Wer nichts weiß, muss alles glauben

Die Bewertung einzelner Objekte wird von Immo-Firmen nur sehr ungern hergezeigt: „Den Buchwert der Immobilien geben wir auf Basis Assetklasse und Land bekannt - jeweils im Portfoliobericht im Quartals- bzw. Geschäftsbericht – also nicht auf Einzelimmobilien herunter gebrochen“, heißt es dazu von der Immofinanz.

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Geringe Transparenz. Aktionäre von Immobilienunternehmen haben Rechte – wie zum Beispiel das Auskunftsrecht. Aber gehört dazu auch das Wissen um die Bewertung einzelner Objekte im Bestand?

Die Bewertung einzelner Objekte wird von Immo-Firmen nur sehr ungern hergezeigt: „Den Buchwert der Immobilien geben wir auf Basis Assetklasse und Land bekannt - jeweils im Portfoliobericht im Quartals- bzw. Geschäftsbericht – also nicht auf Einzelimmobilien herunter gebrochen“, heißt es dazu von der Immofinanz. „Die Bewertung erfolgt dabei durch externe Gutachter (Halbjahr/Gesamtjahr) bzw. wird intern durchgeführt (per Ende 1. und 3. Quartal). Weiters legen wir im Portfoliobericht für die Bestandsimmobilien pro Kernland (gesamt) die Restschuld bestehender Finanzierungen sowie die Finanzierungskosten in Prozent offen“. So weit, so intransparent.

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"Wir veröffentlichen für die gelisteten Wohnimmobilienunternehmen in Deutschland und Österreich zumeist keine Einzelbewertungen." - Clemens Billek, Unternehmenssprecher conwert

Einzeln gibt´s nix

Auch die conwert veröffentlicht für die gelisteten Wohnimmobilienunternehmen in Deutschland und Österreich zumeist keine Einzelbewertungen, beschreibt Unternehmenssprecher Clemens Billek die Situation. „Die Bewertungen der einzelnen Immobilien werden bei conwert in den zwei Hauptmärkten Deutschland und Österreich - das sind bezogen auf die Fläche ca. 97 Prozent aller Immobilien von conwert - von CBRE, JLL und Malloth durchgeführt. Diese Bewerter erstellen auch Bewertungen für zahlreiche andere (gelistete) Wohnimmobilienunternehmen und wenden auf die conwert-Immobilien nach den uns zur Verfügung stehenden Informationen die gleichen Kriterien bei der Bewertung wie bei anderen Immobilien an“.

Die Bewertung der conwert-Immobilien erfolgt typischerweise einmal jährlich, so Billek. „Das aktuelle Bewertungsergebnis für die einzelnen Teilmärkte - also insbesondere die einzelnen Kernmärkte in Deutschland und Österreich - wird detailliert im Geschäftsbericht bzw. im Immobilienguide 2014 erläutert: http://www.conwert.com/sites/default/files/conwert_gb_2014_de_inkl._ig.pdf (Seite 52). Dazu können Sie als Aktionär natürlich auch Fragen an die Investor-Relations-Abteilung und in der Hauptversammlung stellen, wobei die Beantwortung durch die Investor-Relations-Abteilung häufig sehr kurzfristig erfolgen kann“.

Die Ableitung des Net Asset Value für den conwert-Konzern sei übrigens detailliert auf Seite 59 des conwert Geschäftsberichts 2014 beschrieben (Link siehe oben): „Ausgangspunkt ist das Eigenkapital – das heißt, das Gesamtvermögen des conwert-Konzerns - das natürlich vorwiegend aus den Immobilienbeständen besteht - abzüglich aller Schulden“, sagt der Konzernsprecher.

Blitzschnelle Reaktion

Die Athos Immobilien AG bilanziert nach UGB und lässt die Immobilien je nach Bedarf und periodisch von zwei Gerichtssachverständigen bewerten bzw. die Bewertungen aktualisieren, meint Vorstand Stephan Hirsch. „Der Verkehrswert und damit die stille Reserve auf den jeweiligen Buchwert ist im Bedarfsfall in einer Minute zur Verfügung. Eine NAV Bewertung des Portfolios findet bei uns nicht jährlich, sondern im Abstand von zwei bis drei Jahren statt, da ein relativ statisches Bewirtschaftungsportfolio wie das unsere keine maßgeblichen Schwankungen erlebt“.

Der Grund für die Geheimniskrämerei

Ähnlich ist es bei der S Immo AG: „In unserem Geschäftsbericht führen wir in der Portfolio-Übersicht - im Geschäftsbericht 2014 auf den Seiten 106-109 - alle Immobilien an. Die Verkehrswerte werden allerdings nur pro Region veröffentlicht.“, erklärt Ernst Vejdovszky, CEO der S Immo AG – und liefert gleich eine plausible Begründung mit: „Eine Offenlegung der Verkehrswerte auf Immobilienbasis wäre im operativen Geschäft - vor allem am Transaktionsmarkt - kontraproduktiv und wird daher aus Wettbewerbsgründen unterlassen“.

HIRSCH, Mag. Stephan"Der Verkehrswert und damit die stille Reserve auf den jeweiligen Buchwert steht im Bedarfsfall in einer Minute zur Verfügung." - Stephan Hirsch, Vorstand Athos Immobilien AG

Die Bewertung erfolgt regelmäßig: „Alle unsere Immobilien werden einmal im Jahr von externen Gutachtern bewertet. Zur Ermittlung des Fair Values einer Liegenschaft können grundsätzlich alle Wertermittlungsverfahren angewendet werden, die dem jeweiligen Stand der Wissenschaft entsprechen. Die angewendeten Verfahren finden sich sowohl in nationalen Gesetzen/Verordnungen und Richtlinien - LBG, ImmoWertV, ÖNORM, etc. - als auch in internationalen Bewertungsstandards wie RICS, EVS etc. wieder und sind somit voll anerkannt“. Kriterien, die bei den Bewertungen berücksichtigt werden, sind zum Beispiel die Marktmiete und die Marktrendite, der Leerstand, die Lage der Immobilie, das Alter des Objekts oder nicht umlegbare Bewirtschaftungskosten, so Vejdovszky.

Was muss ein Aktionär also tun, um an die Werte zu kommen? „Auch wenn wir keine Verkehrswerte für Einzelobjekte bekannt geben, stehen wir jederzeit für Aktionärsanliegen und -anfragen zur Verfügung. Um mit uns in Kontakt zu treten, kann man sich sowohl per Mail an investor@simmoag.at oder auch über unsere kostenlose Aktionärshotline 0800 501045 telefonisch an uns wenden“. Anfragen von Aktionären werden umgehend, längstens aber innerhalb eines Werktags beantwortet, versichert der S Immo-CEO.

Eine transparente Ausnahme bietet die JP Immobilieninvest Zwei GmbH: Hier sind die Verkehrswerte aller Immobilien im Geschäftsbericht angeführt. Das Unternehmen ist allerdings nicht börsennotiert.


DAS MEINT DIE ANWÄLTIN:

Haben Aktionäre das Recht, den Wert einer einzelnen Immobilie beziehungsweise zu welchem Wert die einzelne Immobilie in der Bilanz angesetzt ist, zu erfahren?

[caption id="attachment_2480" align="alignleft" width="150"]Dr. Alix Frank-Thomasser, Alix Frank Rechtsanwälte GmbH Dr. Alix Frank-Thomasser,
Alix Frank Rechtsanwälte GmbH[/caption]

Ja, wenn dieser Aktionär diese Frage in der Hauptversammlung, in der es um die Feststellung der Bilanz geht, stellt. Die Hauptversammlung stellt den Jahresabschluss allerdings nur dann fest, wenn der Aufsichtsrat den Jahresabschluss nicht gebilligt hat oder sich Vorstand und Aufsichtsrat für eine Feststellung durch die Hauptversammlung entschieden haben. Eine weitere Möglichkeit, diese Frage zu stellen, könnte in einer Hauptversammlung zum Tagesordnungspunkt der Beschlussfassung über eine Kapitalerhöhung durch Sacheinlagen sein. Denn in diesem Fall könnte es für den Aktionär von Bedeutung sein, wie die Sacheinlage, die vielleicht auch aus Immobilien besteht, bewertet wurde.

Im Regelfall sollte der Aktionär einer Immo-AG allerdings zur Frage der Bewertung einer Einzelimmobilie in Quartalsberichten der Aktiengesellschaft und letztlich im jährlichen Geschäftsbericht informiert werden.

Kein Aktionär hat allerdings das Recht, Auskünfte außerhalb der Hauptversammlung zu verlangen. Werden solche Auskünfte außerhalb der Hauptversammlung erteilt, müssen diese allen Aktionären zukommen, denn es herrscht ein ausdrückliches Gleichbehandlungsgebot, was Informationen an Aktionäre betrifft.

Dr. Alix Frank-Thomasser, Alix Frank Rechtsanwälte GmbH


Quelle: pixelio.de
Quelle: conwert