Bürowelt mit Zukunft

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Das klassische Büro hat ausgedient. Architekt Christoph Zechner zeigt, welchen Herausforderungen sich die Architektur für die New World of Work im ORBI Tower in Wien stellt. Die neue Funktion des Büros benötigt Flexibilität, Mobilität und Energieeffizienz.

Seit 25 Jahren arbeitet Christoph Zechner mit seinen Mitarbeitern in einem Loft. In der Stumpergasse 14 existiert keine räumliche Trennung zwischen Chefs und Mitarbeitern. Architekt Zechner schätzt das sehr: „Es gibt keine Distanz zwischen Geschäftsführung und Mitarbeitern, wir kommunizieren direkt und das unternehmensbasierende Wissen erhält so eine breite Basis“, sagt er. In dieser kleinen World of Work mit 30 Mitarbeitern aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen entstand die Planung der New World of Work des Wiener ORBI Tower, ein Projekt der WIENER STADTWERKE Holding AG, STC - Swiss Town Consult AG und Donau-Finanz. Der ORBI Tower liegt in Wien TownTown am Rande des Praters und der grünen Achse Donaukanal. In sieben Minuten ist man vom 102 Meter hohen Turm mit öffentlichen Verkehrsmitteln am Stephansplatz. Der Flughafen ist in 12 Minuten mit dem Auto erreichbar. Auf 26 Stockwerken sind 21.600m² Mietflächen für Büros untergebracht, die ab der Fertigstellung 2017 bezogen werden. Der Entwurf der Architekten besteht aus einer geschwungenen Orbiform und bietet den künftigen Mietern die Möglichkeit, The New World of Work in ihrem Bereich umzusetzen. „Die Ansprüche an Bürogebäude haben sich sowohl hinsichtlich der Bürowelt als auch hinsichtlich der Energieeffizienz geändert“, sagt Christoph Zechner.

Kreative und kommunikative Welt schaffen

Die neue Bürowelt kennt keine Zellenbüros, keine Legebatterien und Starrheit mehr. Digital Dataforce, Hybrid Projekt Teams und Cloud-Driven Workflow verändern die Arbeitsweisen, die neue, kreative und kommunikative Arbeitsumgebungen brauchen. So müssen Architekten zwischen Einzelarbeitsplätzen und kollaborativen Zonen eine ausgewogene Balance finden. In Österreich setzen 12 Prozent der Unternehmen auf flexiblere und mobile Arbeitsweisen, während es in Großbritannien bereits 50 Prozent sind, ermittelte Michael Bartz, Leiter des New World of Work Forschungszentrums an der IMC FH Krems. Tendenz steigend.

Möblierung an Wohnung und Gastronomie angepasst

Das Büro ist für einige längst nicht mehr nine-to-five Pflichterfüllungsort, sondern Treffpunkt, Kommunikationsort und Abstimmungsort, worauf die Archtitektur reagiert. „Der Anteil an Kommunikationszonen und flexibel nutzbaren Flächen muss heute wesentlich größer sein als im klassischen Büro, denn die Mitarbeiter sind immer weniger zeitlich und örtlich an den Arbeitsplatz gebunden“, sagt Christoph Zechner. Statt Normschreibtischen und Aktenschränken wird die Möblierung an Wohnung, Gastronomie oder Freizeitstätten angelehnt. Chill-out-Zonen und kreative Bereiche wechseln mit Computerarbeitsplätzen ab. „Heute verlieren repräsentative Elemente wie Lobbys oder Empfangsbereiche zunehmend an Bedeutung und verlagern sich mehr auf die Website“, weiß Zechner. Bei all dieser Flexibilisierung und Umdeutung der Funktion des Büros bleibt die Akustik eine der großen Herausforderungen im Innenraum. „Glasfassade und Decken mit Bauteilaktivierung im ORBI Tower reflektieren den Schall und dürfen jedoch nicht abgedeckt werden. So nützen wir die freibleibenden Flächen, um Schall zu absorbieren und eine gute Raumakustik zu gewährleisten“, erläutert Christoph Zechner. Zusätzlich bietet der ORBI Tower einen extrem niedrigen Primärenergiebedarf, niedrige CO2-Belastung und optimiert das Arbeitsumfeld durch ideale Bürotiefe, Lichtlenkung und Belüftungskonzept.

Das Bürogebäude ist zugleich Kraftwerk

Doch auch an das Bürogebäude werden heutzutage hohe Ansprüche gestellt. Stichwort: Energieeffizienz. „Gebäude werden immer mehr zu Kraftwerken. Materialien und Bauelemente werden immer intelligenter. Fassaden liefern Strom, regeln den Schatten und sorgen für thermische Behaglichkeit. Geschoßdecken sind heute hochtechnisierte Teile, die Heizfläche, Kühlfläche und Beleuchtungselement sind“, erläutert Christoph Zechner. So wurde der Entwurf im Rahmen der Global Real Estate and Economy Talks 2014 von der Österreichischen Gesellschaft für nachhaltige Immobilienwirtschaft mit dem silbernen Vorzertifikat ausgezeichnet. Für Unternehmen bringt die intelligente Bauweise vor allem Vorteile: geringere Bürokosten bei gleichzeitig niedrigerem Bedarf an Büroflächen und motivierte Mitarbeiter. Doch wie wird das Bürogebäude in 20 Jahren aussehen? „Die Entwicklung der Kommunikationstechnologien wird weiter voranschreiten, die Mitarbeiter werden noch unabhängiger vom Ort sein. Arbeit verlagert sich in den virtuellen Raum und die Cloud. Das grundlegende Bedürfnis, face-to-face zu kommunizieren, wird die einzige Notwendigkeit sein, weiterhin Büros zu bauen“, blickt Zechner in die Zukunft. Übrigens: Das Tablet hat der Architekt im Zug immer mit.

Zechner&Zechner

Christoph Zechner gründete 1988 mit seinem Bruder Martin Zechner das Architekturbüro Zechner & Zechner in Wien. Als Architekten oder Generalplaner setzte das Büro zahlreiche Projekte unterschiedlichen Maßstabs und verschiedenster Funktionen im In- und Ausland um, von der Wohnhausanlage bis zum Bürohochhaus, vom Hotel bis zum Bahnhof. So entstanden der Flughafentower Wien, der Hauptbahnhof Graz, die neue ÖBB Konzernzentrale, Hotel- und Wohnbauten im Viertel Zwei oder der im Bau befindliche ORBI Tower. Die Bauten von Zechner & Zechner wurden mehrmals ausgezeichnet, unter anderem mit dem Europäischen Stahlbaupreis, dem Brunel Award für außerordentliche Planungen im Bahnbau, Auszeichnung für vorbildliche Bauten in Niederösterreich, dem „AR-Award for Emerging Architecture“, dem „Mobilitätspreis Österreich“ oder dem „World Infrastructure Award“.

weiterführende Links

  • orbi-tower.at
  • zechner.com
  • swisstownconsult.com
  • newworldofwork.wordpress.com.