Das asiatische Zeitalter

Die Chinesen kommen – kommen sie aber wirklich?. Noch ist das Bild eher unscharf, geprägt von Erwartungshaltungen und Vorurteilen. Die Rede ist von asiatischen Investoren, welche sich seit einigen Jahren aufmachen, um in Europa in Immobilien zu investieren.

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Die Chinesen kommen – kommen sie aber wirklich?. Noch ist das Bild eher unscharf, geprägt von Erwartungshaltungen und Vorurteilen. Die Rede ist von asiatischen Investoren, welche sich seit einigen Jahren aufmachen, um in Europa in Immobilien zu investieren.

Gesehen haben sie nur die wenigsten abseits von London. Den mannigfaltigen Ankündigungen steht bisher eine durchaus überschaubare Anzahl an Investitionen in Kontinentaleuropa gegenüber. Gleichwohl entspricht das bisherige Investitionsverhalten bei näherer Betrachtung offensichtlich einer Strategie, welche sich quer durch Länder, Städte, Assetklassen und Investitionsstile von opportunistisch bis core manifestiert. Die meisten der interessierten Europäer treffen das asiatische Kapital denn auch eher in den „Capital flow“-Pfeilen von Asien nach Europa, heißt es dazu in einem Bericht von Catella Research.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Seit geraumer Zeit fließt zunehmend außereuropäisches Investmentkapital in europäische Immobilienmärkte: Waren es im Jahr 2014 rund 9,7 Milliarden Euro (Asia Pacific to Europe), so lag der Wert 2010 noch bei 3,2 Milliarden Euro. Eine deutliche Steigerung. Dieser Trend ist strukturell der Globalisierung der Investmentmärkte zu verdanken. Die Catella-Experten betonen in ihrer aktuellen Studie, dass die ersten messbaren Direktinvestitionen in die Immobilienmärkte mit rund 5 Jahren Verzögerung zeitversetzt zum klassischen Investitionsverhalten in andere Wirtschaftsklassen bzw. -branchen erfolgen. Der erwarteten Direktinvestition in Immobilien läuft bisher die Beteiligung von asiatischen Finanzinvestoren an europäischen Unternehmen voraus.

Heterogene Investoren

In Studien und Berichten wird gerne von sogenannten „asiatischen Investorengruppen“ gesprochen. Doch in dieser Beziehung liegt schon der erste Fehler. Denn eine homogene Gruppe asiatischer Investoren existiert nicht. Zumal diese Investorengruppe nicht nur durch unterschiedliche geografische Besonderheiten in den Ländern Malaysia, Japan, Singapur oder China gekennzeichnet ist, sondern sich auch durch die Wahl der Anlagevehikel bzw. Kapitalsammelstellen, die von Private Equity Funds über Staatsfonds bis hin zu Pensionskassen reichen, unterscheiden. Vor allem Staatsfonds und Pensionsfonds, beide mit dem Label „langfristige Investoren“ versehen, sind auf der Suche nach einer sicheren Kapitalanlage mit einer stabilen Wertentwicklung. Sie werden zunehmend in Europa fündig. Hier zeigt sich eine große Überschneidung mit den Anlageprofilen europäischer Investoren. Der allgemeine Trend des zunehmenden Kapitalflusses von Asien nach Europa zeigt sich bei der Untersuchung der Direktinvestitionen von asiatischen Investoren in Europa. Diese haben sich seit dem Jahr 2007 innerhalb von fünf Jahren verdoppelt.

Großvolumige Transaktionen

Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn auch getrübt durch die globale Finanzkrise, bei der Betrachtung des asiatischen Transaktionsvolumens bzw. des Kapitalflusses in Richtung der europäischen Büro- und Einzelhandelsimmobilienmärkte. Beides ist seit 2008 kontinuierlich gestiegen. Diese Entwicklung läuft synchron - wenngleich auf geringem Niveau - mit dem gesamten europäischen Transaktionsvolumen. Bei der Betrachtung der Anzahl der Transaktionen fällt auf, dass sich diese zwar ähnlich verhalten, jedoch nicht im gleichen Ausmaß. Das lässt darauf schließen, dass zunehmend großvolumige Transaktionen durch asiatische Investoren getätigt werden.

Im Jahr 2014 lag der Anteil asiatischer Investoren am europäischen Büro- und Einzelhandelsmarkt bei sieben Prozent; jedoch wird sich diese Zahl in in den kommenden Jahren weiter erhöhen. Catella Research sieht ein potenzielles Volumen für 2015 von 11,5 bis 14 Milliarden Euro, was einem prozentualen Anteil von rund acht Prozent am europäischen Gesamtvolumen entspricht. Gegenüber 2014 wird sich dieser Anteil nicht signifikant erhöhen, was auf die synchrone Entwicklung beider Investitionsvolumen zurückzuführen ist.

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Restriktionen werden abgebaut

Die Gründe für die relativ neue Nachfrage seitens asiatischer Investoren nach europäischen Immobilien liegen vor allem im politisch-ökonomischen Bereich. Ein politischer Hauptnachfragefaktor ist die Liberalisierung der asiatischen Märkte im Hinblick auf Auslandsinvestitionen und Investitionen in alternative Anlageprodukte, zu denen in der Regel Immobilien zählen. In diesem Sektor gab und gibt es in vielen asiatischen Staaten starke Regulationen, welche jedoch nach und nach gemindert werden. 2012 lockerte die Versicherungsaufsichtsbehörde Chinas die Restriktionen für Auslandsinvestitionen durch heimische Versicherungsgesellschaften.

Büroimmobilien im Core-Bereich

Auch in Taiwan gibt es politische Bestrebungen, die Restriktionen abzubauen, denen inländische Investoren unterworfen sind, wenn sie in ausländische Immobilien investieren möchten. Diese politische Liberalisierung führt dazu, dass vermehrt Kapital aus Asien nach Europa fließt. Institutionelle asiatische Investoren konzentrieren sich bei der Suche nach Investitionsmöglichkeiten vor allem auf Büroimmobilien im Core-Bereich. Da das Angebot in den jeweiligen heimischen Märkten strukturell jedoch sehr gering ist, fokussieren asiatische Investoren zunehmend auf (kontinental-) europäische Immobilienmärkte.

Bei Betrachtung der zehn größten Transaktionen asiatischer Investoren fällt auf, dass sich diese alle auf europäische Investmentzentren konzentrieren. London ist nicht nur der Standort mit den meisten Investitionen und dem höchsten Transaktionsvolumen, sondern erstes Anlageziel für die größten rein asiatischen Transaktionen. Bei der Betrachtung der Kapitalgruppen ist zu sehen, dass institutionelle Investoren über die Hälfte des Transaktionswertvolumens stellten (2014), wohingegen der Wert im Jahr 2007 noch bei 44 Prozent lag. Somit ist dieser Gruppe ein Bedeutungszuwachs zuzuschreiben. Die wohl prägnanteste Abnahme mit minus 26 Prozent hat der öffentliche Sektor zu verzeichnen.

Pensions- und Staatsfonds

Die Kapitalgruppe institutioneller Investoren besteht überwiegend aus Pensionsfonds und Staatsfonds aus China, Malaysia und Südkorea. Ebenfalls vertreten sind Versicherungen und Banken. Im öffentlichen Bereich sind bis auf eine Ausnahme nur Real Estate Operating Companies (REOC) aus Hongkong, Indien, Malaysia und Singapur vertreten. Ihr Anteil am europäischen Investitionsvolumen verringerte sich im Vergleich zu 2007 jedoch um 46 Prozent. Das gestiegene Volumen institutioneller asiatischer Investoren untermauert somit, dass diese generell risikoarme Anlagen bevorzugen. Auffällig ist vor allem auch der Anstieg privater Investoren, welcher um 700 Millionen Euro gegenüber 2007 zugenommen hat (+345 Prozent). Diese stammen vor allem aus Indien, Hongkong, China und Malaysia.

Stärkere sektorale Diversifizierung

„Während im Jahr 2013 in erster Linie Büroimmobilien in den sogenannten Gateway Cities im Fokus von asiatischen Investitionen standen, ist die geographische und sektorale Diversifizierung im Jahr 2014 deutlich breiter geworden“, bestätigt auch Georg Fichtinger, Head of Capital Markets bei CBRE Österreich.

Anteil der Top 5-Standorte geht zurück

London war 2014 mit einem Anteil von 17 Prozent immer noch das bevorzugte Ziel asiatischer Investoren, wobei Büroimmobilien die präferierte Assetklasse darstellten. Dahinter folgten Städte wie Tokyo mit 9 Prozent, Sydney mit 5 Prozent sowie Shanghai und New York mit jeweils 4 Prozent. Insgesamt sank der Anteil der Top 5-Standorte am gesamten Investitionsvolumen jedoch von 59 Prozent (2013) auf 39 Prozent (2014). „Daran ist erkennbar, dass asiatische Investoren ihren Fokus nicht mehr nur auf die Top-Standorte legen“, meint Fichtinger. „Städte wie Paris, Los Angeles, San Francisco und Washington werden zunehmend attraktiver.“

Asiatische Investoren in Europa 01

An der Spitze: China und Südkorea

Unter den zehn aktivsten asiatischen Investoren in Europa bilden China (Platz 1 und 2) sowie Südkorea (Platz 3 und 4) mit einem Transaktionsvolumen von jeweils weit über einer halben Milliarde Euro die Spitze. Auch hier dominieren wieder großvolumige Deals. Im Jahr 2014 ist Taiwan gleich zweimal vertreten. Blickt man beispielweise auf die Transaktionen aus dem Jahr 2010, so war lediglich eine Transaktion eines taiwanesischen Investors mit einem Volumen von 27 Millionen zu verzeichnen. Die Entwicklung verdeutlicht auch hier eine zunehmende Lockerung von aufsichtsrechtlichen Einschränkungen in verschiedenen asiatischen Ländern.

London bleibt das Ziel Nummer 1

Mittelfristig ist davon auszugehen, dass zahlreiche chinesische Investoren zunehmend in Europa investieren werden. Neben den bereits aktiven Investoren wie Reignwood Group, Ping An Insurance, China Life Insurance werden neue Markteintritte chinesischer Unternehmen erwartet. Primäres Investitionsziel neuer Investitionen wird dabei nach wie vor London bleiben, da der Großteil fungible Trophy-Core-Assets bevorzugt. Neben den institutionellen Investoren werden auch vermehrt Privatinvestoren und Real Estate Operating Companies (REOC) nach Europa strömen.

„Asiatische Investoren interessieren sich zunehmend für den europäischen Markt. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzt und Investoren mit ihrem Kapital in weitere europäische Städte vordringen und in ein breiter gelagertes Anlageportfolio investieren, das mehr und mehr Assetklassen umfasst“, so Fichtinger. Der CBRE-Experte ist sich sicher, dass auch Kapital aus Asien nach Österreich fließen wird. „Indirekt sind sie ja mit Morgan Stanley beim Millennium Tower schon heute mit dabei“, betont Fichtinger. Dass die Tickets für einen Einstieg in Österreich im Regelfall zu klein seien, verneint Fichtinger. „Asiatische Investoren sind auf der Suche nach großen Tickets. Im kleinen dreistelligen Millionenbereich sollten sie schon sein. Im Vorjahr waren das in Österreich immerhin 7 Trades. Ein DC-Tower oder Wien-Mitte wären sicher nach dem Geschmack asiatischer Investoren“.