Wohnen Finanzierung Raiffeisen: Zinswende bremst Immo-Preise, keine scharfe Korrektur

Die von der EZB eingeleitete Zinswende wird nach Jahren des Aufwärtstrends nun auch auf dem Markt für Wohnimmobilien zu einem Abflachen des Preisauftriebes führen, erwartet Raiffeisen-Ökonom Matthias Reith.

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Raiffeisen: Zinswende bremst Immo-Preise, keine scharfe Korrektur

Er rechnet mit einer "merklich langsameren Fahrtgeschwindigkeit", zu einer länger anhaltenden oder scharfen Preiskorrektur dürfte es demnach nicht kommen. "Was hoch gestiegen ist, muss nicht zwangsläufig tief fallen", sagte er bei einem Pressegespräch am Mittwoch.

Die Immobilienpreise steigen in Österreich inzwischen seit 17 Jahren kontinuierlich an, damit sei der österreichische Immobilien-Zyklus global betrachtet einer der ältesten noch laufenden, so der Ökonom. Zuletzt habe auch die Pandemie als Preistreiber gewirkt. Stark in Verbindung damit stehe die Diskussion über die Leistbarkeit von Wohnimmobilien. Den Preisanstiegen auf dem Immobilienmarkt standen bisher rückläufige Zinsen gegenüber, sodass die monatliche Kreditbelastung kaum zugenommen habe.

Im Kampf gegen die hohe Inflation hat die Europäische Zentralbank (EZB) zuletzt erstmals nach zehn Jahren die Zinsen angehoben. Damit verteuern sich auch die Kredite, Haushalte mit variabel verzinsten Immobilienkrediten bekämen das bereits zu spüren, sagte Reith. Er rechnet für 2023 mit einem Anstieg der Zinsen variabler Immokredite auf mehr als 3 Prozent. Das sei zuletzt 2009 der Fall gewesen. Trotz des Zinsanstiegs dürfte die Kreditbelastung zwar schmerzen, "aber nicht über die Schmerzgrenze hinausgehen", erwartet der Ökonom.

Dabei gelte: Je länger der Kauf zurück liegt, desto gelassener könnten Haushalte die Zinswende nehmen. Gründe dafür seien ein niedrigerer Kaufpreis, eine fortgeschrittenere Tilgung und ein höheres Haushaltseinkommen.

Durch die steigenden Kreditzinsen werde die Hürde für den Erwerb von Wohnraum zwar höher, "aber nicht unüberwindbar", sagte Reith. Wer im nächsten Jahr eine Immobilie erwirbt, werde etwa 43 Prozent des Netto-Haushaltseinkommens für Zins und Tilgung aufwenden müssen.

Die steigenden Zinsen dürften die Nachfrage am Immobilienmarkt dämpfen und damit auch den Preisauftrieb verlangsamen. Mit einer scharfen Preiskorrektur rechnet der Ökonom jedoch nicht. Das wäre der Fall, wenn die steigenden Kreditraten dazu führten, dass sich Immobilienbesitzer den Erhalt ihrer Immobilie nicht mehr leisten könnten und zum Verkauf gezwungen wären. Dann käme zu einer verminderten Nachfrage ein erhöhtes Angebot. Eine solche Entwicklung zeichnet sich für Reith am österreichischen Markt derzeit nicht ab.

Grundsätzlich liege die Leistbarkeit von Wohnraum in Österreich im EU-Vergleich im Mittelfeld, erklärte Caspar Engelen von Raiffeisen Research. Im Eigenheim hätten die Österreicherinnen und Österreicher laut Eurostat 2020 durchschnittlich rund 18 Prozent ihres Netto-Haushaltseinkommens für Wohnkosten aufwenden müssen. Wer zur Miete wohnt, habe dafür rund 22 Prozent seines verfügbaren Einkommens ausgeben müssen. Die Eigentumsquote lag 2020 bei etwa 55 Prozent, rund die Hälfte davon seien Eigentümerinnen und Eigentümer gewesen, deren Kredit bereits abgezahlt war.

Deutliche höher belastet seien Menschen mit niedrigem Einkommen. Laut einer Gallup-Umfrage im Auftrag von Raiffeisen Immobilien, hat jede dritte Person mit einem Einkommen von unter 1.500 Euro pro Monat, Schwierigkeiten, sich das Wohnen zu leisten.

Die Leistbarkeit von Wohnraum sei insgesamt ein viel diskutiertes Thema, sagte Peter Weinberger von Raiffeisen Immobilien. Er sieht die Sanierung gebrauchter Immobilien und die Revitalisierung leer stehender Gebäude als Schlüssel zu Schaffung von mehr leistbarem Wohnraum und verwies dabei vor allem auf brach liegende Ortskerne in ländlichen Regionen. In Wien sei es notwendig, zu überprüfen, ob der vorhandene Soziale Wohnbau gerecht verteilt ist. Außerdem müsse das Mietrecht vereinfacht werden, damit Eigentümer nicht aus Rechtsunsicherheit oder Angst vor Problemen vor der Vermietung zurückscheuen. (apa)

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