Der Europa-Kredit

Mindestvolumen 50 Millionen Euro. Finanzierungen der Europäischen Investitionsbank (EIB) kommen den Kreditnehmern günstiger, doch nicht jeder hat Zugang.

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Mindestvolumen 50 Millionen Euro. Finanzierungen der Europäischen Investitionsbank (EIB) kommen den Kreditnehmern günstiger, doch nicht jeder hat Zugang.

Das von der EIB in Österreich finanzierte Projektvolumen betrug allein im Vorjahr 1,5 Milliarden Euro. Diese Zahl spricht für sich. Als verlängerter Arm des „Juncker-Pakets“ ist die EIB oft der Katalysator, den lange geplante Infrastrukturprojekte benötigen, um Realität zu werden. Nicht nur Projekte wie zum Beispiel die Erweiterung der A5 oder der Ausbau des Grazer Eisenbahnnetzes fallen in die Förderbereiche der EIB, auch Wohnbauinvestitionen sind Teil des Programms. Hierbei landet der größte Teil des Geldes in Stadterneuerungsprojekten oder in Projekten zur energetischen Sanierung. Dringend notwendige Investition, wenn man bedenkt, dass 70 Prozent des europäischen Energieverbrauchs auf die Städte entfällt.

Integrierte und nachhaltige Stadterneuerungsvorhaben werden im Rahmen von JESSICA (Joint European Support for Sustainable Investment in City Areas – Gemeinsame europäische Unterstützung für Investitionen zur nachhaltigen Stadtentwicklung) unterstützt. Dabei wird auf eine Reihe anspruchsvoller Finanzierungsinstrumente zurückgegriffen, darunter Kapitalbeteiligungen, Darlehen und Garantien, wodurch für die Verwendung von EU-Strukturfondsmitteln neue Möglichkeiten entstehen. Fehlt das Know-how, Klimapläne umzusetzen, unterstützt die EIB mit dem Finanzierungsinstrument ELENA (European Local Energy Assistance). Ein prestigeträchtiges Beispiel für so ein Projekt stellt die niederländische Gemeinde Pummerend dar. Die nordholländische Gemeinde entwickelte im Zuge eines ELENA-Vorhabens ein Fernwärmekonzept, welches durch die Kombination eines Biomassekraftwerks und die Nutzung von geothermischer Energie CO2 Emissionen in der Höhe von 100.000 Tonnen einsparen konnte. Auch in Paris wurde 2010 ein Projekt in Angriff genommen, dessen Ziel es ist, 300 Schulen im Raum Paris zu sanieren und dadurch den CO2 Ausstoß dieser Immobilien um 6.500 Tonnen zu senken. Die Schwierigkeit liegt allerdings darin, sein Projekt förderungswürdig zu bekommen, denn hierfür gilt es zahlreiche Hürden zu überwinden. Im Privatbereich greift hier das Programm PF4EE. Das Instrument für private Finanzierungen im Bereich Energieeffizienz (PF4EE-Instrument) wurde durch eine Vereinbarung zwischen der EIB und der Europäischen Kommission ins Leben gerufen. Ziel ist es, dem begrenzten Zugang zu angemessenen und bezahlbaren Krediten von Geschäftsbanken für Energieeffizienz-Projekte entgegenzuwirken.

Denkmalpflege kein Finanzierungsgrundbrunkhorst-martin

Die reine Denkmalpflege ist aus Sicht der EIB kein ausreichender Finanzierungsgrund. Für die Finanzierung des Erhalts von historischen Gebäuden durch die EIB ist zusätzlich erforderlich, dass die Maßnahme entweder im Rahmen einer energetischen Sanierung erfolgt, die die gesetzlichen Mindestanforderungen an den Sanierungsstandard erfüllt, oder dass der Sanierung des Objekts und dessen Nutzung eine vom Stadt- oder Gemeinderat verabschiedete Entwicklungsplanung zugrunde liegt.

Die EIB Finanzierungen erfolgen prinzipiell auf Darlehensbasis. Das bedeutet, dass die EIB vor der Darlehensvergabe davon überzeugt sein muss, dass der Darlehensnehmer zur Rückzahlung des Kredits in der Lage sein wird und das Projekt damit bankfähig ist. Als Darlehensnehmer kommen prinzipiell Gebietskörperschaften, öffentliche Unternehmen, private Unternehmen oder Zweckgesellschaften infrage.

Das größte Hindernis, das auch für die meisten kleineren Akteure unüberwindbar scheint, betrifft das benötigte Volumen des Projekts. „Wenn die EIB direkt finanzieren soll, müssen die Projekte eine Mindestgröße von rund 50 Millionen Euro haben“, stellt Martin Brunkhorst, Leiter des Wiener Büros der EIB, fest. Wird dieser Rahmen erreicht, kann die EIB bis zu 75 Prozent der Projektkosten über günstige Kredite direktfinanzieren. „In der Regel sind es aber 50 Prozent“, schraubt Brunkhorst zu hohe Erwartungen gleich zurück. Günstiger kommen die EIB-Kredite, weil die Bank keine Gewinne ausschüttet, keine Aufschläge verrechnet und sich als europäische Institution auch günstiger am Kapitalmarkt refinanzieren kann. Diese Kostenvorteile werden zum größten Teil an die Kreditnehmer weitergegeben.

Öffentliche und private Projekte, die unterhalb des für direkte EIB-Finanzierungen erforderlichen Mindestvolumens von rund 50 Millionen Euro liegen, finanziert die EIB aber in vielen Fällen indirekt über zwischengeschaltete Banken oder über Fondskonstruktionen (beispielsweise angesiedelt auf Landesebene, ähnlich wie die Wohnbaufonds der Länder).


Projektbeispiele

Städtische Infrastruktur Graz: 90 Millionen Euro Darlehen an die Stadt Graz zur Finanzierung eines städtischen Investitionsprogramms, u.a. für die Sanierung des denkmalgeschützten Eisstadion Liebenau.

Opernviertel Köln: 127 Millionen Euro Darlehen an die Stadt Köln zur Finanzierung der Sanierung des denkmalgeschützten Kulturforums (Oper, Schauspielhaus, Opernterrassen sowie Umgebungsgestaltung).

Stadtentwicklung Brandenburg: 220 Millionen Euro Darlehen an die Investitionsbank des Landes Brandenburg zur Finanzierung öffentlicher und privater Investitionen in Stadterneuerungsprojekte, u.a. für die Rekonstruktion des Potsdamer Stadtschlosses (Landtag Brandenburg).

Gasometer Wien: 44 Millionen Euro Darlehen zur Finanzierung der Gasometer Mall als Teil des Gasometer Komplexes.


The EIB often serves as a catalyst for the realisation of long-planned infrastructure projects, which can include the expansion of a motorway or rail network as well as investments in residential construction. Most of the financing for housing projects is focused on urban renovation or energy conservation.

From the EIB’s viewpoint, historical preservation alone does not provide sufficient grounds for financing. These projects must also be combined with energetic refurbishment to meet minimum legal standards or be integrated in a development plan approved by the city or municipal council.

EIB financing generally takes the form of a loan, whereby the projects must have a minimum volume of roughly 50 million Euros. However, the EIB also finances public and private projects below this threshold – in many cases, indirectly through intermediary banks or fund constructions (e.g. at the provincial level, similar to the provincial residential construction funds).

Quelle: Fotolia