Über Leistbares

Kommentar von Hans Jörg Ulreich, Ulreich Bauträger GmbH, zum Artikel "...weil dann nur noch Mist gebaut wird".

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Im Moment wird eines der wichtigsten Grundbedürfnisse der Zivilisation, nämlich geschützter Wohnraum, unter dem Titel „Leistbares Wohnen“ in der Politik im Rahmen eines Wahlkampfes quasi in der Luft zerrissen. Unmengen an Geldern fließen in Werbung und Medien, um mit Angst um die eigenen 4 Wände Wählerstimmen für sich zu gewinnen.

Ganz offen gesagt, was soll man auf die Frage „Leistbares Wohnen“ denn anderes antworten als: Ja selbstverständlich! Ob als Mieter, Eigentümer, Bauträger oder Familienvater – jeder vernünftige Mensch möchte, dass es leistbaren Wohnraum gibt und dieser auch leistbar bleibt. Als Unternehmer, der Häuser saniert und Wohnungen verkauft und vermietet, wäre ich, mit Verlaub, ein Trottel, wenn meine Produkte unbezahlbar wären. Wer bitte würde mir dann meine Objekte noch abnehmen?

Ich könnte statt „leistbares Wohnen“ genauso gut „leistbare Lebensmittel“ oder „leistbare Medizin“ als Slogan hernehmen. Denn es ist nun einmal Fakt, dass immer mehr Menschen in Österreich immer weniger verdienen und auf staatliche Hilfeleistungen angewiesen sind und sich qualitativ höherwertige Produkte nicht mehr leisten können. Genauso gibt es in jedem Sektor verschiedenste private Anbieter: die Billigsupermarktkette und den Premiumanbieter, den Gebrauchtwagenhändler über den Billigkleinwagenanbieter hin zu den Luxuslinern.

Immer mehr Menschen müssen in schlecht ausgestatteten Wohnungen leben, können sich keine gesunden, biologischen Nahrungsmittel leisten oder leiden unter einer drei Klassen Medizin. Aber: würde irgendjemand auf die Idee kommen, für diesen Umstand die Premiummarkenanbieter oder Biobauern verantwortlich zu machen? Würde jemand „Universalpreise“ dafür einführen? Ganze Branchen verunglimpfen? Sie als gierige Spekulanten hinstellen statt als Unternehmen mit höchsten Qualitätsstandards oder Schlichtungsstellen gegen Sie einrichten?

Nein, niemand tut das! Es gibt einerseits bei Übervorteilung und Wucher Rechte für Konsumenten ganz allgemein. Und andererseits ist es wirklich jedem klar, dass es Aufgabe der Politik und der Gemeinschaft sein muss, Grundbedürfnisse für die Schwächsten in der Gesellschaft zu gewährleisten.

In der Mietrechtsdiskussion läuft es genau anders herum. Hier wird gezielt die private Immobilienwirtschaft, der private Vermieter angeprangert und mit allen Mitteln und Tricks in der Öffentlichkeit für die großen sozialen Herausforderungen und Probleme der Politik verantwortlich gemacht.

Und ja, es gibt sie, die schwarzen Schafe, die menschenunwürdig und auf Kosten anderer versuchen, rasch zu Profit zu kommen, aber bitte wohl in jeder Branche – sie gehören mit allen rechtlich zur Verfügung stehenden Mitteln dingfest gemacht!

Lassen Sie sich also nicht hineinziehen in die unwürdige Propaganda auf Kosten sozial Schwacher. Und auf dem Rücken einer Branche, die allein in Wien mehr als zehntausend Menschen überwiegend in Vollzeit beschäftigt, unzählige Lehrlinge ausbildet, Kulturstätten bewahrt und im Sinne der Umwelt Häuser baut und saniert.

Lassen Sie sich nicht mit diversen Kampagnen an der Nase herumführen und davon ablenken, dass die politisch Verantwortlichen damit nur die eigenen Versäumnisse verdecken wollen! Es braucht dringend eine Mietrechtsreform, ein Anpassen der Flächenwidmungspläne an die Bevölkerungsentwicklung der Zukunft und eine Normenderegulierung, beispielsweise beim Brandschutz. Wir brauchen keine Deckelung von Mieten, wir brauchen angemessene Mieten für Umweltschutz und nicht nur Zuschläge für exklusive Lagen!

Österreich wächst und die Bundeshauptstadt platzt aus allen Nähten. Es braucht ein sozial ausgewogenes Mietrecht – das die private Immobilienwirtschaft mit einschließt und nicht an den Rand stellt.

Alles andere wäre eine soziale und politische Katastrophe in Österreich - und das können wir uns wirklich nicht leisten!