Team Austria & der Solar Decathlon

Das Siegerprojekt L.I.S.I. der TU Wien beim Solar Decathlon 2013 in Kalifornien.

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Sieg auf allen Linien. Das Team Austria, geleitet von der TU Wien, mit Beteiligung der FH St. Pölten, der FH Salzburg und dem AIT, erreichte beim Wettbewerb für Solar-Häuser in Kalifornien, USA, den ersten Platz. Seit kurzem kann es in der Blauen Lagne in Wien Vösendorf bewundert werden.

D ie Abkürzung „L.I.S.I.“ steht für „Living Inspired by Sustainable Innovation“ und verkörpert ein durch und durch auf Nachhaltigkeit entwickeltes, hochmodernes Niedrigenergiehaus. Mit dieser Entwicklung ist es dem Team Austria gelungen, weltweite Anerkennung zu erzielen. Bereits im Vorjahr 2013 wurde das Öko-Haus anlässlich des internationalen Wettbewerbs „Solar Decathlon 2013“ zum besten Gebäude prämiert. Nun geht das Modell in Serie.

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Solarer Zehnkampf

Der Solar Decathlon (englisch „Solarer Zehnkampf“) ist ein architektonischer sowie energietechnischer Wettbewerb, der vom US-Ministerium für Energie ausgelobt wird, mit dem Ziel ein energieautarkes Gebäude für das Wohnen zu entwerfen. Die Häuser dürfen ihren Energiebedarf nur über selbst produzierten Solarstrom decken. Den Studententeams standen für die Planung und Umsetzung des Bauprojektes zwei Jahre zur Verfügung. Hier mussten architektonische und energietechnische Aspekte in der Planung in Einklang gebracht werden, darüber hinaus spielten die Organisation und Finanzierung des Projektes eine wesentliche Rolle.

Entscheidung in Kalifornien

20 Teams von Universitäten aus unterschiedlichen Ländern wurden ausgewählt und erhielten die Chance, in Irvine bei Los Angeles zukunftsweisende Solar-Häuser zu errichten. Neunzehn Teams schafften es schließlich, ihre Häuser in der „Solar Village“ aufzubauen. Fünfzehn Teams beim Solar Decathlon kamen aus den USA, zwei aus Kanada und je eines aus der Tschechischen Republik und Österreich. Beim Solar Decathlon in Irvine bei Los Angeles, auf einem stillgelegten Militärflughafen, mussten alle Bewerber ihre Häuser innerhalb einer Woche aufbauen und bewohnbar machen. Wie beim olympischen Zehnkampf wurden alle Prototypen zehn Tage lang öffentlich auf ihre Alltagstauglichkeit getestet.

Es galt in zehn unterschiedlichen Kategorien Punkte zu sammeln: von der Energiebilanz bis zur Architektur, vom Raumklima bis zur wirtschaftlichen Markttauglichkeit. In manchen Kategorien wurde nach objektiven Messkriterien bewertet, in anderen lag die Entscheidung bei einer Fachjury. Die Konkurrenz war in diesem Jahr extrem stark: Einer ganzen Reihe von Universitäten gelang es, Häuser zu errichten, die in allen zehn bewerteten Kategorien überzeugen konnten. Das Haus des Team Austria zog allerdings vom ersten Tag an ganz besonders viele Blicke auf sich. Man hatte sich für eine extrem offene Architekur entschieden, die Innen- und Außenraum eng miteinander verbindet. Bei sonnigem kalifornischen Wetter kann man die Glasfassaden verschwinden lassen, Veranda und Innenwohnraum fügen sich dann nahtlos zu einem großen teilüberdachten Wohnbereich zusammen.

Nach zehn Tagen war der Jubel groß. Das Team aus Österreich hatte die meisten Punkte eingefahren. Ein Erfolg, mit dem niemand wirklich gerechnet hatte. „Wir hatten viel weniger Budget als unsere Mitbewerber und noch dazu den Nachteil unser Haus von Europa nach Kalifornien zu bringen“, so die Projektleiterin Prof. Karin Stieldorf von der TU Wien. Der zweite Platz ging an Las Vegas, der dritte an das Team aus der Tschechischen Republik, das zweite nicht amerikanische Team.

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Viele Konzepte wurden verworfen

„Die zwei Jahre harte Arbeit hatten sich bezahlt gemacht“, betont Stieldorf. „Drei Semester lang haben wir eine Vielzahl von Konzepten zu unterschiedlichen Themen, zum Beispiel Grundriss, Innenraum und Fassade, entwickelt.“ Die besten Ideen wurden nach Absprache mit Experten – Statikern, Bauphysikern oder Fachfirmen – in den Entwurf aufgenommen. Daraus entstand Schritt für Schritt das „Hightech-Plusenergie-Haus L.I.S.I.“ (Living Inspired by Sustainable Innovation). „Mit geringen Adaptionen funktioniert das Energiekonzept des Hauses quer durch alle Klimazonen“, so Stieldorf.

Plus-Energie-Haus.

Das Haus ist als Plus-Energie-Haus konzipiert, es produziert also mehr Energie, als es verbraucht. Die nötige Energie kommt aus einer Solaranlage und einer Luftwärmepumpe. Geheizt bzw. gekühlt wird über einen „doppelten Distanzboden“. Zum einen wird warmes bzw. kaltes Wasser durch Rohrschlangen im Boden verteilt. Zum anderen strömt temperierte Luft durch den Boden und wird unmittelbar bei den großen Schiebetüren ausgeblasen. Dadurch entsteht vor den Scheiben ein Luftvorhang, im Raum zieht es nicht, es entsteht ein behagliches Raumklima. Eingebaut sind zudem viele nette Details: etwa ein Bio-Kühlschrank, bei dem verdampfendes Wasser (ohne künstliche Kühlung) dafür sorgt, dass Obst und Gemüse frisch bleiben. Sogar die Wärme des Abwassers der Dusche kann durch eine innovative Duschwanne mit integriertem Wärmetauscher rückgewonnen werden.

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„L.I.S.I. ist ein Plus-Energie-Haus, das unter heimischen Bedingungen jährlich rund 5.700 kWh Energie braucht, aber rund 8.100 kWh erzeugt“, erläutert Karin Stieldorf. Unter der kalifornischen Sonne produziert L.I.S.I. sogar 12.475 kWh pro Jahr und verbraucht nur 5.470 kWh. Die gesamte Haustechnik ist optimal aufeinander abgestimmt, denn L.I.S.I. bietet ein intelligentes Informations- und Kommunikationskonzept. Gesteuert werden die Aktivitäten des Hightech-Holzhauses durch den L.I.S.I.-Core, ein System, das als zentrale Drehscheibe fungiert. Es sammelt Daten von der Gebäudesteuerung und von funkbasierten, energie-autarken Sensoren und reagiert auf Befehle der Anwenderinnen und Anwender sowie auf deren Gewohnheiten.

Automatische Steuerung

Durch den Radaktivitätsmelder können, je nach Präsenz einer Person in einem Raum, Licht und Entertainment automatisch ein- bzw. ausgeschalten werden. Wenn kein Bedarf besteht, soll auch keine Energie verbraucht werden. Zusätzlich misst das System die Reflexion des Lichtes am Boden und die daraus resultierende Helligkeit im Raum und kombiniert diese Daten mit der jeweiligen Tageszeit. Flexible horizontale und vertikale Verschattungselemente schützen vor sommerlicher Überhitzung und gewähren ausreichend solare Gewinne im Winter.

Selbst gebaut

Gefertigt wurde L.I.S.I. in der ehemaligen Produktionshalle des auf Holzbau spezialisierten Unternehmens Weissenseer in Kärnten. Auch hier mussten die Studenten selbst Hand anlegen. Ein halbes Jahr dauerte es, bis das energieautarke Gebäude vor dem Transport nach Kalifornien probeweise von den Studenten zusammengebaut werden konnte.

Quelle: cityfoto