Positionen & Meinungen Die Zeiten ändern sich auch ohne Dich

Ein Kommentar von Frank Brün, Managing Partner bei Phorus Management und Gründungsvorsitzender der AREAMA - Austrian Real Estate Asset Management Association

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Die Zeiten ändern sich auch ohne Dich

Autos und ihre Fahrer sind für Klischees immer gut. Wer kannte früher nicht die Mercedes-Fahrer, oft mit Hut und Mantel, dauerhaft auf der linken Spur fahrend – die aus Deutschland sogar mit gehäkeltem Klorollenüberzug in der Heckablage (ist aber wirklich schon länger her). Oder die 3er-BMW-Fahrer, häufig vom Land gemäß der Erkenntnis: breite Reifen – schmal denken. Ihr natürliches Habitat ist die Landstraße, immer wieder an der hinteren Stoßstange des Vordermanns klebend. Diese wurden mittlerweile von Tesla-Fahrern abgelöst: super ökologisch und zackig unterwegs, das wanky Handy in der Hand, Augen nicht wo sie hingehören und im Stadtverkehr immer für ein Rennen zwischen den Ampeln zu haben. Ganz zu schweigen von den in Wien immer häufiger aufscheinenden SUVs aus ehemaligen Sowjet-Republiken, meist fabrikneu, vulgär adipös mit Monsterkühlern und Lenkern im besten wehrfähigen Alter, die einem gerne zeigen, wie man so nice an der Ampel auf Lock einen wegbeschleunigt.

Kurz vor Corona, also wieder nicht ganz so lange her, tauchte zum ersten Mal der Begriff „Flugscham“ auf und machte schnell die Runde. Menschen, sich des Problems des Klimawandels und dessen Gefahren durchaus bewusst, flogen heimlich einfach weiter und nicht einmal der schmerzhaft juckende Reiz eines Selfie-Posts mit der roten Austrian-Schokolade beim Landeanflug in der Hand konnte die Scham überwinden. Die umweltfreundlichere Alternative dazu heißt mittlerweile „Zugstolz“: beispielsweise mal so richtig gepflegt im Rail Jet zur ExpoReal nach München gleiten. Dabei der Gemeinde auf LinkedIn mit epischen Texten und authentischem Beweisfoto ausführlich berichten, warum das nun das einzig wahre Maß der Dinge sei und was einen letztendlich dazu bekehrt hat. Während der Fahrt dann ein Bericht auf Insta an die private Fan-Crowd über die vielen weißen Spritzer, die g‘schmackigen Leberkässemmerln und die lieben Kollegen, live aus dem Bordrestaurant.

Auf der Immobilienmesse in München angekommen, ging es wieder hoch her. Während die deutschen Kollegen, bescheiden wie sie nun mal sind, schon länger kleinere Brötchen backen, deuteten die hiesigen Marktteilnehmer ab dem zweiten weißen Spritzer, so gegen späten Mittag, geheimnisvoll an, wie leiwand groß ihre Semmeln schon in den nächsten Wochen werden können würden. Ein paar Spritzer später hätte ein aufmerksamer Zuhörer schon den Eindruck haben können, dass die eine oder andere zu verwendende Zutat für die Supersemmel noch nicht ganz gefunden sei, und, geschweige denn, wenn überhaupt, verfügbar sein würde. Wiederum noch ein paar mehr Spritzer später konnte man heraushören, dass der Backofen – auch beim besten Willen – immer noch nicht so richtig heiß genug werden will.

Zurück in Wien wird es im Oktober endlich wieder Herbst: Schon die ersten Lebkuchen wurden beim Hofer gesichtet, die Laubbläser kehren aus dem Süden nach Ostösterreich zurück und Forscher haben herausgefunden, dass Menschen, die freitags früher mit der Arbeit aufhören, mehr vom Wochenende haben. O tempora, o mores!

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