Vermeidung von Kosten­überschreitungen bei Bauvorhaben

Effektive Abwehr von Claim-­Management

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Effektive Abwehr von Claim-­Management

Die Berichte über drastische Kostenüberschreitungen bei Bauvorhaben sind mannigfaltig. In der öffentlichen Wahrnehmung sind zumeist um Gewinnmaximierung bemühte ausführende Unternehmen, die durch effektives Claim-Management die Kosten in die Höhe treiben, rasch als Verursacher festgemacht. Zweifelsohne führt der in der Baubranche bereits seit Jahren bestehende Preisdruck dazu, dass Unternehmen danach trachten müssen, ihre Einnahmen zu optimieren.

Effektives Claim-Management bietet ihnen eine gute Möglichkeit dazu. Die Schuld für Kostenüberschreitungen aber alleine ausführenden Unternehmen in die Schuhe zu schieben, wäre zu kurz gegriffen, da sie nichts anderes machen, als ihnen zustehende vertragliche Möglichkeiten zu nutzen. Die Grundvoraussetzungen für jedwedes erfolgreiche Claim-Management hat nämlich zumeist der Bauherr selbst durch die Nutzung unzureichender Ausschreibungsunterlagen, die Beistellung unvollständiger Pläne, aber auch durch den Abschluss schlechter Bauwerkverträge selbst geschaffen.

Was versteht man unter Claim-Management?

Bei Abschluss eines Bauvertrages werden im Regelfall neben der Vereinbarung des geschuldeten Leistungsumfangs auch Randbedingungen, innerhalb derer die Bauleistung zu erbringen ist, definiert. Kommt es während der Abwicklung des Bauvorhabens dann zu Abweichungen, ergeben sich daraus Ansprüche des ausführenden Unternehmens auf Anpassung des Bauvertrags. Zielsetzung des Claim-Managements ist es daher, derartige Abweichungen vom vertraglich Vereinbarten zunächst zu erkennen und dann in einem weiteren Schritt daraus die entsprechenden Ansprüche abzuleiten.

Bei Claim-Management handelt es sich daher um eine laufende baubegleitende Überprüfung durch die ausführenden Unternehmen, ob es im Rahmen der Ausführung zu Abweichungen vom vertraglich geschuldeten Leistungsumfang bzw. den vertraglich zugesicherten Randbedingungen kommt und falls derartige Abweichungen festgestellt werden, die Darstellung der entsprechenden Sachverhalte sowie Ermittlung und Geltendmachung der daraus entstehenden Ansprüche.

Wie können Kostenüberschreitungen vermieden werden?

Grundvoraussetzung für jedwedes erfolgreiche Claim-Management sind daher Abweichungen von dem ursprünglich Vereinbarten. Ist dies nicht der Fall, wird selbst das talentierteste Claim-Management letztendlich keine Forderungen durchsetzen können. Die Grundlagen, die es einem Claim-Manager überhaupt ermöglichen, Mehrkosten zu lukrieren, werden daher im Regelfall bereits in der Ausschreibungs- und Planungsphase geschaffen. Effektive Gegenmaßnahmen gegen Kostenüberschreitungen können und müssen daher auch bereits in dieser frühen Phase eines Bauvorhabens gesetzt werden.

Zentral für die Vermeidung von Kostenüberschreitungen ist zunächst die Qualität der dem Vertrag zugrunde liegenden planlichen Unterlagen. In den letzten Jahren ließ sich die Tendenz erkennen, dass Bauleistungen bereits in einem sehr frühen Planungsstadium ausgeschrieben werden. Pläne in frühen Planungsphasen sind selbstverständlich aber bei weitem noch nicht vollständig und bringen das Risiko nachträglicher Planungsänderungen mit sich.

Auch Planungsfehler, insbesondere was die Abstimmung der einzelnen Fachplanungsleistungen im Bereich der Haustechnik untereinander betrifft, fallen in diesen frühen Planungsstadien nur selten auf. Jeder Bauherr ist daher gut beraten, von vorschnellen Ausschreibungen abzusehen und sich Zeit für eine durchdachte und vollständige Planung zu nehmen. Erfolgt eine Ausschreibung auf Basis einer bereits detailliert ausgearbeiteten in sich stimmigen Planung, fällt mit einem Schlag der Hauptansatzpunkt für jedwedes Claim-Management bereits weg. Unsere Erfahrung hat auch gezeigt, dass diejenige Zeit, die man durch längere Planungsphasen verliert, im Regelfall sehr gut investiert ist, da dann in Folge die bauliche Ausführung auf Basis korrekter und sich nicht mehr ändernder Pläne wesentlich schneller und problemloser erfolgen kann.

Ein weiters Einfallstor für Mehrkostenforderungen sind nachträgliche Änderungen, die auf Wunsch des Bauherrn vorgenommen werden. Auch in diesem Zusammenhang ist es empfehlenswert, sich bereits vor Ausschreibung der Bauleistung genau zu überlegen, welche planliche Ausführung und welche Qualitäten man tatsächlich wünscht. Planliche Änderungen oder auch Zusatzwünsche nach Beginn der Bauarbeiten stören den Bauablauf und führen zu zeitlichen Verzögerungen, aber auch Mehrkosten. Als Bauherr sollte man sich daher vor Beauftragung der ausführenden Unternehmen sehr genau überlegen, welche Ausführung man tatsächlich wünscht und nach erfolgter Beauftragung von Änderungen weitestgehend Abstand nehmen.

Wesentlich für jeden reibungslosen Bauablauf ist auch das gute Zusammenwirken der einzelnen mit der Ausführung beauftragten Unternehmen. Die Koordination einer Vielzahl verschiedener Unternehmen kann aber – gerade für weniger erfahrene Bauherrn – erhebliche Schwierigkeiten nach sich ziehen. Bereits der Verzug eines einzigen Unternehmens führt oft zu nicht mehr aufholbaren Kettenreaktionen und Verzügen auf Grund fehlender Vorleistungen bei anderen Unternehmen. Das schafft wiederum Potential für Claim-Management und Mehrkostenforderungen. Durch gebündelte Vergaben der einzelnen Ausführungsleistungen beispielsweise an einen Generalunternehmer lässt sich dieses Risiko aber umgehen. Schnittstellen zwischen einzelnen Unternehmen werden dadurch vermieden und die Koordination der Leistungserbringung liegt dann in der eigenen Sphäre des Generalunternehmers. Auf Koordinationsschwierigkeiten gestützte

Claims können dadurch effektiv vermieden werden.

Auch die Wahl der Vergütungsart spielt bei jedwedem Claim-Management eine zentrale Rolle. Vereinbart man beispielsweise die Abrechnung auf Basis eines Einheitspreisvertrages, erfolgt die Abrechnung nach Fertigstellung des Bauvorhabens auf Basis der tatsächlich erbrachten Mengen und Massen. Die ursprünglich einer Planung zu Grunde liegende Massenschätzung weist aber gewisse Schwankungsbreiten auf, sodass schon Abweichungen bei den tatsächlich ausgeführten Mengen zu nicht unerheblichen Kostenüberschreitungen führen können. Dieses Risiko kann beispielsweise durch den Abschluss von Pauschalpreisverträgen umgangen werden.

Ähnlich verhält es sich bei der Frage, wie der vom ausführenden Unternehmen geschuldete Leistungsumfang beschrieben wird. Liegt dem Vertrag eine konstruktive Leistungsbeschreibung, in der die geschuldete Leistung einzeln beschrieben wird, zugrunde, kann es passieren, dass einzelne Leistungsteile, die für die Fertigstellung des Bauvorhabens erforderlich sind, vergessen werden. Für die Erbringung dieser im ursprünglichen Leistungsumfang fehlenden Leistung steht dem Auftragnehmer selbstverständlich ein Mehrkostenanspruch zu. Dieses Risiko kann dadurch umgangen werden, dass man die geschuldeten Leistungen nicht einzeln konstruktiv sondern funktional beschreibt. In diesem Fall werden nur die Eigenschaften, die die fertig gestellte Leistung aufweisen soll, beschrieben. Funktionale Leistungsbeschreibungen kann man darüber hinaus auch mit entsprechenden Vollständigkeits- und Funktionsgarantien absichern, mit denen sich der Auftragnehmer verpflichtet, sämtliche Leistungen zu erbringen, die erforderlich sind, dass die von ihm erbrachte Leistung letztendlich vollständig und funktionsfähig ist.

Selbst bei bester Planung und Vorbereitung eines Bauvorhabens ergeben sich in der Ausführungsphase aber regelmäßig Situationen, in denen Entscheidungen des Bauherrn erforderlich sind. Erfolgen derartige Entscheidungen verspätet, öffnet dies wiederum Tür und Tor für ein entsprechendes Claim-Management. Die Schaffung von Strukturen mit kurzen Entscheidungswegen und bevollmächtigten Vertretern vor Ort, die die erforderlichen Festlegungen rasch und verbindlich treffen können, ist daher ebenfalls eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Abwicklung eines Bauvorhabens.

Nicht zuletzt kommt aber auch der Ausgestaltung der Bauverträge große Bedeutung zu. Umso klarer ein Vertrag ausgestaltet und der geschuldete Leistungsumfang definiert ist, umso geringer sind die Ansatzpunkte für entsprechende Mehrkostenforderungen. Hierbei ist insbesondere darauf zu achten, dass die einzelnen Vertragsgrundlagen, wie der Vertragstext, die zu Grunde liegenden Leistungsbeschreibungen, aber auch die Pläne auf einander abgestimmt sind. Auch sollten in einem Vertrag Mechanismen verankert sein, durch die sichergestellt wird, dass bei der Bauabwicklung festgestellte Abweichungen bereits sehr rasch dem Bauherrn kommuniziert werden, damit dieser umgehend für Abhilfe sorgen und Kostenüberschreitungen entgegen wirken kann.

Im Regelfall sind Baukostenüberschreitungen, die durch effektives Claim-Management der ausführenden Unternehmen hervorgerufen wurden, daher durch den Bauherrn hausgemacht. Effektivstes Mittel dagegen ist, sich hinreichend Zeit für die Planung zu nehmen und die Ausschreibung auf Basis vollständiger Unterlagen und abgestimmter Pläne vorzunehmen. Weiters sollten entscheidungsbefugte Vertreter vor Ort, die rasch und verbindlich entscheiden können, eingesetzt werden und sowohl das Vergütungsmodel als auch die Vergabestrategie und die Vertragsgestaltung vorab gut überlegt werden.