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Die österreichischen Immobilienentwickler haben ihre Chancen in Deutschland schon früh erkannt. Der Peak ist noch nicht erreicht, trotzdem müssen neue Investitionen mit Bedacht getätigt werden. 

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Weitsicht.  Die österreichischen Immobilienentwickler haben ihre Chancen in Deutschland schon früh erkannt. Der Peak ist noch nicht erreicht, trotzdem müssen neue Investitionen mit Bedacht getätigt werden.

Mit dem deutschen Immobilienmarkt ist es in den vergangenen acht Jahren ausschließlich in eine Richtung gegangen: aufwärts. „Man kann also von einem sehr langen Zyklus sprechen – ob dieser noch weitere zehn Jahre andauern wird, trauen wir uns nicht zu sagen“, meint Alejandro Obermeyer, Leiter Investment Management DACH bei Union Investment Real Estate. Nachsatz des Experten: „Man kann sagen, dass man den Gipfel schon sehen, aber noch nicht genau einschätzen kann, wie weit entfernt er ist.“

Unter den Immobilieninvestoren, die bereits früh das Potenzial Deutschlands erkannt haben, waren jedenfalls etliche Österreicher. „Viele Deutsche waren vielleicht zu nah dran am Markt, um die Chancen wirklich zu erkennen“, meint dazu rückblickend ein deutscher Investor zur damaligen Lage am Berliner Immobilienmarkt. Zu den „Pionieren“ aus der Alpenrepublik, die mittlerweile respektable Fußabdrücke hinterlassen haben, zählt sicherlich die CA Immo. Seine starke Positionierung hat der Bürospezialist dabei vor allem der Weitsicht seines früheren CEO Bruno Ettenauer zu verdanken.

CA Immo bewies Weitblick

Bereits 2007 hat sich die CA Immo nämlich mit dem Kauf der Deutsche Bahn-Tochter Vivico Real Estate, die gegründet wurde, um frühere Bahnhofsgrundstücke zu verwerten, ein wertvolles Portfolio an großen Entwicklungsgebieten gesichert. Auf diesen Flächen wurden und werden – unter anderem in Berlin, Frankfurt und München – große Projekte mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten realisiert. Bis dato wurden jedenfalls Immobilien im Wert von 1,74 Milliarden Euro für den eigenen Bestand oder den Verkauf geschaffen. Damit nicht genug: Auf den Landreserven (Wert: 300 Millionen Euro) können weitere Projekte im Wert von zwei Milliarden Euro realisiert werden.

Auf eine ganz ansehnliche Bilanz seines Deutschland-Engagements kann auch Alexander Neuhuber, Geschäftsführer Magan Property Investment Advisers, zurückblicken. Der gebürtige Linzer wurde 2004 erstmals am Berliner Zinshausmarkt aktiv. Nach rasanten Preisanstiegen in der deutschen Hauptstadt begann er 2012 sein Augenmerk auf unterbewertete Zinshäuser in ostdeutschen Städten wie Dresden, Leipzig, Magdeburg, Erfurt, Halle zu richten. Heute hat er in Deutschland rückblickend mehr als 200 An- und Verkaufstransaktionen begleitet und ein Volumen von rund 400 Millionen Euro betreut.

Buwog mit großen Plänen

„Für Wohnen gewidmete Flächen werden wir künftig selbst entwickeln und die Gewinne aus dem Abverkauf selbst generieren“, gibt CEO Frank Nickel, CA IMMO, die weitere Marschrichtung vor. Auch die Buwog, die in Deutschland über ein Portfolio mit rund 28.000 Wohneinheiten (Bruttomietrendite: 5,2 Prozent) verfügt, hat in der größten Volkswirtschaft Europas in Zukunft einiges vor. So soll das Wohnungsneubaugeschäft in Berlin und Hamburg ausgebaut werden, wie CEO Daniel Riedl wiederholt angekündigt hat. Der heimische Mitbewerber S Immo hat wiederum aktuell mehrere Projekte in Berlin – vor allem im Bereich Neugestaltung und Sanierung bestehender Immobilien – am Laufen. Gleichzeitig war man zuletzt auch auf der Käuferseite tätig: Im ersten Halbjahr 2017 hat das Unternehmen mehr als zehn Objekte (Transaktionsvolumen: 30 Millionen Euro) in großen deutschen Städten wie Leipzig oder Kiel gekauft.

Die „Big-7“-Städte im Fokus

Ein aktuelles Entwicklungsvolumen von rund 350 Millionen Euro weist die Deutschland-Dependence von 6B47 auf. Der heimische Immobilieninvestor konzentriert sich dabei auf qualitativ hochwertige Wohn-, Hotel- und Gewerbeimmobilien in den so genannten „Big-7“-Städten – sprich: Berlin, Hamburg, München, Frankfurt, Köln, Stuttgart und Düsseldorf – sowie auf gute, innerstädtische Lagen in B-Städten. Erst kürzlich wurde etwa ein 1.650 Quadratmeter großes Grundstück in der Berliner Europacity gekauft, dort – konkret am Spandauer Schifffahrtskanal – sollen rund 4.350 Quadratmeter Wohnfläche geschaffen werden. Dabei handelt es sich im Übrigen um das zweite Projekt, das innerhalb weniger Monate in Berlin gestartet wurde. „Nachdem wir in Frankfurt und Düsseldorf schon zahlreiche Projekte erfolgreich umgesetzt haben, richten wir unseren Fokus nun verstärkt auf München und Berlin“, kündigt 6B47-CEO Peter Ulm an.

Flächendeckende Deutschland-Präsenz

Über eine flächendeckende Deutschland-Präsenz verfügt die Strabag. Zu den Hauptgeschäftsfeldern gehören der Verkehrswegebau sowie der Abbau und die Herstellung branchenspezifischer Baustoffe. Die Bedeutung des Engagements ist laut Management nicht von der Hand zu weisen. Nicht zuletzt dank der anziehenden Baukonjunktur in Deutschland habe man das Geschäftsjahr 2016 – mit leicht unter dem Vorjahr liegender Bauleistung und verbesserten Ergebnissen – erfolgreich abschließen können.

Deutsche Immobilieninvestoren sind allerdings auch seit längerem in Österreich aktiv. In den vergangenen Quartalen hat sich das Engagement jedenfalls merklich verstärkt – allein im zweiten Quartal 2017 waren Deutsche mit einem Marktanteil von mehr als 75 Prozent (Marktanteil erste Jahreshälfte: 56 Prozent) die mit Abstand größte Investorengruppe. Für Roland Pichler, Geschäftsführer DIE WOHNKOMPANIE, hat das einen guten Grund. „Im Gegensatz zu früher ist das Angebot an Assets mit größeren Volumina, das von dieser Investorengruppe gesucht wird, jetzt da“, sagt er.

Großtransaktionen in Österreich

Tatsächlich ist die Zahl der Großtransaktionen in Österreich zuletzt merklich angestiegen. Laut CBRE Österreich gab es allein in der ersten Jahreshälfte 2017 fünf Deals mit einem Wert von jeweils mehr als 100 Millionen Euro und damit um einen mehr als im gesamten Vorjahr. Allein im zweiten Quartal zeichneten deutsche Investoren für drei dieser Großtransaktionen verantwortlich: DEKA sicherte sich den DC Tower, die Allianz das Signa-Projekt „ICON VIENNA“ und KGAL das ELI-Einkaufszentrum Liezen.

Die zum Bremer Zech-Konzern gehörende DIE WOHNKOMPANIE, die in mehreren deutschen Regionen Developments realisiert, ist jedenfalls seit 2015 am Wiener Markt vertreten. Pichler legt Wert auf die Feststellung, dass man ein österreichisches Unternehmen mit deutschem Partner sei. „Trotz der gemeinsamen Sprache ist ein lokaler Partner immens wichtig“, so Pichler. In die gleiche Kerbe schlägt auch Kurt Rossmüller, Vorstand der Union Investment Real Estate Austria AG: „Als lokaler Partner kennen wir den Markt, sind am Markt bekannt und können Fragen sehr kurzfristig beantworten und auch Entscheidungen treffen.“

Die frühere Volksbanken-Tochter Immo KAG wurde bekanntlich Anfang 2016 von der Hamburger Union Investment Real Estate GmbH übernommen. Die deutsche Muttergesellschaft war allerdings schon davor am österreichischen Markt präsent und wies hierzulande ein Investmentvolumen von 700 Millionen Euro auf. Mit der Transaktion – das Investmentvolumen der Immo KAG belief sich damals auf rund 250 Millionen Euro – und den jüngsten Zukäufen wurde die 1-Milliarde-Euro-Grenze überschritten.

Die Attraktivität des österreichischen Marktes für Deutsche Investoren ist für Rossmüller schnell erklärt. „Der heimische Immobilienmarkt ist sehr stabil und hat sich in sämtlichen Höhen und Tiefen der letzten Jahre bewährt.“ Auch wenn die Preise natürlich teurer geworden wären, habe man in Österreich nicht dieselben Ausschläge gesehen wie in Deutschland. Die Mieten würden hierzulande wesentlich moderater steigen. „Das ist für Investoren interessant, da sie in Talsohlen nicht die Abwertungsproblematik haben“, so Rossmüller.

Mit Project Immobilien ist seit rund zwei Jahren ein weiterer deutscher Player, der seit zwei Jahrzehnten Wohn- und Gewerbeobjekte in den großen Metropolregionen Deutschlands realisiert, in Wien vertreten. Der erklärte Fokus: Wohneigentumsprojekte für Eigennutzer und Anleger. Dabei soll nach den am Heimmarkt bewährten Rezept vorgegangen werden: Alle Projekte werden eigenständig entwickelt und umgesetzt. Derzeit beläuft sich das Verkaufsvolumen jedenfalls bei rund 43 Millionen Euro. Künftig wolle man sich auf größere Projekte mit bis zu 150 Wohnungen konzentrieren, so Geschäftsführer Nenad Katanic.

Neue Markteintritte aus dem großen nördlichen Nachbarland sind jedenfalls sehr wahrscheinlich. „Wien bietet grundsätzlich nicht nur deutschen Investoren sehr viel Potenzial“, so Pichler. Die Donaumetropole sei – wie Studien bestätigen – die lebenswerteste Stadt der Welt, Sitz vieler internationaler Organisationen, sehr sicher und sauber und wachse obendrein überdurchschnittlich stark. Deutsche Investoren würden zudem von der gemeinsamen Sprache und dem sehr ähnlichen Rechtssystem profitieren.

Quelle: Fotolia