4.0 oder was?

Change. Während Experten aus dem IT Bereich der Immobilienwirtschaft schnell und mit Bestimmtheit über 4.0 sprechen, sind die Pragmatiker eher erst bei ?!?!. Warum? Weil die Praktiker nach dem Nutzen, dem Return of Investment und nach den Rahmenbedingungen fragen.

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Change. Während Experten aus dem IT Bereich der Immobilienwirtschaft schnell und mit Bestimmtheit über  4.0 sprechen, sind die Pragmatiker eher erst bei ?!?!. Warum? Weil die Praktiker nach dem Nutzen, dem Return of Investment und nach den Rahmenbedingungen fragen.

Folgt man diesem pragmatischen Ansatz, so muss man zuerst die Rahmenbedingungen für die Digitalisierung generell sowie der Immobilienbranche speziell hinterfragen. Die Schaffung von Rahmenbedingungen ist primär eine politische Aufgabe. Eine dieser Rahmenbedingungen ist ein leistungsfähiges Glasfasernetzwerk. Schon in diesem Punkt hinkt die Leistung der Politik hinterher. Eine zweite Rahmenbedingung wäre die Ausbildung der Menschen, die Berufe in der digitalen Welt (digitale Strategie) erlernen wollen. Auch in diesem Punkt ist die Politik nicht Schrittmacher. Leider!!!

Mittendrin im digitalen Fortschritt

Trotzdem ist die Immobilienbranche mittendrin im digitalen Fortschritt und nimmt Herausforderungen an. Ein Beispiel dafür ist das sogenannte BIM - Building Information Modelling. Dies ist eine Arbeitsmethode, bei der man zu jeder Zeit des Planungs- und/oder Bauprozesses den Stand der Gebäudeentwicklung gesamtheitlich abrufen kann. Das ist natürlich nur mit IT Werkzeugen möglich, die sehr komplex sind. Der Vorteil solcher Tools liegt einmal darin, dass ein Bauherr sich sein Gebäude bis ins kleinste Detail am Bildschirm in 3 Dimensionen anschauen kann und Veränderungen nur am Bildschirm vornehmen/zahlen muss. Für die Entwickler von Gebäuden bringt dieser Datensatz den Vorteil, dass man die Baulogistik sowie die Baukosten durch die BIM Daten wesentlich genauer planen kann.

Facility Information Management

Der nächste Schritt von BIM ist der interessanteste, weil er den Betrieb des Gebäudes, das in Europa eine Mindestlebensdauer von 40 Jahren hat, betrifft. Bezogen auf die Gebäudedaten kann man diesen Prozess BIM2FIM nennen. FIM steht für Facility Information Management. Vereinfacht gesagt handelt es sich hier um die Daten, die der Nutzer während der 40 Jahre braucht. Vergleicht man das mit dem Nutzer eines Automobils, so benötigt man bei der Nutzung des Automobils z.B. die Treibstoffart, die Anzahl der Türen, die Lederpolsterung, Bereifung, Verbrauch, Versicherungskosten, aber nicht das Gewicht des Kolbens, den Durchmesser der Kardanwelle oder die Stahlqualität des Achslagers.

Arbeitsteilige Prozesse sind Kostentreiber

Genau dieser Prozess BIM2FIM beinhaltet aber einen wesentlichen Punkt, der in Zukunft enorme Bedeutung erlangen wird, nämlich die Automatisierung. Damit ist die automatische Weitergabe von definierten und strukturierten Daten innerhalb der vernetzten (Gebäude-) Community gemeint. Weithin sind das die Stakeholder der Gebäudeentwicklung bzw. des Gebäudebetriebes. Diese automatische Weitergabe erleben Sie beim Automobil, wenn Sie in die autorisierte Werkstätte fahren. Der Annahmemeister verlangt den Autoschlüssel, steckt ihn an die Docking Station und sieht, dass die Bremsflüssigkeit alt ist oder dass der Luftdruck am rechten Hinterreifen zu gering ist.

Digitalisierung heißt Automatisierung

Der eigentliche Sinn der Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft ist die Automatisierung. Die Daten, die vom Architekten, vom Planer der technischen Gebäudeausrüstung, vom Bauphysiker etc. im BIM Modell generiert werden, sind als Datenteilmenge für den Asset Manager, für den Facility Manager, für den Energiemanager, für den Hausverwalter, für den Makler, für den Wertermittler etc. verbindlich und einheitlich. Die arbeitsteiligen Prozesse haben dazu geführt, dass man in allen Gewerken Arbeiten mehrfach macht. Man kann also getrost von Kostentreibern sprechen. Durch Digitalisierung/Automatisierung kann man diese Kostenpositionen optimieren.

Vorbild Automobilindustrie

Ähnliche Entwicklungen gibt es seit 30 Jahren in der Industrie, z.B. im Automobilbau. Der Prozess ist dort weitgehend abgeschlossen und hat dazu geführt, dass der VW Golf in weniger als 30 Stunden produziert wird und dass er die ersten Roststellen erst nach 10 Jahren bekommt (lean production, lean distribution, just in time, kontinuierlicher Verbesserungsprozess). Aktuell hat auch die digitale Medizin mit den Zukunftsfeldern der Telemedizin und der Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten ihren Fokus auf Digitalisierung/Automatisierung gelegt. Zentrales Thema dort ist die elektronische Gesundheitskarte, die auch Datenstandards zur Entfaltung ihres Nutzens braucht. Der Nutzen liegt auf der Hand: Notfalldaten, Medikationsplan, Medikamentenverträglichkeit etc.

Die Zeichen in der Bauwirtschaft stehen auf Veränderung. Die modernen IKT Technologien ermöglichen einen Höchstgrad an Vernetzung mit Interaktionsmöglichkeiten und Analysen von gewaltigen Datenmengen in kürzester Zeit. IT und Bauwirtschaft verschmelzen. Natürlich folgen daraus Veränderungen für den einzelnen, für Unternehmen und für die Bauwirtschaft. Viele Leistungsträger der Bauwirtschaft sehen enorme Chancen. Sie kennen jedoch auch die Herausforderungen und fordern bessere Zusammenarbeit mit den Ausbildungseinheiten der Republik, mehr Flexibilität der Prozesse, schnellere Einführung von Technologien und effiziente Richtlinien. Diese logischen Grundvoraussetzungen/Rahmenbedingungen sind weder von den gesetzgebenden Einheiten noch von den, in der Verfassung fixierten, Standesvertretungen am Stand der Technik.

Smartphones revolutionieren die Welt

Die technologischen Innovationen, allen voran die Mobiltechnologie, agieren als Treiber. Kein ICT -Trend hat sich so rasant entwickelt wie die Kommunikation via Smart Mobilendgerät. Mobilgeräte ermöglichen jedem Stakeholder den Zugang zu Information, Kommunikation und Partizipation. Natürlich bedienen sich alle Professionals der Immobilienwirtschaft mobiler Technologien. Das Feld der Immobilien Apps ist groß. Die Menge wird sich bei den Themen CO2 Ausstoß, Raumklima, Entsorgung etc. noch vergrößern. Die Welt der mobilen Geräte und Sensoren ist fast grenzenlos. Das wird sich auch auf die neuen Dienstleistungen, die die Digitalisierung mit sich bringt, auswirken. Das ist 4.0. Es ist unschwer zu erkennen, dass sich die ausführenden Firmen, die aktiven Architekten, die planenden Ingenieure, die Ziviltechniker etc. der technologischen Entwicklung stellen. Deshalb hat sich in den letzten Tagen eine offene Plattform entwickelt, in der die österreichische Bautechnik Vereinigung ÖBV, der österreichische Ingenieur- und Architektenverein ÖIAV und die Facility Management Austria FMA gemeinsam und abgestimmt daran arbeiten, die oben angeführten Marktbewegungen zu koordinieren.

Diese Plattform wird das Wissen/Können für die Geschäftsfelder, die durch die Methode BIM und die Verwendung der generierten Daten entstehen, optimieren. Die Vorteile von BIM, das in den nordeuropäischen Ländern schon wesentlich intensiver als in den DACH Ländern genutzt wird, liegen auf der Hand, obwohl sie breit gefächert sind:

  • Während der frühen Phasen (Entwurf, Planung, Bau) können eventuelle Probleme frühzeitig erkannt und kostengünstig beseitigt werden.
  • Lebenszykluskosten können verursachergetreu diskutiert werden (keine Benchmarks).
  • Die Baulogistik ist kraftschlüssig mit dem BIM Modell verbunden.
  • Die Daten für einen Umbau sind umfassend im BIM Modell vorhanden.
  • Im Falle des Abrisses sind die zu entsorgenden Materialien im BIM Modell etc.

Attraktiver Arbeitgeber für die Generation Y

Gerade die Generation Y verlangt völlig andere Kommunikationsmethoden und Arbeitsmethoden als die Generation, die vom Reißbrett zu den CAD Plänen gewechselt hat. Mit der Integration der BIM Methodik wird das Immobilienwesen wieder zu einem interessanten Arbeitgeber für die Jugend, die mit Datenketten, Datenbanken und Datenverknüpfungen umgehen kann und dieses Können auch weiter vorantreiben will. Für diese Generation ist Internet Fernsehen und/oder Streaming selbstverständlich. Sie nehmen das Internet of Things und das superschnelle mobile Netz 5G (50 GB/sec), das Unterhaltung in Echtzeit bietet, autonomes Fahren, elektronische Gesundheitsdienste etc. als Notwendigkeit an, obwohl es dafür erst Ende 2015 die Einigung auf Schlüsselfunktionen und den Entwicklungsfahrplan gab. Inzwischen gibt es dafür in Deutschland schon Feldversuche.

Deshalb ist die Frage der Überschrift so zu beantworten: Wir haben Nachholbedarf, die Kräfte werden gebündelt, die Chancen werden erkannt, die Pragmatiker gehen voran.

Chance Arbeitsprozesse datenbasierend zu optimieren

Für das Facility Management ist die „Diconomy“ (digital economy) von entscheidender Bedeutung. Die Anforderungen an die Berufsgruppe der Facility Manager von Seiten der Nutzer, der Auftraggeber und der Gesetzgeber werden quasi täglich höher. Die hinter den Menschen stehenden Firmen müssen wettbewerbsfähig bleiben oder wettbewerbsfähiger werden. Das ist bei geringen Gewinnmargen ungleich schwieriger als bei Arbeiten, die hohe Margen erlauben. Die Digitalisierung bietet dem Facility Management die beinahe einmalige Chance, alle ihre Arbeitsprozesse datenbasierend zu optimieren, indem man schon während der Entwicklungsphase eines Gebäudes den Input des Betreibers/Nutzers einbringt, während der Bauphase den Input überprüft und in der Betriebsphase transparent darstellt. Wichtig für diesen kontinuierlichen Verbesserungsprozess ist natürlich, dass sich der Facility Manager zu Wort meldet und sich Gehör verschafft. Unsere Kollegen in Nordeuropa erzählen uns über den Einsatz von BIM und BIM2FIM, dass sich der Arbeitsaufwand in keinster Weise reduziert hat. Vielmehr hat sich der Aufwand gesteigert. Diese Steigerung fand aber nicht in den klassischen Standardleistungsbildern statt, sondern in völlig neuen Geschäftsfeldern, die zum Teil mit Datenmanagement zusammenhängen.