Schwächeanfall

Büromarkt Wien: Es wird gekauft, aber nicht gemietet.

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Kein Grund zum Jubeln. Während bei den Investments 2014 von allen Immobilien-Experten ein Rekordjahr erwartet wird, bleibt die Vermietungsleistung am Büromarkt Wien hinter den Erwartungen zurück.

Im ersten Halbjahr 2014 wurden weniger als 100.000 Quadratmeter Büroflächen vermietet, so Felix Zekely, Head of GCS & Office Agency, CBRE. Der Immobilien-experte geht davon, dass – wenn auch das zweite Halbjahr gewöhnlich stärker ausfällt – 2014 eines der schwächsten Jahre hinsichtlich der Bürovermietungsleistung wird. „Ich gehe von einem Büroflächenumsatz per Jahresende 2014 von maximal 250.000 Quadratmeter aus.“ Etwas positiver blickt Stefan Wernhart, der Leiter der Gewerbeabteilung bei EHL Immobilien, in das zweite Halbjahr. „Es ist davon auszugehen, dass gegen Jahresende einige größere Transaktionen, welche sich derzeit in der Vorbereitungsphase befinden, finalisiert werden. Damit sollte die Vermietungsleistung wieder das Niveau von 2013 erreichen.“

[caption id="attachment_4251" align="alignleft" width="200"]Felix Zekely (c) CBRE Felix Zekely
(c) CBRE[/caption]

Vor allem die schwächere Aktivität des öffentlichen Sektors, der in den vergangenen Jahren für rund 30 Prozent der Vermietungen verantwortlich war, habe in der Halbjahresbilanz tiefe Spuren hinterlassen. „Einige große Projekte sind in den Vorjahren abgeschlossen worden, allerdings sehen wir schon noch viel Potenzial, einerseits durch die Gesetzgebung wie z.B. das Behindertengleichstellungsgesetz, andererseits durch Sanierungsvorhaben wie z.B. beim Parlament“, so Zekely.

Es waren hauptsächlich kleinere und mittlere Transaktionen zwischen 250 und 1.500 Quadratmeter zu verzeichnen, Vermietungen über 4.000 Quadratmeter bildeten die Ausnahme, analysiert Wernhart. „Der leichte Nachfrage-Rückgang wurde durch die noch stärker sinkende Flächenproduktion ausgeglichen.“ Daher bleibt auch die Leerstandsrate auf niedrigem Niveau stabil bei 6,6 Prozent. Vor allem bei sofort verfügbaren Großflächen ab 5.000 Quadratmeter im Erstbezug ist eine Verknappung des Angebots zu bemerken. Während sich Mieter vor zwei Jahren noch zwischen gut 20 Neubauten entscheiden konnten, stehen ihnen heute nur in etwa zehn Objekten Flächen zur Verfügung.

„Die Bandbreite bei Miethöhe, Lage und Ausstattung ist schon recht klein geworden und daher finden potenzielle Mieter immer öfter nicht mehr das, was sie suchen“, bringt es Wernhart auf den Punkt. „Für diese Mietinteressenten gibt es gute Möglichkeiten bei einer Reihe attraktiver Projekte in der Planungsphase, wie z.B. dem ORBI Tower in TownTown, sowie bei diversen Projekten am Hauptbahnhof. Hier kann man mit einem Projektentwickler bereits vor Baubeginn zusammenarbeiten und so auf die eigenen Wünsche zugeschnittene Flächen anmieten.“

Auch in Bezug auf neue Büroflächen in Wien wird 2014 eines der schwächsten Jahre. „In der Pipeline wären sehr spannende Projekte, die allerdings alle erst nach Vermietung zur Errichtung kommen. Durch die verhaltene Stimmung bei großen Anmietungsvorhaben kommt somit kaum Neues auf den Markt – oder die Häuser, die fertiggestellt werden, sind bereits vorvermietet“, so der CBRE-Experte. Wernhart: „Die geringe Neuflächenproduktion hat auch positive Auswirkungen auf den Bestand, da die Verwertbarkeit von hochwertig sanierten Flächen im Zweitbezug wieder zunimmt.“

Mit Stichtag 30. Juni 2014 gab es in Wien rund 10,79 Millionen Quadratmeter Büroflächen, davon wurden ca. 43.000 Quadratmeter im Jahr 2014 errichtet. Die größten Fertigstellungen waren am Wienerberg mit dem Euro Plaza, Gebäude C, sowie der Bauphase 1 der Silo Liesing Offices zu verzeichnen, am Schottenring 19 wurden im Rahmen einer Generalsanierung rund 8.400 Quadratmeter errichtet. Im zweiten Halbjahr 2014 ist mit der Fertigstellung des ÖBB-Towers am Hauptbahnhof sowie mit dem Ausbau des Palais Wenkheim in 1020 für die Webster University zu rechnen.

[caption id="attachment_4252" align="alignright" width="242"]Stefan Wernhart (c) EHL Stefan Wernhart
(c) EHL[/caption]

Sieht Zekely bis Ende 2014 rund 83.000 Quadratmeter neue Büroflächen in Wien entstehen, erwartet Wernhart mit rund 120.000 Quadratmeter an neuen Büroflächen einen deutlichen Sprung über die 100.000 Quadratmeter-Marke. Eine deutliche Belebung des Marktes wird mit der Fertigstellung der neuen Projekte am Hauptbahnhof eintreten. „Hier entsteht ein völlig neuer Bürostandort mit hochwertigen, modernen Flächen in einer sehr verkehrsgünstigen Lage. Die dynamische Entwicklung dieses neuen Stadtteils wird dem Wiener Büromarkt neue Impulse geben“, ist Wernhart überzeugt. Nach der ÖBB folgt 2015 mit der Erste Bank ein weiteres Großunternehmen, welches mit rund 4.000 Mitarbeitern auf das Gelände übersiedeln wird. Die Ansiedlung von Konzernunternehmen wird auch weitere Mieter an den Hauptbahnhof ziehen und ist ein wichtiger Meilenstein für weitere Projekte. „Das Interesse an diesem Bürocluster steigt stetig“, so Wernhart.

Insgesamt wird in Europa in den kommenden Jahren mit einem höheren Fertigstellungsvolumen und somit neuen Büroflächen gerechnet. Vor allem in Paris und London sowie in der CEE-Region wird ein neuerlicher Anstieg an Bauvorhaben erwartet. An der neuen Bürolage Hauptbahnhof beträgt die monatliche Spitzenmiete in Bürogebäuden 15,50 Euro pro Quadratmeter, in Bürotürmen 20 Euro. „Im internationalen Vergleich ist Wien nach wie vor einer der günstigeren Bürostandorte, etwa auf dem Niveau von Berlin – der teuerste Standort in Europa ist nach wie vor London“, so Zekely.

 
Quelle: CBRE
Quelle: EHL