Hier könnte Ihre Werbung stehen.

Mehr als nur nett anzusehen. Wo viele Menschen leben, gibt es auch große Gebäude. Wieso also nicht Vorhandenes zu Geld machen? Die Fassaden von großen Immobilien werden immer häufiger von Unternehmen als Werbeflächen genutzt. Professionelle Reklame bringt dort Einnahmen – für die Firmen und für die Hausbesitzer.

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Mehr als nur nett anzusehen. Wo viele Menschen leben, gibt es auch große Gebäude. Wieso also nicht Vorhandenes zu Geld machen? Die Fassaden von großen Immobilien werden immer häufiger von Unternehmen als Werbeflächen genutzt. Professionelle Reklame bringt dort Einnahmen – für die Firmen und für die Hausbesitzer.

Blickt man in der Wiener Ringstraße einmal nach links – ein großes Fassadenbanner. Dreht man sich dann nach rechts – bunte Werbung auf einem Baugerüst. In der Nacht glaubt man zeitweise sogar, man befinde sich in einer anderen Welt. Überall blitzt und blinkt es, überall präsentieren Unternehmen ihre neuesten Innovationen.

Die Nachfrage nach einer – teils übergangsweisen – Fassadenwerbung ist groß. Firmen aus Tourismus, Telekommunikation, Mode oder Lebensmittel profitieren ebenso von der Gestaltung wie die eigentlichen Eigentümer der Immobilie. Letztere erhalten von den Werbenden eine regelmäßige Flächenmiete. „Der Preisrahmen umfasst dabei bei uns eine große Spanne und kann von 500 Euro bis 50.000 Euro pro Monat reichen“, so Helene Hirschl von ISPA Werbung. Die genauen Kosten für die Unternehmen hängen auch davon ab, ob eine Umsatzbeteiligung oder ein Fixbetrag für die Anbringung der Werbung vereinbart wurde. Dass es ganz auf die individuellen Voraussetzungen ankommt, bestätigt auch Bernhard Müller von Eclipse Print: „Bei einer Größe von 300 Quadratmetern sollte ein Unternehmen mindestens mit einer Miete von 40.000 Euro rechnen.“ Die Eigentümer können die Mietzahlungen zur nachhaltigen Bewirtschaftung ihrer Immobilie nutzen und in die Sanierung oder Modernisierung des Gebäudes investieren.

Durchdachte Planung

Hansjörg Hosp, Chief Operating Officer der GEWISTA, weiß genau, wo eine Fassadenwerbung gut ankommt: „Der Fokus liegt definitiv auf prestigeträchtigen, innerstädtischen und stark frequentierten Standorten.“ Das bedeutet allerdings nicht, dass Fassadenreklamen in Liesing oder Floridsdorf schlecht ankommen – man muss nur besser und durchdacht planen. Infrage kommen unter anderem Straßen mit vielen Ampeln, Gebäude an großen Plätzen oder Einkaufszentren. Hier kassieren die Hauseigentümer die höchsten Mieten für ihre Fassaden. Eine Werbung an Häusern in Sackgassen oder an einsamen Straßen fällt potenziellen Kunden weniger auf als an der bereits erwähnten Wiener Ringstraße. „Es ist aber natürlich möglich, die Größe der Werbeflächen an die Entfernung zur nächsten Straße anzupassen“, so Hosp. Helene Hirsch ergänzt: „Aufmerksamkeit erregt man in Wien auch mit 3D-Elementen, wie beispielsweise an der Votivkirche, oder Projektionen.“

Kunde ist König

Fassadenwerbung kommt in den verschiedensten Farben und Formen. Da gibt es eben nicht nur die klassischen Banner, sondern auch Leuchtkästen, Projektionen und manchmal sogar individuell angefertigte Graffitis oder Bemalungen der Hauswände. Eines ist jedoch immer gleich: Man will Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Produkt oder Thema ziehen. Bei der sogenannten Out-of-Home-Werbung (Außenwerbung) gilt es, die eigentliche Message deutlich zu reduzieren. Das ist gar nicht so einfach. Bernhard Müller rät: „Wichtig ist es, die Werbefläche nicht zu überladen. Kunden wollen möglichst viel mitteilen. Trotzdem muss ein Interessent im Vorbeigehen oder –fahren schon verstehen, was das Unternehmen von ihm will.“ Zu Müller kommen die Kunden bzw. ihre Marketingagenturen zumeist schon mit sehr konkreten Vorstellungen. „Natürlich gab es aber schon Fälle, bei denen wir Änderungen angeregt haben.“ Oft schätzen Unternehmen zum Beispiel die benötigte Schriftgröße falsch ein. „Grundsätzlich reden wir aber niemandem drein.“

Wie kommt’s an die Wand?

Die am meisten von Kunden nachgefragten, klassischen Fassadenbanner sind innerhalb weniger Stunden an eine Immobilie angebracht. Nicht nur in der europäischen „Windy City“ Wien wählen die Werbenden winddurchlässige Folien – Vollvinyl ist keine Option. Mit Gummischnüren und Kabelbindern wird das bedruckte Gittergewebe mit der Werbung (und bei Bedarf die Fassadenreproduktion) an mehreren Traversen befestigt, damit nichts mehr wackelt oder fällt. Je mehr digitale Elemente auf der Fassade angebracht werden sollen, desto mehr Sicherheitsvorkehrungen müssen getroffen werden. Der mögliche Schaden könnte sonst in die Hunderttausende gehen. Die Immobilieneigentümer öffnen sich den modernen Werbemöglichkeiten gegenüber deshalb nur ungern. Auch, weil die Werbefirmen für die Anbringung von audiovisuellen Lösungen oft mehrere Tage benötigen und Lärm verursachen.

Sonderfall Wien

Der Kreativität der Unternehmen werden eigentlich fast keine Grenzen gesetzt. Fast keine: Wien ist in kulturelle Schutzzonenbereiche aufgeteilt. „Innerhalb dieser Schutzzonen müssen 60 Prozent der Hausfassade mittels Fassadenreproduktion dargestellt werden“, so Hansjörg Hosp. Das heißt, dass die Fassade schon vorher abfotografiert und digital aufbereitet werden muss. Genau wie die eigentliche Werbung wird die Fassadenreproduktion dann auf ein Netz gedruckt und am Haus montiert. Nur die übrigen 40 Prozent dürfen zur Werbung genutzt werden. Nicht ganz Wien ist allerdings eine Schutzzone, die Regel gilt im gesamten ersten Bezirk und zum Teil in den umliegenden, inneren Bezirken. In den Randbezirken muss im Regelfall keine Fassadenreproduktion vorgenommen werden. Was erlaubt ist und was nicht, das entscheidet in Wien die Magistratsabteilung 19 (MA19). Vor allem Videofassaden haben es dort auch im digitalen Zeitalter noch schwer. Genehmigungen werden dafür nur sehr spärlich erteilt, weil man speziell die Verkehrsteilnehmer vor der Ablenkung durch Werbefilme schützen will. An abgeschlossenen Orten wie zum Beispiel U-Bahnhöfen sind Digital Screens aber schon gang und gäbe. Die Eigentümer der Gebäude haben mit der MA19 nur wenig zu tun – die Unternehmen reichen die Unterlagen zur Genehmigung mit den Werbedienstleistern gemeinsam ein. Man kann sich als Hausbesitzer deshalb aber nicht einfach im Sessel zurücklehnen und zusehen, wie der Kontostand in jedem Monat steigt. Es bedarf einer langen Vorbereitungszeit, in der man sich mit Architekten und Planern abstimmt. Wenn sich Mieter im Gebäude befinden, müssen diese außerdem mit der Werbung auf der Hauswand einverstanden sein. Da kommt es auf die Art und Weise an – nicht jeder möchte eine Bierreklame haben, dafür freut man sich vielleicht über eine Filmszene an der Fassade. Wie überall muss mit den Unternehmen und den Betroffenen knallhart über die genauen Bedingungen verhandelt werden.

So oder so heißt es von 22 bis 6 Uhr „Licht aus“ – die Fassade darf in dieser Zeit nicht beleuchtet werden.