Regulierung - aber gute Aussichten

Wir sind wie unsere Kunden von den sich ständig verschärfenden Regulatorien betroffen. Dennoch sind wir für die Branche zuversichtlich und bestrebt, ein flexibler und nachhaltiger Partner zu bleiben, erklärt Michael Weitersberger, Raiffeisen Bank International im Interview mit dem ImmoFokus.

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Wir sind wie unsere Kunden von den sich ständig verschärfenden Regulatorien betroffen. Dennoch sind wir für die Branche zuversichtlich und bestrebt, ein flexibler und nachhaltiger Partner zu bleiben, erklärt Michael Weitersberger, Raiffeisen Bank International im Interview mit dem ImmoFokus.

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Die Krise scheint endgültig vorbei zu sein. Der Immobilienmaschine mangelt es nicht an Schmierstoff. Goldene Zeiten für gewerbliche Immobilienfinanzierer?

Die Aussichten sind gut. Eines steht allerdings fest: Der westeuropäische Markt ist nach 2008 deutlich kompetitiver geworden. Ein gutes Beispiel ist hier Deutschland, ein Markt, der deutlich im Kommen ist und in dem wir großes Potenzial sehen. Auch in unserem Heimmarkt Österreich und in Zentral- und Osteuropa (CEE) sind wir gut unterwegs. Dass der Markt in Russland und in der Ukraine aktuell mehr als schwierig ist, muss ich, so glaube ich, nicht extra betonen.

Wie lange wird die Krise in Russland und der Ukraine Ihrer Meinung nach noch andauern?

Die Einschätzung ist sehr schwierig. Da sind sich viele Experten nicht einig. Alle Parteien wären gut beraten, alles auf eine Deeskalation zu setzen. Das würde auch dem russischen Markt helfen. Auf den Punkt gebracht: Aktuell gibt es nur sehr eingeschränkte Finanzierungsvolumen in Russland und der Ukraine.

Wo sehen Sie aktuell – neben Österreich und Deutschland – die besten Chancen für die RBI in der Immobilienfinanzierung?

In den Niederlanden, Polen, der Tschechischen Republik, Rumänien und durchaus auch Serbien.

Serbien? Ist der Markt nicht zu klein und vor allem aber – ist der Markt auch liquid genug?

In Serbien ist es eine Frage des Scales. Viele unserer Kunden sind in Serbien – mit eben kleineren Projekten – aktiv. Ich sehe in Serbien keine 200 oder 400 Millionen Euro Single-Tickets. Ich sehe aber durchaus Tickets zwischen 15 und 40 Millionen Euro.

Zurück zu Polen. Einige Marktteilnehmer sehen den polnischen Markt zunehmend kritisch, manche sprechen sogar von Überhitzung?

Polen überhitzt? Das würde ich nicht sagen. Polen ist gut durch die Krise gekommen und hat ein vernünftiges Wachstum. Es stimmt, in Polen wird viel gebaut – nicht nur in Warschau, sondern auch in den Secondary Cities wie zum Beispiel Krakau, Breslau oder Posen. Stellt sich die Frage, ob Polen auch ein so liquider Markt wie Deutschland ist - vor allem zu dem Preis, den sich die Investoren vorstellen. Es gibt ja auch einen hohen Altbestand von 10, 15 Jahre alten Gebäuden, die auf den Preis drücken.

Da stellt sich natürlich die Frage, was mit diesen Immobilien geschieht, die nur mit hohen CAPEX wieder markttauglich gemacht werden können.

Apropos Ticketgröße. Viele Marktteilnehmer beklagen eine starke Risikoaversion der Banken. Die Tickets würden immer kleiner. Für Volumen, die früher von einer Bank allein gezeichnet wurden, brauche man aktuell zwei, drei Banken.

Diese Markteinschätzung stimmt. Seit 2008 haben die Ticketgrößen abgenommen. Risikostreuung und Klumpenrisken sind für alle finanzierenden Banken große Themen geworden. Wir haben damit in der Immobilienfinanzierung bis zur Krise nie ein großes Thema gehabt. Aber natürlich, auch bei uns sind die Ticketgrößen zurückgegangen. Wir fühlen uns derzeit bei Volumen zwischen 20 und 100 Millionen Euro wohl. Die Regulatorien aber machen immer öfter eine Syndizierung notwendig.

Eines darf ich aber unterstreichen: Wir haben auch am Höhepunkt der Krise um 2009 und 2010 Tickets gemacht. Wir waren und sind eine Relationship Bank – wir stehen zu unseren Kunden. Die RBI ist nach wie vor eine Hausbank im klassischen Sinn.

… und trotzdem können Sie – auch bei Ihren „Stammkunden“ - manche Vorhaben nicht zu 100 Prozent finanzieren?

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Wie gesagt, Richtlinien und Regelwerke engen unseren Handlungsspielraum ein. So darf das risk limit für jede Kundengruppe nur bestimmte Summen haben. Werden diese Grenzen überschritten, bedarf es Sondergenehmigungen und Erklärungen an den Regulator – was dazu führen kann, dass die Bank in eine schlechtere Ratingklasse abrutscht, und dies würde wieder die Refinanzierung verteuern. In diesen Fällen müssen wir eine Finanzierung ablehnen bzw. syndizieren, was uns natürlich bei Kunden, die bereits ein relativ großes Exposure haben, schwer fällt. Wir haben mit vielen Developern langjährige Beziehungen – und das soll auch so bleiben..

„Die letzte Finanzkrise ging von der Immobilienblase in den USA aus, die nächste wird durch die europäische Versicherungswirtschaft ausgelöst werden“, warnt der Finanzanalyst Antonio Sommese. Aufgrund der Ultraniedrigzinspolitik könnten die Lebensversicherungen ihre Renditeversprechungen immer weniger halten. Sie müssten daher zunehmend risikoreichere Investments tätigen. Eine neu verabschiedete Änderung der Anlageverordnung erleichtert deutschen Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds umfangreichere Investments im Bereich Infrastruktur & erneuerbare Energien. Ein Schritt in die richtige Richtung? Muss man als Bank mehr Risiko nehmen, um im Geschäft zu bleiben?

Immobilienfinanzierung ist mehr als Kreditvergabe. 0815–Finanzierungen – und das bitte ist nicht abwertend gemeint – wollen alle. Core Immobilien mit langfristigen Mietern, am besten noch aus staatsnahen Betrieben – ohne break option, also das vertraglich gesicherte Recht der Mieter/Vermieter in langfristigen Mietverträgen auf Sonderkündigung des gesamten Vertrages bzw. einzelner Bestandteile (z.B. eines Teils der Mietfläche). Bei diesen Finanzierungen ist der Wettbewerb am größten.

Wir haben eine gewisse Größe und in vielen Märkten eine dominante Marktposition. Wir sind aber dem Wettbewerb stark ausgesetzt. Der Preis regiert das Geschäft. Wir liegen im Wettbewerb vielleicht den einen oder anderen Basispunkt höher als unsere Mitbewerber, versuchen aber mit unserer hohen Qualität zu punkten. Versicherungen haben eine andere Anlagestrategie. Versicherungen wollen Core-Immobilien, Top Büros in Wien, Berlin, Hamburg oder Frankfurt. Sie dürfen auch zumeist nur ein bestimmtes Volumen in der Assetklasse Immobilien halten – ist das Level erreicht, werden sie als Investoren wieder vom Markt verschwinden. Das wird sich wieder einpendeln.

Aktuell schlägt das Pendel Richtung stärkere Regulierung der Banken. Man kann natürlich sehr lange diskutieren, wieviel Regulierung notwendig ist . Eines steht fest: Nicht alle Investoren sind denselben Regulativen unterworfen. Es gibt Investoren, die keiner oder nur teilweise einer strikten Regulierung unterworfen sind. Das ist nicht nur unrealistisch, sondern marktverzerrend und wettbewerbswidrig. Meiner Meinung nach führt die Regulierung der Banken nur zu einer Verschiebung des Problems.

Wie sehen Sie Crowdfunding?

Eine Modeerscheinung. Interessant für kleinere Ticketgrößen. Für große Volumen nicht unbedingt geeignet.

Entwicklung gewerbliche Immobilienfinanzierung?

Betrachtet man das Volumen der Risk-Weighted Assets (RWA), so sieht man über die vergangenen Jahre hinweg ein leichtes Wachstum. Wie man in der Bilanz sieht, kommt es immer wieder zu Verschiebungen. Zyklen überlagern sich. So konnten wir im letzten Jahr in Rumänien ein starkes Wachstum verzeichnen. In Russland und Ungarn waren die Währungseffekte hingegen dramatisch.

Ein Treiber der Immobilienwirtschaft ist das aktuell niedrige Zinsumfeld. Kein Marktteilnehmer glaubt daran, dass die Zinsen noch lange so tief im Keller sein werden. Müssen wir in nächster Zukunft mit einem Zinsanstieg rechnen?

Persönlich glaube ich, dass die Wirtschaft nicht darauf ausgerichtet sein kann, auf Sparguthaben nichts zu bekommen. Da geht es ja nicht nur um Sparguthaben, da geht es um Staatsgelder, um Pensionsgelder. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das noch lange so gehen wird. Unser Chefanalyst Peter Brezinschek rechnet damit, dass Anfang bis Mitte 2016 die Zinsen beim Eonia (Euro OverNight Index Average) und Euribor (Euro Interbank Offered Rate) in Bewegung kommen werden.

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Wie stark könnten die Zinsen steigen? Das ist ein Blick in die Glaskugel. 4 oder 4,5 Prozent wie vor 2008 werden wir wohl auf längere Zeit nicht mehr sehen. Man darf auch nicht außer Acht lassen, welche Zinslast bei einem Anstieg auf 5 Prozent auf einmal über uns und über die Institutionen hereinbrechen würde. Es wird wohl nur mit einem moderaten Zinsanstieg gehen. Ich rechne mit einem halben bis einem ganzen Prozentpunkt.

Was raten Sie ihren Kunden zur Zins- und Währungssicherung? Grundsätzlich bieten wir die gesamte Palette an. Vom klassischen Kredit mit Fixzins, über Cap/Swap-Konstruktionen und überlagerte Produkte. Da gibt es keine Lösung von der Stange, das wird individuell ausgehandelt. Ich sehe allerdings, dass viele Kunden zu Hedging greifen, die das früher nicht gemacht haben.

Bei größeren Volumen bestehen wir auf dem Abschluss von Währungs- und Zinssicherungsinstrumenten. Dabei muss es nicht immer ein Swap sein. Es müssen auch nicht 100 Prozent der Kreditsumme abgesichert werden. Es soll sichergestellt werden, dass der Schuldendienst geleistet werden kann.

Wie sieht es bei der RBI mit Kreditaus­fällen in der gewerblichen Immobilien­finanzierung aus? In der Vergangenheit sind wohl viele Vorhaben zu Parametern finanziert worden, wo nicht das Geringste schief gehen hat dürfen, damit sich die Rückzahlung ausgeht. Wir waren aber immer auf der konservativen Seite. Wir haben nie über 100 Prozent finanziert. Dafür waren und sind wir auch in der Branche bekannt. Daher haben sich auch unsere Probleme in der gewerblichen Immobilienfinanzierung in Grenzen gehalten. Die RBI hat in der österreichischen Immobilienfinanzierung seit über 15 Jahren keinen einzigen Ausfall zu verzeichnen gehabt. Das klingt jetzt sehr einfach, das war es aber nicht.

Auch in den andern Ländern haben unsere konservativen Richtlinien gegolten – und wurden natürlich auch eingehalten. Wenn es aber wie in der Ukraine zu Kriegsereignissen kommt, macht es keinen Unterschied, ob man konservativ und vorsichtig oder risikoreich und aggressiv finanziert hat. Im Krieg gibt es keinen Markt mehr. Dass es da zu Ausfällen kommen kann, liegt auf der Hand.

Quelle: cityfoto
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