Positionen & Meinungen ESG verlangt nach Daten

AnDa heißt das neu gegründete Unternehmen von Andreas Millonig und Aexander Redlein. Sie machen den Verbrauch von Strom, Wasser, Gas und Fernwärme im Minutentakt messbar. Zahlen, die in vielerlei Hinsicht für Berichte, aber auch für „Predictive Maintenance“ gebraucht werden.

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ESG verlangt nach Daten

Vor zwei Jahren kam Alexander Redlein, Professor an der TU-Wien, auf Andreas Millonig, damals noch Geschäftsführer der ImmoUnited, mit einer Idee zu. Redlein, der auch an der Universität Standford unterrichtet, erschien zum ersten Treffen mit einem Prototyp, einer Hardware, die er bei einem Projekt in Stanford kennengelernt hatte. Eine kleine Box, die den Verbrauch von Strom, Wasser, Gas, Fernwärme et cetera im Minutentakt messbar macht und die Daten in eine Datenbank einspeist. Da aufgrund der EU-Taxonomie und ESG-Vorgaben diese Daten zukünftig den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entsprechen, also GOB-tauglich sein müssen, stieß die Idee auf fruchtbaren Boden. Die AnDa (steht für Analytics&Data) wurde gegründet. Millonig, der in der IT tätig ist, machte das Produkt softwareseitig skalierbar. „Wir haben angefangen, das Produkt zu entwickeln, da der Bedarf, also die GOB-Tauglichkeit der Verbrauchsdaten im Rahmen der EU-Taxonomie, auf der Hand lag“, so Millonig. Derzeit müssen die tatsächlichen Verbrauchsdaten mühsam recherchiert und berechnet werden. „Die Abrechnungsperioden sind ja nicht von 1. Jänner bis 31. Dezember, sondern quer im Jahr“, so Millonig weiter. „Unternehmen müssen aus bestehenden Abrechnungen die Daten hochrechnen und bekommen so nie die genauen Verbrauchsdaten.“ Dazu kommen die unterschiedlichen Schnittstellen. „Nehmen wir das Beispiel Fernwärme. Bei einem Gebäudebestand in Wien, Graz, Linz habe ich jeweils einen lokalen Provider, also jeweils eine andere Schnittstelle. Beim Strom-, Gas-, Wasseranbieter dito. Das multipliziert sich. Eigentlich müsste in jedem Gebäude am Jahresende der Zählerstand für eine periodengenaue Abrechnung abgemessen werden. Mit den Smartmetern wäre das prinzipiell möglich, aber es bleibt das Problem, an die 50 verschiedene Datenformate von unterschiedlichen Lieferanten in einer Datenbank zu konsolidieren. Manche Betreiber arbeiten schon mit Building Management Systemen (BMS). Bin ich nun in vielen Ländern tätig, habe ich viele unterschiedliche Betreiber, damit hundert unterschiedliche BMS-Systeme, die ich über Schnittstellen in eine Datenbank integrieren muss.“ Daher geht AnDa an die Wurzel des Problems, dorthin, wo der Verbrauch stattfindet.

Ein kleines Messgerät

„In den meisten Gebäuden gibt es bereits kleine Industriecomputer (SBSS). Gibt es noch keinen, nehmen wir einen Aufputzkasten und hängen einen hin, dort ist dann die SPS mit einer Schiene, auf der die Strommessgeräte drauf sind. An diesen hängen dann zum Beispiel Rugowski-Spulen, mit denen Strom und Verbrauch gemessen werden. Das ist das Herzstück. Wenn wir andere Medienverbräuche messen wollen, wie Fernwärme, Gas oder Wasser, werden die über einen einfachen M-Bus angekoppelt, der zum Beispiel laufend die Wasserverbräuche in die Datenbank funkt“, erklärt Redlein die Hardware. „Über den Industrie-PC, der unabhängig von der restlichen Gebäudetechnik ist, werden die Daten in die Datenbank geliefert. Und zwar im Sekundentakt, wenn gewünscht.“

Predictive Maintenance

Warum die Taktung wichtig ist, erklärt Millonig: „Wir können über diese genaue Taktung die Daten dazu liefern, warum man so viel Strom braucht, und dazu, ob in nächster Zukunft Störungen zu erwarten sind, also „Predictive Maintenance“ betreiben. Sehe ich zum Beispiel, dass mein Aufzug beim Anlaufstrom zunehmend Spitzen hat, kann ich daraus schließen, dass es demnächst eine Störung im Betrieb geben wird.“ Bei einer Taktung der Datenübermittlung von 15 Minuten per SmartMeter können diese kommenden Störungen nicht erkannt werden. Ein anderes Beispiel, ein Wasserschaden: „Den erkennt man für gewöhnlich, wenn man den Fleck an der Decke sieht. Mithilfe unserer Messungen sieht man, dass zum Beispiel in der Nacht um 15 Prozent mehr Wasser verbraucht wurde als üblich. Dann kann ich rückschließen, dass etwas nicht stimmt, und dem auf den Grund gehen. Dadurch kann man schnell reagieren, Reparaturkosten reduzieren, und warten statt reparieren. Das ist immer günstiger, und so bekommt man die Kosten für den Einsatz unserer Technologie schnell wieder rein“, so Millonig.

ESG und Nonfinancial Reportings

„Wir liefern sehr genaue operative Daten, die es bis jetzt nicht gegeben hat“, so Redlein. Die GOB-tauglichen Daten werden für die ESG-Reports und „Nonfinancial Reportings“ notwendig sein. Betreffen wird das ab dem 1. 1. 2024 Unternehmen, die zwei von drei dieser Kennzahlen aufweisen: 250 Mitarbeiter, 40 Millionen Bilanzsumme, 20 Millionen Umsatz. Für Controller werden die Daten zu einer wichtigen Kennzahl. „Vor einer Jahresabrechnung kann ich bereits erkennen, wie viel Energie mein Gebäude verbraucht. Da sehe ich dann im Sommer: hoppala, wenn ich nicht was unternehme, um den Energieverbrauch zu senken, habe ich Ende des Jahres keine grüne Immobilie“, so Redlein. „Ich kann auch darstellen, wie viel Energie das Gebäude in Summe oder pro Quadratmeter verbraucht, kann aber auch detailliert darstellen, wie viel mein Mieter verbraucht. Diese Zahlen brauche ich wieder für das „Carbon Accounting“ und die Darstellung von Scope 1,2 und 3.“ Die Daten bieten auch ein komplettes Reporting für Kunden, um Green-Lease-Verträge einzuhalten. „Ich sehe auf Knopfdruck, ob sich Mieter an Energieverbräuche halten, beziehungsweise, ob sie diese überschreiten“, so Millonig. „Für große Firmen ist das wichtig, denn die wollen als Mieter einen Green Lease haben und wissen, wo sie stehen.“

„S“ in ESG

„Letztes Jahr hatten wir die Challenge „Office of the Future“: Wie schafft man die energetische Reduktion und setzt den Menschen dennoch in den Mittelpunkt, damit er sich wohlfühlt? Denn natürlich kann man zum Energiesparen die Heizung abdrehen, das hilft aber nicht dabei, die Produktivität der Mitarbeiter zu fördern. Wir wollten beides angehen, das „E“ und das „S“ aus dem ESG. Das unterscheidet uns von anderen am Markt, weil wir in einem Dashboard Informationen über das E und das S zusammenbringen“, erzählt Redlein. Das System kann noch mehr, zum Beispiel Sitzplatzbelegungen messen. „Damit weiß das Facility-Management im Shared-Office-Bereich, welche Sitzplätze genutzt und gereinigt werden müssen. Man sieht auch, welche Plätze beliebt sind und welche nicht. Da liefern wir auch Daten über die Nutzung, die natürlich nicht auf eine Person gemünzt sind. Aber bei unbeliebten Arbeitsplätzen kann man analysieren, warum diese nicht so gut angenommen werden.“

Auch Alert-Funktionen sind vorhanden, bei denen zum Beispiel der Nachtportier einen ungewöhnlich hohen Stromverbrauch in Stockwerken beziehungsweise Büros gemeldet bekommt, weil zum Beispiel Licht eingeschalten wurde, obwohl niemand da ist.

Vorzeigekunde Theater in der Josefstadt

Die AnDA ist im B-2-B-Bereich angesiedelt, mit ersten Kunden wurde bereits getestet. „Wir haben die ersten Kunden geonboarded und online gebracht. Damit haben wir in der Realität wertvolle Informationen gesammelt und verwertet und bereits Produkterweiterungen entwickelt. In den letzten zwei Jahren konnten wir so das Software-Produkt vorantreiben.“

Ein Vorzeigekunde ist das Theater in der Josefstadt. Nach dem Motto „What you can’t measure, you can’t manage“ wollte das Theater Zahlen haben, um den Energieverbrauch zu optimieren. Als einer der ältesten Kulturbetriebe Österreichs mit über 350 Mitarbeitern ist sich das Theater bewusst, eine wichtige Rolle bei der Ausgestaltung und Kommunikation zugunsten einer nachhaltigen Zukunft zu spielen.

„Als Theaterbetrieb und Theater wollen wir zu den ökologischen Dimensionen möglichst viele Informationen über betriebliche Abläufe erhalten“, erklärt Alexander Götz, Geschäftsführer des Theaters in der Josefstadt. „Wir haben eine interne Seite, die uns zeigt, welche Ressourcen für den Theaterbetrieb erforderlich sind: Das ist sehr viel Strom, Energie, Fernwärme und etwas Gas. Diese sollen effizient eingesetzt werden, da hilft es zu wissen, welche Energieflüsse es gibt, welche Ressourcen wir wie verbrauchen. Diese detaillierte Energieverbrauchsermittlung, die Messbarkeit, spielt für uns eine große Rolle. Wir haben zum Beispiel erkannt, wie viel Strom unser Bühnenlicht verbraucht. Das war die Initialzündung, hier konkret etwas zu verändern.“ Der Austausch von Halogen-Bühnenscheinwerfern auf LED-Bühnenscheinwerfer ist zu einem Projekt geworden, da die LED-Technologie beträchtlich weniger Energie verbraucht. „Wie viel das ausmacht, lässt sich anhand der Geräte und der Stationen abmessen. Bis hin zu den unterschiedlichen Positionen“, so Götz. „Jetzt haben wir das System von AnDa neun Monate in Betrieb und erarbeiten demnächst konkret nächste Schritte und Maßnahmen. Also noch mehr LED-Scheinwerfer zu besorgen, Abschaltungen von Licht und Maschinen zu automatisieren et cetera.“

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