Ausgedünnt

Für Top-Flächen stehen Neumieter Schlange. Mit keiner anderen Immobilienart können derzeit in Österreich ähnlich hohe Spitzenrenditen erreicht werden wie mit Fachmarktzentren. Das Problem: Es gibt fast keine am Markt.

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Für Top-Flächen stehen Neumieter Schlange. Mit keiner anderen Immobilienart können derzeit in Österreich ähnlich hohe Spitzenrenditen erreicht werden wie mit Fachmarktzentren. Das Problem: Es gibt fast keine am Markt.

Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE, ist der Meinung: „Es gibt Interesse an Investitionen in Einkaufs- und Fachmarktzentren, allerdings sind nur wenige am Markt.“ Die grundsätzliche Problematik, mit der Investoren, die in Österreich im Retail-Segment aktiv werden möchten, konfrontiert sind. Die Folge: Im ersten Halbjahr 2017 fiel das Transaktionsvolumen in der Assetklasse relativ gering aus. So entfielen von den 2,5 Milliarden Euro, die zwischen Jänner und Juni in heimische Gewerbeimmobilien investiert wurden, nur 9 Prozent auf Einzelhandelsimmobilien.

Was macht die Assetklasse eigentlich interessant? Zum einen sicherlich die vergleichsweise hohen Renditen – auch wenn diese sukzessive zurückgehen. Tatsächlich: Mit keiner anderen Immobilienart können derzeit in Österreich ähnlich hohe Spitzenrenditen erreicht werden wie mit Fachmarktzentren (5,65 Prozent). Bei Top-Einkaufszentren liegt die Spitzenrendite immerhin noch bei 4,05 Prozent. Dazu kommt eine gewisse Risikostreuung: Bei einem großen Objekt mit vielen Mietern ist der Ausfall eines Einzelnen durchaus verkraftbar. Besonders für Top-Flächen – egal ob Shoppingcenter oder High Street – stehen mögliche Neumieter oft Schlange. Attraktiv macht die Assetklasse aber auch die Erkenntnis, dass sie die Wirtschaftskrise gut überstanden hat.

Flächenschwund

Gewisse Herausforderungen sind allerdings auch mit Retailimmobilien verbunden. Nicht von der Hand zu weisen ist etwa der anhaltende Flächenschwund in Österreich. Laut RegioData Research werden heuer – und damit das vierte Jahr in Folge – die Zahl der Verkaufsflächen zurückgehen und zwar um nicht weniger als 200.000 Quadratmeter. „Insgesamt kann man sagen, dass der Einzelhandel quer durch die Bank davon betroffen ist“, sagt Wolfgang Richter, Geschäftsführer RegioData Research. Das gelte vor allem für Flächen in Handelszonen mit einer dominanten Nahversorgungsfunktion, weniger für solche mit überregionaler Bedeutung, wo langfristige Güter verkauft werden.

„Betroffen sind vor allem Branchen, in denen der Onlinehandel eine wichtige Rolle spielt“, so Richter weiter. Für Beratung und Ausprobieren würden einfach weniger Flächen benötigt. Tendenziell würden sehr große Flächen verschwinden, was unter anderem Bekleidungs-, Bau-, Buch-, Möbelhandel betreffe. In diesem Zusammenhang spiele auch die zunehmende Kluft zwischen dem hohen Konkurrenzdruck bei zurückgehendem Quadratmeterumsatz der Mieter auf der einen und den Renditevorstellungen der Eigentümer auf der anderen Seite eine Rolle.

Als erfolgreiche Maßnahme gegen den Flächenschwund hat sich in einigen Fällen erwiesen, den Kunden mehr einzubinden und nicht nur zu versuchen, Ware an den Mann zu bringen, erklärt Jörg F. Bitzer, Head of Retail bei EHL Immobilien. Durch die Erhöhung des Gastronomieanteils oder die Veranstaltung diverser Events hätten etwa einige gut gemanagte Shoppingcenter erfolgreich die Verweildauer erhöht und damit auch für eine entsprechende Kundenfrequenz – und in weiterer Folge für Flächenumsatz – gesorgt.

Keine neuen Entwicklungen

Neues „Material“ dürfte in naher Zukunft jedenfalls nicht auf den Markt kommen – sowohl bei Fachmarktzentren als auch bei Shoppingcentern schätzen Experten das Potenzial für neue Entwicklungen als „weitgehend ausgereizt“ ein. Tatsächlich ist die Fachmarktzentren-Dichte entlang der vielversprechenden heimischen Verkehrsachsen bereits sehr hoch und übertrifft im Übrigen auch jene in anderen europäischen Ländern mit vergleichbarer Größe. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Top-Shoppingcentern, wo in den vergangenen Jahren bereits viele große neue Flächen realisiert worden sind.

Sind Retailimmobilien auch für Privatinvestoren ein Thema? Diese Frage kann sicherlich mit „ja“ beantwortet werden. Direktinvestments sind allerdings den besser Betuchten vorbehalten. „Auch für Privatinvestoren kann ein kleines Fachmarktzentrum mit möglicher Nachnutzung für zwei bis drei Millionen Euro spannend sein. Einzelobjekte für bis zu zehn Millionen Euro hingegen weniger“, meint Markus Arnold, Geschäftsführer von Arnold Immobilien. Der Zinshauspezialist ist vor kurzem auch in das Gewerbesegment eingestiegen und hat sich in den vergangenen Monaten ein Portfolio mit Fachmarktzentren, Büros, Hotels, Logistikimmobilien und anderen aufgebaut.

Wer nicht über das entsprechende Kleingeld verfügt, kann immer noch über Aktien wie etwa jene der Shoppingcenter-Spezialisten Deutsche EuropShop oder Klépierre aus Frankreich aktiv werden. ebenso ein Retail-Player ist Unibail-Rodamco, die in Paris und Amsterdam an der Börse gelistet ist. Das französische Unternehmen besitzt mehr als 71 Einkaufszentren in Europa – darunter auch die Shopping City Süd und das Donauzentrum. Etliche andere gelistete Immobilienunternehmen haben zumindest einen signifikanten Retail-Teil im Portfolio, wie etwa die Immofinanz (33,3 Prozent) mit ihren einschlägigen Marken VIVO! und STOP SHOP. Eine weitere Option für Privatanleger stellen offene und geschlossene Immobilienfonds dar.