Altes Wissen neu erlebt

Renaissance des Handwerks. Wer sich mit alten Baumaterialien und altem Handwerk auseinandersetzt, hilft doppelt: Zum einen trägt er dazu bei, immaterielles kulturelles Erbe zu erhalten, zum anderen sorgt er dafür, dass Baudenkmäler technisch perfekt und auch nachhaltig restauriert werden.

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Renaissance des Handwerks. Wer sich mit alten Baumaterialien und altem Handwerk auseinandersetzt, hilft doppelt: Zum einen trägt er dazu bei, immaterielles kulturelles Erbe zu erhalten, zum anderen sorgt er dafür, dass Baudenkmäler technisch perfekt und auch nachhaltig restauriert werden.

Zweimal im Jahr, Anfang Juni und Ende September, herrscht im Hof der Kartause Mauerbach reges Treiben: Da werden Ornamentfliesen hergestellt und Ziegel geschlagen, es wird geschmiedet, ziseliert und vieles mehr. Denn bei diesen Tagen der offenen Tür im Informations- und Weiterbildungszentrum Baudenkmalpflege des Bundesdenkmalamts stehen altes Handwerk und alte Baumaterialien im Mittelpunkt. „Wir wollen der breiten Öffentlichkeit zeigen, wie wichtig dieses Wissen und diese Kenntnisse sind“, sagt Astrid Huber, Leiterin des Zentrums.

Baudenkmäler technisch richtig restaurieren

Und zwar nicht nur, um immaterielles kulturelles Erbe zu erhalten, sondern auch, um alte Baudenkmäler technisch richtig restaurieren zu können. Denn oft sind ehrwürdige Gemäuer und moderne Produkte und Verfahren nicht kompatibel. „In den 60er und 70er Jahren sind bei Restaurierungen alte Putze abgeschlagen und neue Zementputze aufgetragen worden“, erinnert sich Huber. Da jedoch das alte Mauerwerk unter dem neuen Putz viel weicher war und sich die beiden Schichten unterschiedlich bewegt haben, löste sich der Zementputz in Schollen ab. Kein harmonisches Miteinander war auch alten Holzfenstern und modernen Lacken beschert: Während erstere unter der Lackschicht vermoderten, weil die Feuchtigkeit nicht mehr entweichen konnte, sind zweitere abgeblättert. Jetzt kommt wieder der traditionelle Ölanstrich zum Zug – mit durchschlagendem Erfolg.

Erfahrungen wie diese waren es, die schließlich 1984 zur Gründung des Informations- und Weiterbildungszentrums Baudenkmalpflege geführt haben. Gerade noch rechtzeitig: „Wie wir begonnen haben, war es beispielsweise schon schwierig, Maurer zu finden, die Mörtel selbst anrühren konnten“, erinnert sich Huber. Doch mittlerweile habe sich das dank der Seminare und Tagungen des Informations- und Weiterbildungszentrums, dessen Aufgabe  sowohl in der Erforschung und Verarbeitung der in Altbauten verwendeten Materialien und der Langzeiterprobung neuer Technologien und Materialien für die Restaurierung als auch in der  Weitergabe des erworbenen Wissens liegt, geändert. „Wir halten pro Jahr rund 25 Seminare ab“, sagt Huber. Rund 500 Personen jährlich, von Handwerkern über Architekten und Eigentümervertreter bis zu Kollegen aus dem Denkmalamt, werden im Durchschnitt mit den interdisziplinären Weiterbildungsmaßnahmen angesprochen. Die Nachfrage nach den Veranstaltungen sei groß, hätten die Unternehmen und deren Interessenvertretung doch erkannt, dass mit dem hier erworbenen Wissen durchaus erfolgreich Nischen besetzt werden können.

Gutes Netzwerk

„Wir arbeiten mit einem engmaschigen nationalen und internationalen Netzwerk zusammen“, ist Huber stolz. Dieses umfasse Hochschulen und Universitäten genauso wie die Industrie und Handwerker, die ihr Wissen als Kursleiter und Vortragende weitergeben. Und das gerade auch in Berufen, für die es heute gar keine Ausbildungsmöglichkeit mehr gibt. Sei also etwa bei der Restaurierung eines barocken Fensters die Fertigkeit zu ziselieren, gefragt, „so wird dieses Wissen von uns nachgeliefert“.  Der handwerklichen Ausbildung in Österreich streut Huber jedoch Rosen. Diese sei sehr gut, wenn auch der Schwerpunkt auf der industriellen Verarbeitung liege.

In der Verwendung altbekannter Materialien und Techniken sieht die Mauerbach-Chefin übrigens noch einen weiteren Vorteil: „Sie sind nachhaltig.“ Denn im Gegensatz etwa zu neuen Isolierglasfenstern seien traditionell gefertigte Kastenfenster reparatur- und mit dem richtigen Anstrich 200 Jahre lebensfähig. Dieses Bewusstsein zu vermitteln, sei eine der wesentlichsten Herausforderungen, ist  Huber überzeugt. „Leider stehen heute selbst bei Gebäuden nicht mehr Pflege und Wartung im Mittelpunkt, wir sind zu einer Wegwerfgesellschaft geworden.“


Twice a year, the yard of the Kartause Mauerbach comes to life: these open days at the centre for information and continuous education for the preservation of historic buildings of the Bundesdenkmalamt are dedicated to handicrafts and materials, showcasing ornamental tile manufacturing, brick making and chiselling. “We want to highlight the importance of this knowledge and these skills to the public,” says Astrid Huber, manager of the centre.

These not only help to preserve immaterial cultural heritage, but also to restore it with the correct techniques, as old buildings are often not compatible with modern products and methods. Such as modern concrete plaster and old walls, yielding two layers that move differently, with the plaster coming off in clods. Similarly, old wooden window frames tend to rot underneath modern paint as the humidity is locked in, while the paint flakes off. Using traditional oil paints instead solves the problem successfully.

These issues led to the founding of the centre in 1984. Since then, conferences and seminars on the use of traditional materials, the use of modern technology in restoration as well as knowledge sharing help to preserve the know-how and the skills that have almost been forgotten. Each year, 500 people are trained in about 25 seminars, with increasing demand from craftsmen and architects to property owners and tradesmen, who have recognized the existing niche.

Good network 

“We are working in a close-knit national and international network,” says Huber proudly. This includes universities, industry and craftsmen who pass on their knowledge, specializing in skills which are not available anymore. Huber still believes in the current Austrian crafts training, despite its emphasis on industrial processing.

Another advantage of the use of traditional materials and techniques lies in its sustainability, adds Huber. In contrast to modern windows, traditional windows can last for 200 years, when properly restored. Raising this awareness remains one of the challenges in our current disposable society.

Quelle: Fotolia