Ein lebendiges Symbol

Der Friedenspalast in Den Haag ist heute Arbeitsstätte, Denkmal und Touristenmagnet. Eine seiner Hauptaufgaben besteht darin, so sieht es auch die Carnegie Stiftung, seine Geschichte zu erzählen.

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Der Friedenspalast in Den Haag ist heute Arbeitsstätte, Denkmal und Touristenmagnet.  Eine seiner Hauptaufgaben besteht darin, so sieht es auch die Carnegie Stiftung, seine Geschichte zu erzählen.

Am 28. August 1913 gab es einen guten Grund für feierliche Stimmung. Sechs Jahre nach Baubeginn wurde der Friedenspalast in Den Haag feierlich eröffnet. Schon damals, am Vorabend des Ersten Weltkriegs, war er ein Symbol der sich etablierenden Friedensbewegung. Bei der Eröffnung des roten Backsteinbaus waren deshalb auch der US-amerikanische Unternehmer und Mäzen Andrew Carnegie sowie die holländische Königsfamilie anwesend.

Friede war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts keine Selbstverständlichkeit. Die europäischen Länder investierten in diesen Zeiten massiv in den Aufbau ihrer Armeen. Die modernen – industriellen - Zeiten zeigten ihr hässliches Gesicht in den riesigen Waffenlagern, die einzig auf Vernichtung abzielten. Vor diesem Hintergrund keimte eine Friedensbewegung in Europa und Amerika. Hunderte Friedensorganisationen wurden gegründet und inspirierten in weiterer Folge europäische Schriftsteller und Intellektuelle. Der Traum vom Weltfrieden gipfelte in den Den Haager Friedenskonferenzen 1899 und 1907. Die Experten sprachen sich für die Regulierung des Rüstungswettlaufs und die Beilegung von internationalen Streitigkeiten durch Mediation und Schiedsverfahren aus.

Zerbrechlicher Friede

Doch die Euphorie wurde von der historischen Realität eingeholt. 1914, ein Jahr nach der feierlichen Eröffnung des Friedenspalasts, brach der Erste Weltkrieg in Europa aus. Das Bauwerk blieb verschont und ist heute noch Zeichen dieser Geschichte. Immerhin hatten zur Innenausstattung Länder aus der ganzen Welt beigetragen. Aus Italien kam der Marmor für Flure und die prächtige Foyertreppe. Brasilien und USA steuerten Holz für die Wandtäfelungen bei. Die geschmiedeten Zäune stammen aus Deutschland.

Aber auch außen mischen sich vielfältige Einflüsse. Architekt Lous M. Cordonnier verwirklicht im Palast einen arkardenreichen Stil. Klassizistische und gotische Elemente wurden eingebaut. Die Fenster im Erdgeschoss und die Kacheln der Wände stammen aus Delft. Manche Kritiker meinen, diese Anhäufung wirke eklektisch, ja fast willkürlich. Dieser Eindruck mag entstehen, wenn man auf die monumentale, byzantinisch anmutende Eingangshalle blickt. Hier mischt sich mit wertvollen Elementen wie dem goldenen Kronleuchter, rossettenverzierten Boden und weißer Marmortreppe. Vielfalt wurde hier zu einer Einheit verschmolzen.

Standhaftes Symbol der Völkervielfalt

Heute noch ist diese weltweite Vielfalt Hauptthema des Palastes. Das Gebäude beherbergt den Sitz des Internationalen Gerichtshofs, des Ständigen Schiedshofes, der Haager Akademie für Völkerrecht und eine bedeutsame Bibliothek für Völkerrecht. Im Besucherzentrum befindet sich eine permanente Ausstellung über die Geschichte der Friedensbewegung und der im Palast tätigen Institutionen. „In den letzten hundert Jahren ist der Friedenspalast weltweit zum Symbol für Frieden und Gerechtigkeit geworden“ weiß Jacobine Wieringa, Koordinatorin der Kunstsammlung und der Archive der Carnegie Stiftung. Sie entwickelte das Europäische Welterbe Label mit und begleitete die Umsetzung diese Auszeichnung für den Friedenspalast in Den Haag.

„In einer Welt, wo kriegerische Auseinandersetzungen an der Tagesordnung stehen, ist es wichtig jedem bewusst zu machen, dass Konflikte friedlich gelöst werden können.“

Historische Gebäude wie diese, erfüllen wichtige Rolle. „Der Friedenspalast ist zweifelsfrei ein Erbe. Und Erbe bedeutet den Blick zurück in die Vergangenheit zu wagen und die Wurzeln freizulegen.“ Darauf hinzuweisen ist angesichts der politischen Weltlage wichtiger denn je, denn das Konzept Europa ist auf dem Fundament des friedlichen Zusammenlebens gebaut. Und soll es auch bleiben.


DAS EUROPEAN HERTIAGE LABEL

Auf Initiative mehrerer nationaler Regierungen wurde 2011 das Europäische Heritage Label gegründet. Die Marke steht für das heutige Europa, seine Werte und seine Geschichte. Sehenswürdigkeiten mit dieser Auszeichnung erhalten keine finanzielle Unterstützung, werden aber in ihrer Kommunikation von der EU unterstützt. Zusätzlich erhalten sie die Möglichkeit am Netzwerk teilzunehmen und Erfahrungen auszutauschen.

Seit 2013 werden Jahr für Jahr Sehenswürdigkeiten in die Liste aufgenommen. Dazu gehören neben dem Friedenspalast in Den Haag beispielsweise auch das antike Zentrum von Athen in Griechenland, das slowenische Partisanenlazarett in Franja, die franzöische Abtei von Cluny und die Bibliothek der Universität von Coimbra, Portugal.

Weitere Informationen: http://one-europe.info/initiative/the-european-heritage-label


On 28 August 1913 there was a good cause for celebration: The opening of the Peace Palace in The Hague.

Already then it was a symbol of the peace movement that was beginning to form. Therefore the US-entrepreneur Andrew Carnegie as well as the Dutch royal family were also present at the opening ceremony.

The dream of World Peace culminated in the Peace Conferences in 1899 and 1907 held in The Hague. The experts recommended to regulate the arms race and to solve international disputes via mediation and arbitration.

Fragile Peace

But the euphoria was choked by reality. The Peace Palace survived World War I and remains a symbol for this part of history. Countries from all over the world had contributed to the interior design: Marble for the hallways and the stairway came from Italy, wood for the wall panelling from Brazil and the US and forged fences from Germany. Various influences also characterise the exterior.

Architect Lous M. Cordonnier realised a style with a lot of archways and included classical as well as gothic elements. The windows on the ground floor and the tiles on the walls are from Delft. Some critics think this accumulation is eclectic, almost random. And one might get that impression looking at the monumental entrance hall in a Byzantine style. Various elements like a golden chandelier, rosette-covered floors and a white marble stairway melt into one.

Unwavering symbol of diversity

Today the building houses the International Criminal Court, an arbitration court and an important library for international law. In the visitor’s centre there is a permanent exhibition on the history of the peace movement and the institutions in the palace. “Over the last one hundred years the Peace Palace has become a symbol for peace and justice globally,” says Jacobine Wieringa, mapping the art collection and the archives of the Carnegie Foundation. She co-developed the European World Heritage Label.