Schnelles und langsames Denken

Kommentar von Gunther Maier, die Akademische Seite

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Obwohl es derzeit wettermäßig nicht ganz danach aussieht, so kommt der nächste Sommer doch ganz bestimmt.

Und damit auch die Frage nach der geeigneten Urlaubslektüre. Wenn Sie da noch etwas suchen, was interessant und unterhaltsam zu lesen ist, was keine reine Fachlektüre, aber doch beruflich vielleicht brauchbar ist, so habe ich einen Tipp für Sie: Daniel Kahneman, Thinking, Fast and Slow – auf Deutsch: Schnelles Denken, langsames Denken. Das Buch ist unterhaltsam geschrieben, voll mit verblüffenden Beispielen, die sich teilweise gleich als Small Talk Themen oder Partyspiele einsetzen lassen. Vor allem aber führt es uns vor Augen, wie unser Gehirn arbeitet und wie leicht sich unser bewusstes Ich davon hinters Licht führen lässt.

Daniel Kahneman ist ein israelisch-amerikanischer Psychologe, der 2002 den Nobelpreis für Ökonomie erhalten hat. Das deshalb, weil er seine wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht nur unter Psychologen-Kollegen, sondern auch in anderen Fachdisziplinen verbreitet hat. In der Ökonomie zeigte er auf, dass der rational handelnde „Homo Oeconomicus“ nur wenig mit real entscheidenden Wirtschaftssubjekten zu tun hat, und begründete damit den Zweig der „Behavioral Economics“, der Verhaltensökonomie. Deshalb und weil es auch viele Bezüge zum Wirtschaftsleben beinhaltet, ist das Buch von Daniel Kahneman auch für „Wirtschaftler“ interessant.

Kahneman beschreibt die Funktionsweise des menschlichen Gehirns als das Zusammenspiel von zwei Komponenten, die er „System 1“ und „System 2“ nennt. Diese existieren zwar nicht real in unseren Gehirnen, lassen uns aber vieles besser verstehen, was die Psychologen in den letzten Jahren so herausgefunden haben. „System 1“ funktioniert sehr schnell, assoziativ und ohne großen Aufwand. Es ist für die meisten Dinge in unserem täglichen Leben zuständig. „System 1“ sorgt dafür, dass uns etwas spontan einfällt, wir uns in unserer Umgebung zurechtfinden und wir ein Auto lenken können, ohne viel darüber nachdenken zu müssen. „System 2“ dagegen ist langsam, anstrengend und wird daher nur angeworfen, wenn es unbedingt notwendig ist. „System 2“ kann Dinge, die „System 1“ nicht kann. Es kann logische Schlüsse ziehen, verschiedene Möglichkeiten berücksichtigen, Chancen abwägen und dergleichen.

„System 2“ ist also jener Teil, auf den wir Menschen so stolz sind. Es ermöglicht uns, vernünftig zu denken und zu handeln. Allerdings geht unser Gehirn mit den verfügbaren Ressourcen sparsam um und setzt daher „System 2“ nur dann ein, wenn „System 1“ kein Ergebnis liefert oder ein Problem meldet. In allen anderen Fällen winkt „System 2“ die von „System 1“ gelieferte Lösung durch – wird schon passen – und versieht diese quasi nur mit dem Stempel „als vernünftig angesehen“.

Das Buch von Daniel Kahneman ist voll mit Beispielen und Experimenten, die zeigen, wie sehr unsere Entscheidungen, die wir für vernünftig halten, vom assoziativen „System 1“ geprägt sind. Unser „System 2“ dient vor allem dazu, die Vorschläge von „System 1“ zu rationalisieren. Daher halten wir sie auch für vernünftig und das oft auch dann noch, wenn wir auf den Fehler hingewiesen wurden. Alles in allem ein Buch „worth reading“; einfach, um sich selbst etwas besser kennen zu lernen.