Russischer Bär

Schmerzhafte Störungen. Mit etwas Optimismus lassen sich die Branchenkennzahlen des 1. Quartals 2015 etwas freundlicher interpretieren, als sie im ersten Moment erscheinen.

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Schmerzhafte Störungen. Mit etwas Optimismus lassen sich die Branchenkennzahlen des 1. Quartals 2015 etwas freundlicher interpretieren, als sie im ersten Moment erscheinen.

Sanktionen, Rubelkrise, Ölpreisverfall – Schlagworte, die nichts Gutes verheißen, und, wie im Falle Russlands, Analysten und Wirtschaftskommentatoren auf dünnes Eis führen. Doch es wäre nicht der russische Bär, würde er sich von kurzen, schmerzhaften Störungen von seinem Weg abbringen lassen. Als rohstoffreichstes Land der Erde und mit einem beinahe unbeugsamen Rückgrat versehen geht die russische Wirtschaft ihren Weg, allerdings nicht immer den direktesten.

Die gewaltigen Boomphasen im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts leiteten eine stabile Aufwärtsentwicklung in der ersten Dekade des 21sten ein, die erst mit der weltweiten Krise ab 2008 erste Zeichen einer Anfälligkeit zeigte. Projekt- und Fertigstellungsverzögert zeigen diese Phasen sich auch in der Entwicklung des bekannt sensiblen Immobilienmarktes.

Während die Sanktionen sich zwischenzeitlich eher als Boomerang denn als mittel- oder langfristig bedrohlich erweisen und der Ölpreis nach einem Tief zu Beginn des Jahres seit Mitte März sich wieder langsam aufwärts bewegt und sich zwischenzeitlich wieder über dem Niveau vom letzten Dezember befindet, feiert der Rubel als der enorm wichtige Faktor auf dem russischen Immobilienmarkt mit plus 16 Prozent zum Dollar und sogar plus 31 Prozent zum Euro eine triumphale Rückkehr. So lassen sich die Branchenkennzahlen des 1. Quartals 2015 mit etwas Optimismus ein wenig freundlicher interpretieren, als sie im ersten Moment erscheinen.

[caption id="attachment_2666" align="aligncenter" width="300"]Spitzenrenditen in Moskau Spitzenrenditen in Moskau[/caption]

Die ersten Monate 2015 folgten dem Trend, der sich in der zweiten Hälfte 2014 abzeichnete: geringeres Finanzierungsvolumen der Banken, Rückgang der Nachfrage nach neuem Raum, fallende Mietpreise und daraus resultierend träge Investitionsaktivität. Das reale Investitionsvolumen ging im ersten Quartal 2015 auf 520 Millionen Dollar zurück, das ist 20 Prozent weniger als im entsprechenden Zeitraum des Vorjahres.

Traditionell sind die Investitionstätigkeiten zu Jahresanfang eher geringer. Heuer führt dies, verstärkt durch die Rubelabwertung Ende des Vorjahrs und die sehr grosse Kapitalabwanderung ( 2014 lt. russischer Zentralbank 154 Milliarden Dollar -ein Plus von 152 Prozent zu 2013!), zu einem sehr zögerlichen Verhalten der Investoren am Markt.

Ein kurzer Blick auf die größten Investmentdeals 2014 macht klar, wo der große Teil der Investitionstätigkeit im größten Land der Erde stattfindet: in Moskau. Bei genauerem Hinsehen wird dies noch deutlicher. Moskau dominiert das Investitionsvolumen mit einem Anteil von 85 Pozent vom Gesamtvolumen und lässt St. Petersburg mit großem Abstand und 10 Prozent auf dem zweiten Platz folgen. Allen anderen Regionen von Wladiwostok bis Kaliningrad bleiben gerade noch 5 Prozent vom Kuchen. Es scheint nur logisch, dass sich Anteile an den Investitionen in den kommenden Jahren in die Regionen verschieben werden und sich dort erhebliches Potential bilden wird.

[caption id="attachment_2668" align="aligncenter" width="300"]Russland - Entwicklung Transaktionsvolumen pro Investition 2008-2014 Russland - Entwicklung Transaktionsvolumen pro Investition 2008-2014[/caption]

Bei der Verteilung der Investitionsvolumen pro Investition kann man - neben der Tatsache, dass 2014 keine einzige Investition mehr die Größenordnung einer halben Milliarde Dollar überschritten hat - feststellen, dass die Anteile der Investitionen im Bereich unter USD 50 Millionen stark gestiegen sind. Eine Abkehr vom Gigantismus zu „normaleren“ Größenordnungen scheint sich abzuzeichnen.

Betrachtet man die Investoren nach deren Herkunft, so ist das Verhältnis zwischen russischen und internationalen in den letzten Jahren relativ konstant mit einem 75 85 Prozent Anteil der russischen Investoren, unabhängig vom Investitionsvolumen des jeweiligen Jahres. Es wird interessant zu sehen, wie sich der niedere Rubel auf die Investitionslust der nicht-russischen Investoren unter dem Aspekt der Sanktionen und eines ebenfalls niederen Euros auswirkt. Es lässt sich vermuten, dass vor allem dollarstarke Asiaten die Chance nutzen werden.

Die Anteile der einzelnen Segmente Büro, Retail, Warenlager, Hotel und Sonstiges (Landkäufe und Mixed-Use-Developments) am sinkenden Gesamtinvestitionsvolumen verhalten sich zueinander seit Jahren mit geringen Abweichungen proportional. Eine Ausnahme stellt der Bürosektor dar, der auch 2014, als das Gesamtvolumen von 8 Milliarden Dollar 2013 auf ca. 3,6 Milliarden 2014 zurückging, mit einem Rückgang von 3 auf 2,5 Milliarden Dollar relativ stabil blieb. Der Ausblick auf 2015 und die ersten vagen Zahlen lassen einen weiteren Rückgang für das Gesamtjahr befürchten und in Anbetracht der kolportierten Leerstandszahlen für Büros von bis zu 43% im Jänner für Moskau wird der Bürosektor dieses Jahr stark Anteile am Investitionsvolumen verlieren.

[caption id="attachment_2669" align="aligncenter" width="640"]Russland Investments - nach Herkunft der Investoren Russland Investments - nach Herkunft der Investoren[/caption]

Die Spitzenrenditen in Moskau betragen geschätzt 9,5 bis 10,5 Prozent für Büro- und 12 bis 13 Prozent für Industrieimmobilien und sind damit immer noch höher als in anderen Städten Europas. Die Erträge in Moskau sind sogar signifikant höher als jene in anderen osteuropäischen Wirtschaftsräumen wie Polen, der Tschechischen Republik oder Rumänien.