Die besten Köpfe

Hin und wieder taucht er noch in den Medien auf: der Kampf um die besten Köpfe. Dass es für die Unternehmen in einer wissensbasierten Wirtschaft essentiell ist, die Arbeitskräfte mit der höchsten Kreativität, der stärksten Motivation und der besten Ausbildung zu rekrutieren, ist eigentlich eine ökonomische Binsenweisheit.

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Hin und wieder taucht er noch in den Medien auf: der Kampf um die besten Köpfe. Dass es für die Unternehmen in einer wissensbasierten Wirtschaft essentiell ist, die Arbeitskräfte mit der höchsten Kreativität, der stärksten Motivation und der besten Ausbildung zu rekrutieren, ist eigentlich eine ökonomische Binsenweisheit. Innovation und Wissen sind die Engpassfaktoren unseres Wirtschaftssystems und diese stecken nun mal in den Köpfen der Menschen. Aber, in den Köpfen welcher Menschen?

Schaut man auf die aktuelle politische Diskussion und in die Medien, dann muss man den Eindruck gewinnen, das können nur Menschen sein, die einen österreichischen Reisepass in der Schublade liegen haben. Alle anderen werden zunehmend skeptisch betrachtet. Nach der Abstimmung in Großbritannien glauben manche Politiker sogar, auch die Bürger anderer EU-Staaten irgendwie daran hindern zu müssen, ins Land zu kommen und hier aktiv zu werden. Die europäischen Verträge und ihre Grundfreiheiten werden da schnell mit einem „Darüber wird man auch reden müssen“ vom Tisch gefegt. Die meisten Parteien engagieren sich in einem Wettbewerb, wem wohl die höheren Barrieren für die anderen einfallen und wer die, die schon hier sind, am effektivsten wieder raus bringt. Der anlaufende Wahlkampf lässt nichts Gutes erwarten.

In den USA haben sich nach der Wahl von Trump wenigstens einige Technologieunternehmen gemeldet und gegen pauschale Ausgrenzungen gewettert. Wir brauchen die besten Köpfe, egal welche Religion, Hautfarbe oder Nationalität sie haben, haben die Unternehmer gemeint. Bei uns war das schon lange nicht mehr zu hören. Haben sie es nicht gesagt oder sind sie nur bei der allgemeinen Stimmungslage nicht durchgedrungen? Dass unsere Topmanager das anders sehen, ist schwer vorstellbar.

Was diese Argumente mit „Wissenschaft“ zu tun haben, fragen Sie sich? Ganz einfach: Erstens zählt es zu den grundlegendsten Erkenntnissen der Ökonomie, dass man die besten Köpfe braucht, um das beste Ergebnis erreichen zu können. Und zweitens beeinflusst diese zunehmende Feindlichkeit den anderen gegenüber auch unsere tägliche Arbeit.

An der WU betreiben wir einige englischsprachige Masterprogramme, die sich organisatorisch von den anderen dadurch unterscheiden, dass wir bei der Aufnahme von Studierenden selektieren dürfen und das auch tun. Bei dem Programm „Socio-Ecological Economics and Policy“ (SEEP), in dem ich involviert bin, können wir aus gut 200 BewerberInnen 60 auswählen. Und das nehmen wir sehr ernst mit umfangreichen Bewerbungsunterlagen, ausführlichen Skype-Interviews und langen Sitzungen. Die BewerberInnen kommen aus aller Welt: aus den USA und Brasilien bis Ostasien und Australien.

Manche der Bewerbungen „blow us away“, wie es im Englischen heißt. Das Ausmaß an Engagement, Erfahrung, Motivation und akkumulierten Kenntnissen ist manchmal so groß, dass es uns sprachlos zurücklässt. Diese, von uns als „Star-SEEPer“ klassifizierten, Personen sind die besten Köpfe unserer Branche. Die wollen wir unbedingt im Programm haben. Leider kommen dann doch nicht alle. Meistens deshalb, weil ihr Visumsantrag nicht rechtzeitig behandelt wird. Tendenz steigend. Im letzten Jahr haben wir etwa zehn Personen auf diese Art verloren.

Außerhalb der Universitäten ist es wahrscheinlich nicht viel anders. Wir brauchen die besten Köpfe. Aber solange wir uns vor den anderen pauschal fürchten und die Politik dazu treiben, sie so gut wie möglich aus dem Land draußen zu halten, wird es uns nicht gelingen, diese auch zu bekommen. Den Schaden haben wir alle.