Der Bürgermeister ist Baubehörde erster Instanz. Ein Unikum. Weg damit.

Wenn man sich das Gehabe und die Allmachtsphantasien so mancher Bürgermeister vor Augen führt, könnte man glauben, der Satz „Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist“, wäre von Ihnen gekommen.

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Wenn man sich das Gehabe und die Allmachtsphantasien so mancher Bürgermeister vor Augen führt, könnte man glauben, der Satz „Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist“, wäre von ihnen gekommen. Da wird – wenn es um den Wohnbau geht – blockiert, was das Zeug hält, gleichzeitig aber das Fehlen von leistbarem Wohnraum beklagt. Mittlerweile warten bei diversen Bauträgern Projekte mit insgesamt mehr als 16.700 Wohneinheiten im großvolumigen Wohnbau auf Realisierung, so eine aktuelle Studie von Kreutzer Fischer & Partner. Gut die Hälfte davon hat aus heutiger Sicht aber keinerlei Chance auf Umsetzung, da die zuständigen Gemeinden dezidiert keine Baubewilligung erteilen möchten. Zumeist scheitert es bereits an den notwendigen Flächenumwidmungen. Blockiert wird speziell gegenüber gewerblichen Bauträgern, unabhängig von der politischen Einfärbung der Ortsvorstände. So gibt es etwa im westlich von Wien gelegenen Breitenfurt mitten im Ort ein unbebautes Grundstück von rund 100.000 Quadratmeter (im Volksmund EVN-Wiese genannt), das seit Jahrzehnten als Bauerwartungsland gewidmet ist. Der Eigentümer möchte seit Jahren die Liegenschaft mit Wohnungen und Infrastruktureinrichtungen erschließen. Eine Baubewilligung wird vom Gemeindevorstand (ÖVP) allerdings nicht erteilt, weil der Koalitionspartner (SPÖ), speziell aber die Grünen neuen Einwohnern skeptisch gegenüberstehen. Ähnlich wird in Brunn am Gebirge argumentiert, einer traditionellen SPÖ-Gemeinde. Hier wird mehreren Bauträgern ihr Unternehmenszweck vereitelt. Flächenumwidmungen für Wohnbau werden kategorisch ausgeschlossen. In Baden harrt die Martinek-Kaserne wachgeküsst zu werden. Doch das war bisher wegen des großen Widerstandes des zerstrittenen Gemeinderates nicht möglich. Die mittlerweile aufgelöste SIVBEG hatte einen Kaufpreis von über 30 Millionen Euro festgelegt. Ein stolzer Preis, der sich nur dann rechtfertigen ließe, wenn ein Teil des Geländes für den Wohnbau umgewidmet worden wäre, was aber der Gemeinderat von vornherein ausschloss. In vielen Gemeinden rund um Wien steht man der Schaffung neuen Wohnraums einfach skeptisch gegenüber. Denn für die Kommunen geht ein Bevölkerungswachstum in der Regel mit dem Ausbau der Infrastruktur einher. Ein Zuzug junger Familien verlangt etwa mehr Kapazitäten in Kindergärten und Volksschulen. Und dafür fehlen vielerorts die finanziellen Mittel. Doch dies allein darf kein Grund sein, Widmungen und damit auch Bauvorhaben zu verhindern. Mit der Bauordnungsnovelle 2014 wurde mit dem städtebaulichen Vertrag auch für Wien ein Instrumentarium geschaffen, das die Gemeinde zum Abschluss privatrechtlicher Vereinbarungen mit Grundstückseigentümern berechtigt. Ziel der städtebaulichen Verträge ist es unter anderem die Grundeigentümer an den Infrastrukturkosten zu beteiligen, die durch die Umwidmung von deren Grundstück entstehen. Auf diese Weise können zum Beispiel die Kosten für einen notwendigen Kindergarten aufgeteilt werden. In Deutschland wird dieses Instrument erfolgreich eingesetzt. Warum also nicht auch bei uns? Aber warum greifen die Bürgermeister nicht auf dieses Instrument zu? Weil es vielleicht Arbeit bedeutet? Weil es vielleicht dann auch einmal darum geht, nicht nur populistische Maßnahmen zu setzen, sondern Verantwortung für die Gesellschaft und nicht nur für das unmittelbare Wahlvolk zu übernehmen. Können oder wollen die Bürgermeister diese Funktion nicht wahrnehmen? Dann kann es nur heißen: Der Bürgermeister ist Baubehörde erster Instanz. Ein Unikum. Weg damit.