Positionen & Meinungen Drive-up-Garagenparks: Eine neue Assetklasse auf dem Vormarsch

Interview mit Daniel T. Borger, Inhaber der Daniel T. Borger Real Estate Advisory Services.

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Drive-up-Garagenparks: Eine neue Assetklasse auf dem Vormarsch

Sie haben kürzlich ein White Paper zu Drive-up-Garagenparks veröffentlicht. Unter Garagenparks im landläufigen Sinn versteht man Parkgaragen. Bei Ihrem White Paper geht es allerdings um Lagergaragen. Was ist der Unterschied?

Parkgaragen dienen der Unterbringung von Kraftfahrzeugen und befinden sich überwiegend in Wohngebieten. Drive-up-Garagenparks sind ein Segment der Self Storage-Branche und bieten dagegen übergroße Lagergaragen – das tägliche Parken von Kraftfahrzeugen spielt hier nur eine untergeordnete Rolle. Die Objekte liegen meist in stadtnahen Gewerbegebieten und sind über Autobahnen und Bundesstraßen gut erreichbar. Man kann bequem vor oder in die Garageneinheiten fahren – daher „Drive-up“ im Fachjargon. Die Anlagen sind in der Regel videoüberwacht, eingezäunt und über automatische Tore nur für die Mieter und Nutzer zugänglich – rund um die Uhr. Die Größe liegt in der Regel zwischen 18 und 40 Quadratmetern mit einer Durchschnittsfläche von etwa 30 Quadratmetern.

Wie muss man sich solche Lagergaragen konkret vorstellen?

In ihrer Grundkonstruktion hat die Mehrzahl der Garagen eine Bruttofläche von 28 Quadratmetern – 3,5 Meter breit mal 8 Meter lang –, bedeckt von einem Pult- oder Satteldach und mit einer Innenhöhe von 4 bis 5,5 Metern. Aufgrund der Höhe gewährleisten die Einheiten neben herkömmlichen Stauraumartikeln auch die Unterbringung von Wohnmobilen und anderen Großfahrzeugen. Die einzelnen Einheiten lassen sich modular zu weiteren Größen von 56 oder 112 Quadratmetern kombinieren. Dank der Höhe kann im hinteren Teil der Garagen meist eine Hochbühne eingebaut werden. Bedeutsam in Verbindung mit dem großen Platzangebot ist zudem die Möglichkeit, die Garageneinheiten direkt anzufahren und somit bequem und zügig ohne jegliches Umladen, das heißt unter Ausschluss weiterführender Transportwege, zusätzlicher Eingangsportale oder Aufzugs- und Treppenanlagen, nutzen zu können.

Wie viele Einheiten sind bei einem Garagenpark üblich?

Drive-up-Garagenparks erstrecken sich überwiegend von 20 bis 100 Einheiten mit einem Mittelwert von 76 Garagen, wobei es jedoch unter den größeren Betreibern vereinzelt Anlagen mit mehreren Hundert Einheiten gibt. Hier war die Schallgrenze jahrelang rund 300 Garageneinheiten – allerdings wurden 2021 in Deutschland zwei Garagenparks mit annähernd 500 Einheiten erstellt und damit erstmals eine Größenordnung erreicht, die bisher meist nur in den USA anzutreffen ist.

Wer ist die Zielgruppe solcher Lagergaragen?

Privatleute, die zum Beispiel wertvolle Sammler- und Freizeitfahrzeuge lagern wollen, sowie Kleingewerbetreibende. Allein der Zuwachs von über 70.000 neu zugelassenen Wohnmobilen pro Jahr will irgendwo untergebracht sein, denn die öffentlichen Straßen, auf denen sie sich gern breit machen, reichen in vielen Städten und Ortschaften nicht mehr aus. Und auch sonst wächst der Bedarf an großvolumigen Lagerflächen für Arbeitsmaschinen, Ausrüstung und Baumaterialien oder den Warenumschlag von Start-ups, Online-Händlern und kleineren Handwerksbetrieben. Und im privaten Bereich genauso mit Sportgeräten, überschüssigem Hausrat oder was auch immer nicht täglich gebraucht wird oder aufbewahrt werden soll. Platz ist Mangelware – insbesondere bei größeren Dingen in Büro und Haushalt – und so wird kräftig ausgelagert. Neudeutsch: „Self Storage“, das heißt selbst einlagern – eine Wachstumsbranche weltweit.

Warum glauben Sie, dass es sich um eine Wachstumsbranche handelt?

Self Storage steht für eine Geschäftsidee, die vor über 50 Jahren in den USA ihre Anfänge hauptsächlich mit der Vermietung von Garagen als Lagerraum nahm. Über lange Zeit wurde die plötzliche Not für Extra-Platzbedarf zur Unterbringung von überwiegend Hausrat bestimmt, ausgelöst von lebensverändernden Ereignissen wie Scheidungs- und Sterbefällen, Ortswechseln oder der Verkleinerung der Wohnverhältnisse. Mittlerweile treiben zusätzlich die fortschreitende Migration und Urbanisierung, steigende Mobilität sowie sich verändernde Lebensstrukturen und Geschäftsmodelle eine ständig wachsende Nachfrage für externe Platzlösungen an. Weil beispielsweise Dachböden heute bevorzugter Wohnraum sind und Keller aus Kostengründen eingespart werden, braucht es verstärkt spezielle Konzepte, um den Bedürfnissen für die Aufbewahrung der scheinbar unendlichen Anschaffungen unserer Konsumgesellschaft gerecht zu werden. Entstanden ist ein Wettbewerb um Lebensraum zwischen Mensch und Sachen, der die Self Storage-Branche weltweit beflügelt.

Sind Lagergaragen auch für Kapitalanleger interessant?

In zunehmendem Maße haben Projektentwickler den Bau von Garagenparks als neue Objektklasse für ihr Geschäft entdeckt, denn Großgaragen sind mittlerweile auch bei Kapitalanlegern beliebt, da sie aufgrund des Mangels in der Regel zügig vermietet sind. Der Verkauf der einzelnen Garagen erfolgt als Teileigentum. Der Umfang beträgt um die zehn Garagenparks pro Jahr – dies entspricht überschlägig etwa 500 bis 1.000 Garageneinheiten und reflektiert einen durchschnittlichen Marktanteil von rund 15 Prozent. Die avisierten Nettorenditen aus der Vermietung betragen vier bis fünf Prozent p.a. Dazu bieten Garagen eine höhere steuerliche Afa.

Darüber hinaus lässt sich erstmals Interesse von größeren Investmentgesellschaften feststellen. Das enorme Wachstums- und Verdichtungspotential lockt vor allem angelsächsische Kapitalanlagegesellschaften für Garagenpark-Investitionen an, denen das Drive-up-Lagergeschäft aus ihren Heimatländern bestens bekannt ist.

Wie schneiden Garagenparks bei der fortlaufenden Vermietung ab? Wie krisenfest ist ein Investment?

Garagenparks weisen nahezu keine Fluktuationsleerstände auf, da die ständig begrenzte Verfügbarkeit von Großgaragen eine nahtlose Anschlussvermietung ermöglicht und gewöhnlich von Wartelisten erfolgt. Self Storage gilt zudem als stabil und krisenfest. Der Geschäftszweig hat seine Widerstandsfähigkeit während der Corona-Pandemie ebenso unter Beweis gestellt wie bereits zu Zeiten der globalen Finanzkrise. Mehr noch, die Branche verzeichnete auch während solcher Konjunkturflauten einen Anstieg der Belegungsquoten, der Mietpreisniveaus und der Jahresumsätze.

Stichwort Nachhaltigkeit: Wie schneiden Lagergaragen hier ab?

Der Betrieb von Garagenparks nimmt beim Klimaschutz eine führende Stellung ein. Da sie weder eine Gebäudeinfrastruktur noch großartige Haustechnik (außer Strom) aufweisen, kein festes Personal vor Ort benötigen und keinen Wasserverbrauch oder Abfall verursachen, ist der CO2-Fußabdruck minimal. Viele Garagenparks sind mit Photovoltaikanlagen auf den Dächern ausgestattet und sorgen so für eine saubere Stromerzeugung. Anders als die meisten herkömmlichen Gebäude erzeugt Self Storage kein hohes Verkehrsaufkommen. Studien belegen, dass 75 Prozent der Nutzer ihre Self Storage-Einheit maximal einmal im Monat und 20 Prozent weniger als dreimal im Jahr besuchen – bei überwiegend kurzen Anfahrtszeiten von 10 bis 20 Minuten. Nur wenige der Nutzer beziehungsweise Mieter beheizen ihre Einheiten. Darüber hinaus werden die Garagenparks zunehmend digitalisiert mit dem Ziel, den Vermietungsprozess schlüsselfrei ohne persönliche Übergaben zu gestalten.

Wie steht es um die Nachhaltigkeit bei der Erstellung von Garagenparks?

Im Vergleich zu konventionellen Gebäudestrukturen schneiden Garagenparks aufgrund ihrer simplen Konstruktion sowie der Verwendung von Stahl als Hauptbauelement der Garageneinheiten deutlich besser ab. Stahl ist ein äußerst wirtschaftliches, langlebiges sowie pflegeleichtes Baumaterial und zu 100 Prozent ohne Qualitätsverlust wiederverwertbar, wodurch bei der Herstellung der CO2-Ausstoß um ein Drittel verringert wird. Vorgefertigter Stahl für die Erstellung vereinfacht die Transportwege und verkürzt die Bauzeit, da die Hauptbauteile zugeschnitten und montagebereit auf der Baustelle ohne einen langwierigen und energieintensiven Einsatz von Baumaschinen verarbeitet werden. Und sollte eine Nutzungsänderung anstehen, lassen sich die Anlagen zügig, günstig und vollständig rückbauen.

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von Wolfgang Fessl 5 Minuten Lesezeit