Investment "Ein Zombie ist weg, doch ein Monster entsteht"

Die öffentlichen Reaktionen auf die Übernahme der schwer angeschlagenen Credit Suisse durch die Rivalin UBS fallen überwiegend negativ aus.

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"Ein Zombie ist weg, doch ein Monster entsteht"

Begriffe wie "Skandal" und "Versagen" dominieren die Berichterstattung, Politiker warnen vor den Gefahren, die von dem neuen Branchenriesen ausgehen. Kommentatoren fürchten um tausende Stellen und die Reputation des Finanzplatzes.

"Ein Zombie ist weg, doch ein Monster entsteht", titelte etwa die als wirtschaftsfreundlich geltende "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ). "Diese Übernahme ist ein historischer Skandal", schrieb der "Tages-Anzeiger".

Die UBS übernimmt in einer Rettungsaktion die mit einem dramatischen Vertrauensschwund und massiven Kundengeldabflüssen kämpfende Credit Suisse (CS) für 3 Milliarden Franken (rund 3 Milliarden Euro). Die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Regierung unterstützen den Deal mit Liquiditätshilfen in dreistelliger Milliardenhöhe. Die beiden Institute mit Sitz am Paradeplatz im Zentrum von Zürich gehören zu den systemrelevanten Banken im globalen Finanzsystem. Sie sind tragende Säulen der noch immer in einem hohen Maße vom Finanzsektor dominierten Schweizer Wirtschaft, zehntausende Arbeitsplätze hängen an ihnen. Vor allem im Ausland wird die Wahrnehmung des Landes zu einem guten Teil von ihnen geprägt. Nach SNB-Angaben halten UBS und Credit Suisse zusammen Vermögenswerte von bis zu 140 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der Alpenrepublik.

"Die neue UBS ist ein weiteres massives Risiko", sagte Roger Nordmann, Fraktionsführer der Sozialdemokraten (SP) im Parlament. Sie sei schlicht zu groß für die Schweiz. Der Parlamentarier der zweitgrößten politischen Partei sprach von einem riesigen Skandal und einem völligen Versagen der Aufsichtsbehörden. "Was geschehen ist, ist schrecklich für die Glaubwürdigkeit der Schweiz." Die Banken hätten ein enormes Problem mit ihrer Kultur, und wirken nicht kompetent, erklärte Nordmann.

Die liberale FDP begrüßte angesichts der dramatischen Entwicklung und der möglichen unabsehbaren Folgen zwar die Übernahme der Credit Suisse, sprach aber von einem schwarzen Tag für das Land. "Was mit der CS passiert ist, ist eine Schande für die Schweiz", hieß es bei der drittstärksten politischen Kraft. Die größte Partei, die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP), machte fatale Management-Entscheidungen und eine aggressive Auslandstrategie der Credit Suisse für das Scheitern der Bank verantwortlich. "Diese ist offensichtlich gescheitert und gefährdet nun die ganze Bank und tausende Arbeitsplätze."

Der Bankpersonalverband zeigte sich "schockiert" und fordert die UBS zur Zurückhaltung beim Personalabbau auf. Die Arbeitsplätze von sehr vielen Mitarbeitenden stünden nun auf dem Spiel, erklärte der Verband. "Die UBS als neue Arbeitgeberin steht in der Pflicht - erst recht, weil sie von staatlichen Sicherheiten profitiert: Sie muss den Jobabbau auf ein absolutes Minimum begrenzen."

Emotional dürfte der Zusammenschluss von UBS und Credit Suisse bei den Schweizern aber wohl keine allzu tiefen Spuren hinterlassen, schätzt Meinungsforscher Michael Hermann vom Institut Sotomo. "Wir sind heute an einem völlig anderen Ort als wir noch 2008 waren, als die UBS gerettet wurde, oder auch vorher in der Zeit des Swissair-Groundings." Das Selbstbild der Schweiz als Bankenland sei inzwischen weniger ausgeprägt, andere Branchen wie etwa die Versicherungen oder Technologieunternehmen hätten an Bedeutung gewonnen. Zudem sei das Image der Credit Suisse durch die zahlreichen Skandale der vergangenen Jahre bereits ramponiert gewesen. "Der Trennungsschmerz ist da weniger groß", erklärte der Meinungsforscher. "Das wäre vor 15 Jahren viel größer gewesen." Im Vordergrund dürften die realpolitischen und realwirtschaftlichen Auswirkungen stehen.

Andere Institute positionierten sich inzwischen in der neuen Rangordnung der Schweizer Bankenlandschaft, nachdem die bisherige Nummer zwei auf der Strecke geblieben ist. "Die Zürcher Kantonalbank bietet alle Geschäftsfelder einer Universalbank an und ist damit eine Ergänzung zur neu entstehenden Großbank", schrieb etwa deren Konzernchef Urs Baumann auf dem Karrierenetzwerk LinkedIN. (apa)

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von Patrick Baldia 1 Minute Lesezeit