Drum prüfe, wer sich ewig bindet

Wo viel Licht ist, ist auch Schatten. Wer sein Kapital in Immobilien steckt, kann damit seinen Lebensabend absichern oder den Grundstein für ein Vermögen schaffen. Doch das Investment muss gut überlegt sein – ansonsten wird das Betongold zur Betonfalle.

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Wo viel Licht ist, ist auch Schatten. Wer sein Kapital in Immobilien steckt, kann damit seinen Lebensabend absichern oder den Grundstein für ein Vermögen schaffen. Doch das Investment muss gut überlegt sein – ansonsten wird das Betongold zur Betonfalle.

Geld günstig bei der Bank geliehen, Immobilien gekauft, Mieterträge kassiert, teurer verkauft: Nach diesem Modell sind nicht nur Donald Trump oder René Benko zu Milliardären geworden. Und fast kein Immobilienmarkt erscheint derzeit so attraktiv, wie derjenige vor der Haustür. Egal ob man die Zahlen von Immobilienplattformen wie FindMyHome und RE/MAX, des Fachverbands der Immobilientreuhänder der WKO oder der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) ansieht: Überall sind seit Jahren kontinuierliche Preissteigerungen erkennbar. Dabei geht der Aufwärtstrend quer durch den Markt und ungeachtet der Assetklasse. Ob Wohnung in Wien, Fachmarktzentrum in Oberösterreich oder Baugrund in Vorarlberg: Alles ist in den vergangenen Jahren deutlich teurer geworden. Und auch Immobilien in Wertpapierform wie die Aktien der Wiener Immo-AGs oder die Anteilsscheine der offenen Immobilienfonds weisen eine attraktive Entwicklung auf.

Kleinen Rendite - hohes Wertwachstum

„Ein Investment in Immobilien ist in jedem Fall sinnvoll“, sagt Bernd Gabel-Hlawa, Gründer und Geschäftsführer von FindMyHome.at. „Die Zinsen sind niedrig und neben einer kleinen Rendite hat man bei Immobilien ein sehr hohes Wertwachstum.“ Vor allem auf dem Wiener Immobilienmarkt ist die Wertentwicklung ansehnlich, sagt Gabel-Hlawa: Wer eine Wohnung zwecks Vermietung gekauft hat, konnte neben der laufenden Rendite auch schöne Preissteigerungen sehen. „So lag das Wertwachstum binnen zehn Jahren im zweiten Bezirk in Wien bei 44 Prozent und in Margareten bei 37 Prozent. Dabei ist die Rendite zwar gesunken, sie ist aber mit durchschnittlich 2,7 Prozent immerhin noch vorhanden.“ Allerdings gilt auch am Immobilienmarkt die Devise „Wertentwicklungen der Vergangenheit stellen keine Prognose für künftige Entwicklungen dar.“

Jede einzelne Immobilien-Assetklasse neben Chancen auch Risiken aufzuweisen. Daher ist es besonders wichtig, sich diese vor einem Investment genau vor Augen zu führen (siehe Checkliste Assetklassen). Am besten ist es, die persönlichen Präferenzen bezüglich Rendite, Risiko und Liquidität (siehe Kasten) genau zu eruieren und das gewünschte Immobilieninvestment zu prüfen, ob und wie es diese erfüllt – idealerweise in Verbindung mit einer Fachberatung.

Direkt oder indirekt

Am Anfang steht auf jeden Fall die Entscheidung, ob das Investment direkt (also mit Eintragung ins Grundbuch) oder indirekt (also über Wertpapiere) erfolgen soll. Bei Immobilienwertpapieren gilt die Devise, dass sie eher Wertpapiere als Immobilien sind. So ist etwa eine Anleihe eines Immobilienentwicklers in erster Linie eine Anleihe – geht das Unternehmen pleite, schnappt sich das Immobilienvermögen die Bank und den Anleihegläubigern bleibt nur die Hoffnung, aus der restlichen Konkursmasse entschädigt zu werden.

Grundbuch gibt Sicherheit

Ein direktes Investment bietet demgegenüber immer die Sicherheit des Grundbuchs. Doch wichtig ist zunächst, wer im Grundbuch steht. Ist es eine Gesellschaft, an der man als Anleger beteiligt ist, ist man in erster Linie Unternehmer und erst danach Immobilienbesitzer – mit allen Konsequenzen, die dieser Umstand mit sich bringt. Steht man direkt im Grundbuch, ist es wichtig, wer die Miteigentümer der Liegenschaft sind. Als Vorsorgewohnungskäufer etwa ist man Minderheitseigentümer und kann daher Nachteile bekommen, wenn es einen Mehrheitseigentümer gibt, der einen bei Entscheidungen übergeht.

Auch die Höhe des investierten Betrags ist bei vielen Anlageklassen entscheidend. So ist der Einstieg in die lukrative Welt der Gewerbeimmobilien wie Bürohäuser, Hotels oder Geschäftsflächen direkt erst ab sechsstelligen Anlagesummen möglich, indirekt aber über jede Immo-Aktie mit einem entsprechenden Portfolio. Wer eine direkte Beteiligung über ein Bauherrenmodell oder einen Anteil an einem kleinen Immobilienentwickler anstrebt, braucht jedoch mindestens 100.000 Euro Startkapital. Die Entwicklung von Gewerbeimmobilien wie Ferienhotels, Fachmarkt- oder Ärztezentren, aber auch die Sanierung eines Zinshauses ist damit betuchten Anlegern vorbehalten.

Wichtig ist auch das Thema Laufzeit

Täglich handelbar sind nur Immo-Aktien und Fonds, ein direktes Investment hat – ob Vorsorgewohnung oder Zinshaus – immer einen Anlagehorizont von zehn Jahren und mehr. Auch wenn es einen Zweitmarkt gibt, ist der Ausstieg meistens schon aus steuerlichen Gründen nicht zu empfehlen. Durch die lange Laufzeit sind daher auch politische Risiken ein Thema. Enteignet wird man in Österreich nur in Ausnahmefällen, etwa wenn eine Autobahn durch das als Investment gekaufte Grundstück geführt werden soll. Doch auch Änderungen der steuerlichen Rahmenbedingungen können verheerende Auswirkungen haben – etwa bei Spezialimmobilien wie einer über AirBnB angebotenen Anlagewohnung oder einem Studentenwohnheim. Auch die Aussetzung der Indexierung der Mieten oder ein Eingriff in das Mietrecht und damit in bestehende Mietverträge kann Probleme mit sich bringen.

Deutliche Preissteigerungen

„Die lang anhaltende Niedrigzinsphase der letzten Jahre hat bei Immobilien, vor allem in Österreich und Deutschland, zu deutlichen Preissteigerungen geführt“, sagt Wolfgang Habermayer, CEO merito Financial Solutions GmbH. „Die aktuell geringen Mietrenditen mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen bieten aber nur noch wenig Potenzial für weitere Preissteigerungen.“ Auch bei den an der Wiener Börse notierten Immo-Aktien sieht Habermayer, der als langjähriger Investmentbanker die Branche sehr gut kennt, angesichts der aktuellen Bewertungen wenig Phantasie für Preissteigerungen. Zur Vorsicht mahnt auch die Salzburger Schoellerbank, die in mehreren Analysebriefen die möglichen Risiken von Immobilieninvestments unter die Lupe genommen hat. Das Fazit: „Das ersehnte Ruhekissen ohne Dornen sind Immobilien keinesfalls“, sagt Werner Obenaus vom Wealth Advisory der Schoellerbank: „Immobilien sind ein wichtiger Bestandteil einer breiten Vermögensdiversifizierung. Auf alle Fälle bedarf es aber viel Zeit, Engagement und Erfahrung, um aus Mieteinkünften ein kontinuierliches Zusatzeinkommen für den Ruhestand zu schaffen.“ Weise Worte, die es für hoffnungsvolle Immobilienanleger zu beachten gilt.


Vier Wände im Dreieck

Welches Immobilieninvestment ist für mich das Richtige? Um diese Frage zu beantworten, hat sich das „Dreieck der Kapitalanlage“ bewährt: Man bildet ein imaginäres Dreieck, dessen Eckpunkte die Faktoren Rendite, Risiko und Liquidität bilden, und platziert das ausgewählte Anlageprodukt darin. Wichtig ist zu beachten, dass sich die drei Eckpunkte niemals gleichzeitig perfekt abdecken lassen: Die ideale Anlage mit hoher Rendite, niedrigem Risiko und höchster Liquidität gibt es nur im Märchen. In der Realität muss man, wenn man zwei Punkte bestens erfüllt haben will, beim dritten Eckpunkt Abstriche hinnehmen. Zwei Beispiele: Eine Vorsorgewohnung bietet eine attraktive Rendite bei niedrigem Risiko, ist dafür aber alles andere als liquide – ein Ausstieg aus dem Investment ist erst nach Monaten möglich. Wer Liquidität und attraktive Renditechancen verknüpfen möchte, kann beispielsweise eine Immo-Aktie wählen – dort ist dafür allerdings der Faktor Risiko um einiges höher, als man es vielleicht im Idealfall gerne hätte.