Wo ist der Boom?

Ein Kommentar von Michael Neubauer

Die Verkaufszahlen haben, so der RE/MAX-ImmoSpiegel im ersten Halbjahr 2020 in Summe zwar zugelegt, aber die drei wichtigsten Objektgruppen, nämlich Eigentumswohnungen, Einfamilienhäuser und Grundstücke waren im ersten Halbjahr zusammen um 6,4 Prozent rückläufig.

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Wo ist der Boom?

Mit Spannung habe ich den Preisspiegel erwartet. Hier finden sich Zahlen, die Hand und Fuß haben. Keine Einschätzungen, kein Bauchgefühl. Hier werden nicht Äpfel mit Birnen verglichen. Hier fließen nicht seit Monaten auf Plattformen angepriesene Immobilien mit phanstasievollen Angebotspreisen in die Statistik ein. RE/MAX-ImmoSpiegel heißt harte Währung – das Grundbuch lügt nicht.  

Die Verkaufszahlen haben im ersten Halbjahr 2020 in Summe zwar zugelegt, aber die drei wichtigsten Objektgruppen, nämlich Eigentumswohnungen, Einfamilienhäuser und Grundstücke  waren im ersten Halbjahr zusammen um 6,4 Prozent rückläufig.

Die Verbücherungszahlen der amtlichen Grundbuchsgerichte zeigen in der Halbjahresstatistik des RE/MAX-ImmoSpiegels oberflächlich noch wenig Spuren von Pandemie und Shutdown. Sie liegen in den meisten Bundesländern sogar über den Vorjahresvergleichswerten. Bis Mitte März waren Kaufanbot-Legung, Kaufanbot-Annahme, Kaufvertragserstellung und -unterfertigung sowie notarielle Beglaubigung uneingeschränkt möglich, ebenso die darauffolgende Berechnung der Immobilienertragsteuer und der Antrag auf Verbücherung. Inwieweit sich der Shutdown auf die Vertragsabschlüsse ausgewirkt hat, ob sie sich nur nach hinten verschoben oder gesamthaft verändert haben, werden erst die Ganzjahreszahlen zeigen, auch wenn die Grundbuchsgerichte trotz Corona produktiv wie immer arbeiteten. Die Zeit zwischen Kaufvertragsunterschrift und Verbücherung hat sich nach den Analysen der RE/MAX-Experten von 2019 auf 2020 nur unmerklich um drei Tage, von 76 auf 79 Tage erhöht.

Insgesamt wurden 2020 im ersten Halbjahr für 67.302 Immobilien neue Eigentümer verbüchert. Das ist um 4,9 Prozent mehr als 2019 und um 3,7 Prozent mehr als im Rekordjahr 2018.

Die tatsächlichen Auswirkungen von COVID-19 werden erst die Auswertungen für das Gesamtjahr 2020 zeigen. Immobilien sind aber sowohl bei Eigennutzern als auch Anlegern weiterhin hoch im Kurs, daran wird sich so rasch auch nichts ändern. 

Der Transaktionswert (Summe der Verkaufspreise) der bis 30. Juni 2020 verbücherten Immobilien, blieb mit 16,4 Milliarden Euro unverändert, auch wenn die Anzahl der Transaktionen bundesweit gewachsen ist. „Daraus sofort zu schließen, dass Immobilien generell billiger geworden wären, ist falsch“, betont Anton Nenning, RE/MAX Austria Managing Director. „Vielmehr ist die Anzahl der quasi kleinen Transaktionen gestiegen. So haben sich in den letzten fünf Jahren die Verbücherungen von Parkplätzen beinahe versechsfacht. Aber auch Hausanteilsverkäufe haben fast um das Fünffache zugelegt, während Schwergewichte, wie zum Beispiel die Verkäufe von Zinshäusern und Zinshausanteilen um ein Drittel zurückgegangen sind. Generell ist ein Einbruch bei Betriebsgebäuden und anderen Großinvestitionen festzustellen. Zwar sind die Top-100-Verkäufe von Bürogebäuden, Zinshäusern, Hotels, Wohnhausanlagen und gemischt genutzten Gebäuden unverändert 1,43 Milliarden wert, aber die Untergrenze, um in diesem noblen Zirkel aufgenommen zu werden, ist von 7,7 Millionen Euro auf 5,9 Millionen Euro gesunken.

Keine Frage: Es bleibt spannend.