„Der Kunde sieht sich wohnen“

Homestaging. Die Kunst besteht darin, die jeweiligen Vorzüge der Immobilie herausstreichen, meint Silvia Wimmer-Borzutzky, worksphere atmosphere.

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Homestaging. Die Kunst besteht darin, die jeweiligen Vorzüge der Immobilie herausstreichen, meint Silvia Wimmer-Borzutzky, worksphere atmosphere.

Wie professionell schätzen Sie den Markt für Homestaging in Österreich ein?

Silvia Wimmer-Borzutzky: Wenn man bedenkt, dass es alleine in Wien an die 750 Immobilienbüros und Makler und in etwa 200 Bauträger und Bauentwicklungsfirmen gibt, dann schätze ich den Immobilienmarkt als durchaus interessant ein. Zur Immobilienvermarktung mit Homestaging gibt es für Österreich meines Wissens jedoch keine offiziellen Zahlen wie z.B. für Deutschland. Dort hat der zuständige Fachverband, die „Deutsche Gesellschaft für Homestaging und Redesign”, kurz DGHR, sehr wohl Statistiken, die belegen, dass 85 Prozent der mit Homestaging vermarkteten Immobilien nach zwölf Wochen verkauft sind.

Setzen Makler schon generell auf diese Form der Immobilienpräsentation?

Das Interesse ist da und einige innovative Unternehmen haben die Vorteile bereits erkannt. Das erhalte ich als Rückmeldung von den Immobilienbüros. In allen Verkaufsbereichen – sei es zum Thema Mode, beim Autokauf und selbstverständlich bei Einrichtungshäusern – wird auf visuelle Eindrücke gesetzt. Nur bei Immobilien, die mit Sicherheit eines der teuersten Wirtschaftsgüter sind, wäre der Interessent auf seine eigene Vorstellungskraft und Kreativität angewiesen? Tatsache ist aber, dass sich 80 Prozent der Interessenten leere Räume eingerichtet nicht vorstellen können. Deshalb gab und gibt es ja seit geraumer Zeit schon beispielsweise von Bauträgern sogenannte Musterwohnungen. Homestaging ist nun ein neuer Begriff.

Merken Sie verstärkt Anfragen zu Homestaging?

Ich beschäftige mich seit drei Jahren intensiv mit dem Thema, obwohl ich schon seit 15 Jahren als selbständiger Einrichtungs-Coach tätig bin. Ich hatte Gelegenheit, sowohl in Deutschland als auch in den USA – dem „Heimatland“ des Homestagings, wo praktisch jedes Objekt „gestagt“ wird – professionelle Homestager bei ihrer Arbeit zu beobachten und zu begleiten. Natürlich sind wir in Österreich noch nicht so weit wie in diesen Ländern, aber mittlerweile fängt man hierzulande mit dem Begriff Homestaging schon etwas an.

Können Sie das Marktpotenzial quantifizieren? Oder anders gefragt: Was bringt eine repräsentabel hergerichtete Wohnung beim Verkauf?

Ganz klar sind Faktoren wie ein marktgerechter Angebotspreis und gute Verkaufsunterlagen ein „Must”. Gestagte Immobilien liefern auch gutes Fotomaterial und damit mehr und vor allem konkretere Interessenten. Traut man den Zahlen der DGHR, wird in mehr als 65 Prozent der Immobilienverkäufe der Angebotspreis genau erzielt oder sogar übertroffen. Ich traue mich jedoch nicht zu behaupten, dass man definitiv preislich mehr verlangen kann. Aber bedenken Sie: Wenn eine Immobilie beispielsweise schon ein Jahr am Markt ist und nicht „an den Mann“ gebracht werden konnte, dann ist sie praktisch „tot“. Denn jeder potenzielle Interessent denkt sich: Da hat’s was. Und das muss nicht sein.

Welchen Nutzen kann man von Homestaging erwarten?

Mit Leihmöbeln, Accessoires und Beleuchtung kann man die jeweiligen Vorzüge der Immobilie herausstreichen. Räume sehen größer aus, der Interessent kann das volle Potenzial auf einen Blick erkennen. Man muss folgende Situation erreichen: Wenn jemand in der Tür zum Schlafzimmer steht, dann sieht er, dass sich das 1,80 mal 2-Meter-Bett im Zimmer ausgeht und noch immer genug Platz ist. Der Makler braucht dann gar nichts mehr erklären, das gilt als wahrgenommen. Wir schaffen eine Atmosphäre, in der sich der Kunde wohnen sieht, aber auch noch Platz für eigene Ideen haben kann. Auf jeden Fall bleibt die gestagte Immobilie besser in Erinnerung und ermöglicht rascheren Kauf oder Mietentscheidung. Ich versuche auch gerne, immer wieder „Eye-Catcher“ in meine Dekorationen einzubauen, die in Erinnerung bleiben: Ich habe z.B. auffällige arabische Schuhe mit Goldstickereien vor ein Bett gestellt. Die Abgeberin erzählte mir damals, dass jeder über diese Schuhe gelacht hat, aber jeder hat sie auch toll gefunden. So etwas bleibt in Erinnerung. Wenn Sie sich z.B. 10 oder 15 Wohnungen anschauen in einem engen Zeitraum, dann müssen schon Akzente gesetzt werden.

[caption id="attachment_10199" align="alignleft" width="419"]© cityfoto © cityfoto[/caption]

Wie funktioniert bei Ihnen Homestaging?

Nach einer Besichtigung wird festgelegt, welches Erscheinungsbild die Immobilie bestmöglich darstellt. Aus unserem Repertoire an Möbeln, Teppichen, Lampen und Wohnaccessoires wird eine helle, freundliche, zeitlose und gut kombinierbare Einrichtung zusammengestellt. Für uns muss es auch leicht zu verpacken und gut zu transportieren sein. Oft gehören auch kleine Schönheitsarbeiten wie Garten machen oder kräftige Wandfarben übermalen dazu. Eine Reinigung des Objektes kann ebenfalls bei uns gebucht werden. Nach einer kurzen Vorlaufzeit sind mein Team und ich zirka ein bis zwei Tage vor Ort, um die Immobilie zu dekorieren und herzurichten. Danach kann der Verkauf beginnen. Die Mietdauer beträgt bis zu drei Monate, kann aber z.B. im Falle einer Musterwohnung auch verlängert werden. Falls Profi-Fotoaufnahmen oder Kurzvideos gewünscht sind, greifen wir auf unsere Partnerfirmen zurück.

Ist Homestaging eine Dienstleistung, die eher outgesourct wird oder macht man das als (großer) Maklerbetrieb selbst?

Jeder, der schon einmal übersiedelt ist, weiß, was für ein organisatorischer und persönlicher Aufwand es ist, ein neues Heim zu beziehen. Die Arbeit der Makler und die des Homestagers sind verschiedene Aufgabengebiete, die zwar Hand in Hand gehen, aber doch sehr unterschiedlichen Anforderungen entsprechen. Im Gegensatz zu den USA, wo Homestager oftmals mit Mietmöbelfirmen zusammenarbeiten, sind wir hier in Österreich auf unser eigenes Equipment angewiesen. Alleine dieser Aspekt, ein Lager zu bewirtschaften, Transporte, Montagen usw. zu organisieren und dann noch das Designkonzept umzusetzen, bedeutet für einen Maklerbetrieb einen enormen zusätzlichen Aufwand. Natürlich gibt es Makler, die machen Homestaging selber. Aber: Wenn ich mir eine Waschmaschine kaufe, kann ich sie benützen, aber noch lange nicht reparieren. Es ist einfach nicht fachmännisch.

Können Sie einen Kostenrahmen für Homestaging-Dienstleistungen beziffern? Wo liegen in der Kalkulation mögliche Probleme?

Ich habe mich im Gegensatz zu den meisten Anbietern entschieden, nicht mit einem Honorar mit den üblichen zwei bis drei Prozent des Verkaufspreises der Immobilie zu arbeiten. Ich meine, dass dies einerseits zu teuer, andererseits schwieriger zu budgetieren ist. Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Wenn eine Wohnung z.B. mit 500.000 Euro verkauft werden soll, sind drei Prozent 15.000 Euro. Neben einer Maklerprovision in ebensolcher Höhe wird das Honorar für den Homestager gegenüber dem Interessenten schwierig zu argumentieren sein. Darüber hinaus: Wenn Sie mit einem prozentuellen Honorar für die Homestaging-Dienstleistung kalkulieren, weiß ich letztendlich nicht, um welchen Preis die Wohnung wirklich verkauft wird. Der Makler bietet um 500.000 Euro an, tatsächlich verkauft er um 450.000 Euro – was gilt dann als Verkaufspreis? Da ist noch nicht einmal berücksichtigt, ob mir der Makler auch die tatsächliche Höhe des Verkaufspreises verrät. Ich biete für den Zeitraum von 3 Monaten sogenannte S, M, L & XL kalkulierte Pakete an, die ganz klar die Kosten definieren und monatlich verlängert werden können.

Wie viel kostet eine Homestaging-Leistung bei Ihnen?

Ab ca. 4.300 Euro für drei Monate sind Homestaging-Leistungen bei mir erhältlich. Zusatzleistungen wie Reinigung, Profifotos, Filmaufnahmen oder auch Getränkeservice werden extra verrechnet. Denn biete ich Getränkeservice an, muss hier nachgefüllt, abgewaschen usw. werden. Und wenn womöglich die halbe Mitarbeitermannschaft der Baufirma, die im Haus noch beschäftigt ist, zum Kaffeetrinken kommt, wäre das kostenmäßig Harakiri für mich, wenn ich hier eine Inklusivleistung anbieten würde. Aber eine Kaffeemaschine in der gestagten Wohnung ist eine tolle Sache: In unbewohnten Wohnungen stagniert ja die Energie. Wenn der Makler vor einer Besichtigung vor Ort ist, lüftet er, dreht das Licht auf und lässt eine Kapsel durch die Kaffeemaschine laufen…so ein Kaffeeduft erzeugt ein gutes Gefühl.

Kann man beim Homestaging auch Fehler machen? 

Beim Homestaging geht es nicht darum, Mängel wie z.B. Schimmel oder Wasserschäden zu überdecken. Das ist ein echtes No-Go, wird auch von uns nicht durchgeführt. Wenn eine Wohnung in solch einem schlechten Zustand ist, dann nützt das beste Homestaging nichts.

Wie unterscheiden Sie sich vom Mitbewerb? Wie würden Sie Ihren USP beschreiben?

Ich habe klare und transparente Kalkulationen, der Kunde weiß bei mir Bescheid, was wieviel kostet. Ich komme auch ursprünglich aus der Büromöbel/Einrichtungsbranche, wo ich auch Großkunden betreut habe. Meine fachliche Kombination aus Einrichtungs-Coaching und Homestaging ist sicherlich ein Vorteil für meine Kunden. Denn die Kreativität, ein Einrichtungskonzept zu entwickeln, ist heutzutage zu wenig. Die Idee muss auch „verkauft“ und umgesetzt werden. Da bin ich sicher in einer Nische.