheine platziert. Nicht weniger als 1,14 Millionen Stück konnten auf diesem Weg eingesammelt werden. Auch das im März erfolgte öffentliche Umtauschangebot mit Bar-Alternative an Genussscheininhaber war von Erfolg gekrönt – es wurde für 475.769 Stück angenommen. Wie geht es jetzt konkret weiter mit der Thematik. „In zwei Jahren haben wir eine Kündigungsmöglichkeit, dann ist das Kapitel Genussscheine erledigt“, so Vejdovszky.

Äußerst beliebt unter europäischen Immobiliengesellschaften waren in den letzten Monaten Wandelanleihen. Die Zwitterwesen zwischen Anleihen und Aktien werden typischerweise bei institutionellen Investoren platziert. Ein Vorteil gegenüber Anleihen ist für die Emittenten, dass sie geringere Kupons zahlen müssen. Ein Extrembeispiel ist sicherlich das Papier, das Unibail-Rodamco Mitte April begeben hat mit einem Kupon von 0 Prozent und einem negativen Yield zu Endfälligkeit. „Auch Unternehmen, die kein Investment Grade Rating haben, müssen derzeit nicht mehr 6 bis 7 Prozent zahlen, sondern meistens unter 3 Prozent“, so Paul Hoffmann, Manager des Convertinvest Global Convertible Properties, eines Fonds, der überwiegend in Wandelanleihen von globalen Immobiliengesellschaften investiert. Über mangelnde Auswahl muss er sich nicht beklagen: Wie Hoffmann erklärt, ist Real Estate das größte Segment im globalen Wandelanleihenuniversum.

Zinszahlungen verringern den Gewinn

Warum sollte man neben einer geringeren Zinslast aus Unternehmenssicht einen Convertible Bond noch emittieren? Zum einen verringern die Zinszahlungen den steuerpflichtigen Gewinn. Dazu kommt die nicht uninteressante Tatsache, dass mit der Wandlung – ob nach Wunsch des Emittenten oder des Gläubigers gewandelt werden darf, kann im Übrigen frei gestaltet werden – Fremdkapital zu Eigenkapital wird. Für die Investoren ergibt sich wiederum die Möglichkeit, mit begrenztem Risiko Aktien-Exposure aufzubauen, denn die Anleihenkomponente kann als eine Art Sicherheitsnetz verstanden werden: Nach Ablauf der Laufzeit kann man sich immer noch das angelegte Kapital ausbezahlen lassen – sofern der Emittent bis dahin nicht zahlungsunfähig wird.

RUPP MArtin"Genussscheine werden von vielen Investoren nicht nur als zu teuer, sondern auch als unkalkulierbares Risiko eingestuft." - Martin Rupp, Fondsmanager bei der 3 Banken-Generali Investmentgesellschaft

Von Einzelinvestments in Wandelanleihen ist „normalsterblichen“ Anlegern angesichts deren Komplexität sowie der schwer durchschaubaren Konditionen eher abzuraten. Was sich allerdings in den letzten Jahren geändert hat, sind die Prospektbedingungen. Sie zeigen mittlerweile eine klare Tendenz zugunsten des Investors. Das bestätigen etwa Dividendenschutz- oder Übernahmeschutzklauseln.

Was versteht man darunter? Die Dividendenschutzklausel sichert dem Investor für den Fall, dass das emittierende Unternehmen die Dividende auf die Aktie erhöht, eine Anpassung des Umtauschverhältnisses zu. Die Übernahmeschutzklausel sieht wiederum vor, dass der neue Eigentümer der Gesellschaft, die den Convertible Bond platziert hat, die volle Verantwortung für deren Verbindlichkeiten übernehmen muss. Nachsatz des Fondsmanagers: „Insgesamt hat die Assetklasse dadurch klar an Attraktivität gewonnen.“