Airbnb in Wien

Vernetzung und elektronische Medien rütteln die Wirtschaft gehörig durcheinander. Eine Branche nach der anderen wird von grundlegenden technologischen Veränderungen erfasst und muss sich mit neuen Konkurrenten auseinandersetzen.

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Vernetzung und elektronische Medien rütteln die Wirtschaft gehörig durcheinander. Eine Branche nach der anderen wird von grundlegenden technologischen Veränderungen erfasst und muss sich mit neuen Konkurrenten auseinandersetzen. Eine der ersten war die Musikindustrie, dann folgten Film, Zeitungen und Zeitschriften, später Buchhandel und Reisebüros, Einzelhandel, Taxis und viele andere.

In der Immobilienwirtschaft sind es nicht nur die zahlreichen Maklerplattformen und Finanzdienstleister, die die Veränderung in die elektronische Zukunft treiben und teilweise auch für Verunsicherung sorgen, sondern vor allem der Zimmervermittler Airbnb. Die Idee, dass Privatpersonen über eine Internetplattform ihre Wohnung oder Teile davon an Touristen vermieten, hat anscheinend eingeschlagen. Neun Jahre nach seiner Gründung verwaltet die Plattform nach eigenen Angaben rund drei Millionen Unterkünfte in 65.000 Städten in 191 Ländern weltweit. Die mehr als 200 Millionen Gäste können „die Stadt wie ein Einheimischer“ erleben, weil sie ja nach dem Selbstverständnis des Unternehmens bei einer ortsansässigen Familie einziehen.

Aber stimmt dieses Bild überhaupt? Welche Arten von Unterkünften werden tatsächlich angeboten und von wem? Wer verdient wie viel an diesen Vermietungen und was bedeutet Airbnb für den Wohnungsmarkt? Diese und ähnliche Fragen in Bezug auf Airbnb in Wien hat mein Kollege Roman Seidl gemeinsam mit Leonhard Plank und Justin Kadi von der TU Wien im Ramen eines TU-Projektes untersucht. Die spannenden und teilweise überraschenden Ergebnisse haben die Autoren in einem interaktiven Webdokument zusammengestellt, das zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Kommentars unter https://wherebnb.in/wien verfügbar sein sollte.

Eines der Ergebnisse der Analyse ist, dass die ursprüngliche Idee des geteilten Wohnraums beim heutigen Angebot von Airbnb in Wien kaum eine Rolle spielt. Angeboten werden vor allem exklusiv nutzbare Wohnungen und Häuser und das nicht dort, wo die Wienerinnen und Wiener leben, sondern vor allem dort, wo sich Touristen bevorzugt aufhalten und sich auch andere touristische Angebote konzentrieren: innerhalb des Gürtels und dort insbesondere im 1. und 2. Bezirk.

Durch diese räumliche Konzentration des Angebots sind auch die Auswirkungen von Airbnb auf den Wiener Wohnungsmarkt stark konzentriert. Sie fokussieren sich in jenen Gebieten, wo ohnedies der Wohnraum knapp und das Preisniveau hoch ist. Allerdings können die Auswirkungen je nach Umständen sehr verschieden sein: Wird eine Privatwohnung in jenen Zeiten, wo sie nicht genutzt ist, über Airbnb vermietet, so bedeutet das eine effizientere Nutzung des vorhandenen Wohnraums. Wird eine Wohnung hingegen permanent Touristen angeboten, so ist sie dem Wohnungsmarkt entzogen.

Die Analyse zeigt, dass ein nicht vernachlässigbarer Teil der über Airbnb angebotenen Unterkünfte in Wien von gewerblichen Anbietern kommt, auch wenn sie sich nicht immer als solche deklarieren. Sie haben 30 und mehr Wohnungen im Angebot und zählen damit ganz klar zu den Großverdienern im Wiener Airbnb-Sektor. Rund 30 Prozent der Gesamteinnahmen gehen an gerade einmal 3,7 Prozent der Anbieter. Einige von diesen versuchen, trotz ihrer gewerblichen Orientierung das Airbnb-Cliché zu bedienen. Einer von diesen beschreibt sich beispielsweise als „in erster Linie ein glücklicher Familienvater“. Dass der Familienvater über 30 Wohnungen im Angebot hat, verschweigt er nobel.