In der Geschichte verwurzelt - der Zukunft verpflichtet

Besuch im Schloss. Der ImmoFokus begleitete den Direktionsrat der Esterhazy-Stiftungen Stefan Ottrubay bei seinem Rundgang durch die im Entstehen befindliche neue Ausstellung „Melinda Esterházy“.

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Besuch im Schloss. Der ImmoFokus begleitete den Direktionsrat der Esterhazy-Stiftungen Stefan Ottrubay bei seinem Rundgang durch die im Entstehen befindliche neue Ausstellung „Melinda Esterházy“.

Sie haben vor etwas mehr als 10 Jahren die wirtschaftliche Leitung der Esterhazy’schen Betriebe übernommen. Wie war die Ausgangslage? Wo mussten Sie zuerst ansetzen?

Stefan Ottrubay: Ich hatte nur wenig Zeit und wurde sofort in den Betrieb und in das unternehmerische und öffentliche Leben im Burgenland einbezogen. Die Stiftungsgruppe hatte völlig unzeitgemäße Strukturen und Führungsebenen waren praktisch nicht existent. Die ersten fünf Jahre verbrachten wir damit, gute Fachleute zu suchen und zu integrieren.

Die schnellen und radikalen Änderungen wurden von den jüngeren Mitarbeitern erstaunlich schnell und positiv aufgenommen, das hätte ich so nie gedacht. Natürlich lösen Änderungen immer auch Verwirrung aus.  Das gilt vor allem für gewisse politische Kreise.  Österreich hat oft die Tendenz, „rückwärts in die Zukunft“ zu schreiten.

Bereits zu Lebzeiten der letzten Fürstin Melinda Esterházy wurde das ganze Vermögen – trotz Protesten innerhalb der Familie - in Privatstiftungen eingebracht. Was war die Motivation, diesen Weg zu gehen?

Nach dem Ableben ihres Gatten Paul V. Esterházy 1989 machte sich Melinda mit ihren engsten Beratern viele Gedanken, wie sie das wichtige Erbe für die Nachwelt und damit für Österreich und Mitteleuropa am besten bewahren kann. Nach langen Beratungen mit ihrem Bruder Josef Ottrubay und namhaften Stiftungsfachleuten entschied sie sich schließlich, für das bedeutende Vermögen die Rechtsform der Stiftung zu wählen. Die erste zentrale Stiftung wurde 1994 gegründet.

Das erklärte Ziel von Melinda Esterházy und ihrem Bruder Josef Ottrubay war, Strukturen zu schaffen, um für die Zukunft gesunde und wachstumsstarke Wirtschaftsbetriebe zu ermöglichen. Diese sollten auch in Zukunft nachhaltig in der Lage sein, die enormen Lasten des Erhalts der vier großen Baudenkmäler und vieler weiterer historischer Objekte, wie Meierhöfe, alte Wohnhäuser, kulturelle Aufführungsstätten (wie den Steinbruch St. Margarethen) und viele mehr, zu tragen.

Als zweites zentrales Ziel wurden die Stiftungen angehalten, die bedeutenden Sammlungen, die noch völlig unerforscht waren und zum Teil auf den Dachböden der Schlösser lagen, wissenschaftlich zu erkunden, zu restaurieren und in attraktiven Ausstellungen der Öffentlichkeit zu zeigen.

Was sind Ihre mittelfristigen Pläne? Wo sehen Sie Esterhazy in 10 Jahren?

Im Forst und in der Landwirtschaft sind wir sehr stark aufgestellt, das Gleiche gilt für den Bereich Immobilien und die Weinwirtschaft. Jüngere Bereiche brauchen noch Entwicklung, ich denke z.B. an den Bereich „Hospitality“, d.h. Gastro, Hotellerie, Tourismus. Hier haben wir noch viel zu tun.

Ebenfalls wichtig ist, dass wir verschiedene Bereiche im Bereich Kulturtourismus stärken wollen. Hier hat das nördliche Burgenland große Chancen, aber auch einen sehr hohen Entwicklungsbedarf. Wir müssen den Tagesgast, der im Burgenland dominiert, zu einem Mehrtages-Gast machen. Das ist kein einfacher Prozess, dazu braucht es gehobene Hotellerie und vor allem Angebote in der Übergangszeit im Herbst und im Frühjahr, ja sogar im Winter.

Wie wollen Sie hier konkret vorgehen?

[caption id="attachment_9582" align="alignleft" width="389"] @ Katharina Schiffl / cityfoto[/caption]

Esterhazy hat bereits begonnen, intensive Programme für diese Jahreszeiten anzubieten.  Ich erwähne z.B. die Ausstellungen: Es sind bei Esterhazy sieben Ausstellungen an drei Standorten, die laufend modernisiert und ausgebaut werden. Insgesamt werden sie heuer weit über 250.000 Besucher haben.  Schlösser und Museen sind auch hervorragende „Schlechtwetterprogramme“. Zudem bieten wir intensive Kinder- und Familienprogramme indoor, aber auch outdoor an, die sich sehr gut für die Übergangszeit und auch für den Winter eignen.

Der Großraum Neusiedlersee beginnt sich wirklich sehr dynamisch zu entwickeln. Wir bewegen uns weg von einer romantischen, aber ärmlichen Gegend zu einer wichtigen Wohn- und Freizeitregion in unmittelbarer Nachbarschaft zur Großstadt Wien.

Diesen starken Tendenzen muss die Öffentlichkeit und die Politik besondere Rechnung tragen. Es sind die besonderen Chancen, die wir als Bundesland und Region in den nächsten Jahrzehnten haben. Ich betone immer, es gilt die Lebensqualität, die Verkehrsanbindungen und den sanften, hochwertigen Tourismus zu fördern. Damit können wir in Zukunft ganz besonders punkten.

Denkmalschutz und Nutzungskonzepte: Macht das Erhalten von Gebäude, die nicht genutzt werden können - nicht aus jedem Schloss oder jeder Burg kann ein Museum oder ein Veranstaltungszentrum beherbergen - Sinn? 

Die Bewahrung der bedeutenden Denkmäler wird in aller Regel in enger Abstimmung mit den Landeskonservatoren des Bundesdenkmalamtes vorgenommen und ist für uns ein besonderes Anliegen.  Gerade in Anbetracht der großen Zahl von bekannten, aber auch weniger bekannten Bauwerken, Ruinen etc.  müssen die Ressourcen unserer Stiftung in personeller wie auch in finanzieller Hinsicht auf sehr schonende Weise und gezielt eingesetzt werden.

Im Falle einer Ruine zum Beispiel, die ja naturgemäß durch stetigen Zerfall gekennzeichnet ist, wird gemeinsam mit dem Bundesdenkmalamt eine Lösung erarbeitet, um die wesentlichen Denkmaleigenschaften zu erhalten. Eingriffe und Veränderungen sind dann vor allem dort erforderlich, wo eine gravierende und aktuelle Gefahr für Personen besteht.

Historische Gebäude wie ein Schloss Esterházy sind Tourismusmagneten und bringen der Region Wertschöpfung. Erhalten Sie im Gegenzug ausreichend Unterstützung vom Land Burgenland oder gibt es in der Zusammenarbeit noch immer Probleme?

Wer in der Öffentlichkeit agiert, darf keine persönlichen Befindlichkeiten haben. Das gilt für uns als eine private Institution, noch stärker aber für Spitzenvertreter der Politik. Für uns muss die Sache im Vordergrund stehen. Deshalb bin ich auch froh, dass vor acht Monaten Gespräche zwischen Vertretern des Landes und Esterhazy begonnen haben. Wir sind dabei auch recht weit gekommen. Im Bereich Tourismus kooperieren wir recht gut mit den Landeseinheiten, das Gleiche gilt für die Bewerbung unserer Formate bei Auftritten außerhalb des Burgenlandes.  Es wird auf vielen Ebenen deutlich mehr miteinander gesprochen.


Die Esterhazy Unternehmensgruppe im Jahr 2015

Der Umsatz der Esterhazy Unternehmensgruppe stieg 2015 auf 46,5 Millionen Euro (+ 4,3 Prozent zu 2014) und verdoppelte sich gegenüber 2005 (22,8 Millionen Euro). Die Bereiche Forst, Landwirtschaft und Naturmanagement mit 27,7 Millionen Euro Umsatz (plus 4,5%) und 6,8 Millionen Euro Betriebsgewinn sowie Immobilien und Freizeitanlagen mit 7,4 Millionen Euro Umsatz (plus 1,4%) und 4,3 Millionen Euro Betriebsgewinn leisteten den größten Beitrag. 6,2 Millionen Euro wurden in die Stärkung der Wirtschaftsbetriebe und in die großen historischen Denkmäler investiert.

Die Erträge wurden gemäß Stiftungsauftrag in das Anlagevermögen der Wirtschaftsbetriebe (rund 3,3 Millionen Euro) und in die touristischen und kulturellen Bereiche (2,9 Millionen Euro) investiert. Die Steuer- und Abgabenleistung belief sich auf 7,5 Millionen Euro, der Personalaufwand auf 13,7 Millionen Euro. Zum Erfolg trugen 285 Mitarbeiter bei.

Seit Bestehen der Stiftungen flossen rund 53 Millionen Euro in die Erhaltung und Adaptierung der großen historischen Denkmäler Burg Forchtenstein, das Schloss Esterházy in Eisenstadt und den Steinbruch St. Margarethen. Mehr als 400.000 Gäste kommen jährlich zu den Esterhazy Tourismus- und Kulturangeboten, weitere 80.000 besuchen die verbundenen Unternehmen (wie Gastronomie, Weinverkauf etc.).

[caption id="attachment_9583" align="aligncenter" width="614"]@ Katharina Schiffl / cityfoto @ Katharina Schiffl / cityfoto[/caption]

About 10 years ago, you took over the management of the Esterhazy Corporation.  What was the initial situation and how did you have to get started?

Stefan Ottrubay: I had very little time to get ready and was immediately involved into the operations of the company and public life in Burgenland.  The Foundation had completely outdated structures and management levels were practically nonexistent. We spent the first five years recruiting competent professionals and integrating them into the organization.  The quick and radical modifications were surprisingly well accepted by the younger employees, which I did not expect. Obviously drastic changes always create some confusion, especially for certain political fractions.  Austria has a tendency to stride “back to the future.”

Despite opposition from family members, the entire fortune had been already placed into a foundation during the lifetime of the last Countess Melinda Esterhazy.  What were the main incentives to follow that path? 

After the death of her husband Paul Esterhazy V. in 1989, Melinda debated with her closest advisors as to what would be the best way to preserve such a significant inheritance for posterity and, therefore, for Austria and central Europe. After lengthy consultations with her brother, Josef Ottrubay and renowned foundation experts, she decided to reallocate the majority of the assets into a foundation. The first centralized foundation was established in 1994. Their main goal was to create structures that would allow a stable growth rate of the economic enterprises. Those undertakings should in the coming years be able to finance the enormous costs necessary for the maintenance of the four large stately homes and many further historical sites such as the Meierhofs, old residential buildings, performance venues like St. Margarethen and countless other ones.  The other important aim of the foundation was to scientifically examine significant collections – partially not yet discovered and stored in the attics of the castles - restore them and present them to the public in attractive exhibitions.

What are some of your mid-term plans? Where do you see the Esterhazy Corporation in 10 years?

We are very well positioned in the area of forestry and agriculture, the wine-growing sector and real estate.  Newer fields still need some development, for instance the “hospitality” branch – gastronomy, hotels and tourism – is where we still have much to do. Equally important is the strengthening of the various sectors of cultural tourism.  The northern part of the province of Burgenland offers great opportunities, but also needs a great deal of development. We have to convert the “day trippers,” who dominate Burgenland at the moment, to “several-day visitors.” This is not an easy process, which requires sophisticated hotel industry and more importantly attractive offers for the transitional holiday periods of spring and autumn and even winter.

Could you specify how you would like to proceed here?

The foundation has already begun to offer concrete programs for this time of the year. We currently have seven exhibitions at three different locations, which are constantly being expanded and modernized. Since castles and museums are a good alternative for inclement-weather activities, we expect more than 250,000 visitors this year. We also offer attractive indoor and outdoor programs for families with children, which are particularly popular for the transition periods, including the wintertime.

The greater Neusiedlersee area is really beginning to develop in a dynamic way. What we are trying to do to move away from the romanticized, but poor region of Austria to an important leisure and residential area, in the immediate vicinity of Vienna. The general public and the government must recognize the new trends. These are special opportunities that we as province and region should take advantage of. I always emphasize that it is essential to develop the quality of life, the transport connections and the gentle, but high-quality tourism. These are the aspects that we could really benefit from the future.

Heritage protection and utilization concepts: does it make sense to preserve old buildings – after all, not all castles could be turned into museums or event venues?

The decisions on whether a significant monument is worth preserving are generally made in coordination with the conservation experts at the federal monuments department (Bundesdenkmalamt). Because of the large number of prominent as well lesser known buildings and ruins, it is essential to distribute the resources of the foundation very carefully based on personal and financial considerations.

In the case of historical ruins, which are naturally marked by constant disintegration, a conservation solution would be worked out experts in order to preserve major historical qualities. Interference and alterations are only necessary when there is an immediate and serious danger to people.

Historical Buildings such as the Esterhazy Castle are popular tourist attractions and bring the region valuable prestige. Do you receive sufficient support from the province of Burgenland or are there still problems in that regard?

Those who operate in the public cannot have personal sensitivities.  That is the case for us as a private institution, but even more so for the top representatives in the politics. The cause has to have top priority. I am extremely pleased, therefore, that we have begun talks with the representatives of the province of Burgenland eight months ago and have made good progress. The cooperation in the area of tourism is working very well, including representation outside the province. There is considerably more communication at all levels.


The Esterhazy Corporation in 2015

The Esterhazy Corporation’s revenue has grown to 46.5 million Euros in 2015 (an increase of 4.3 per cent from 2014) and more than doubled since 2005 (22.8 million Euros).

The Esterhazy Group generates its main revenue from forest, farming and agricultural management as well as real estate and recreational facilities. Last year 6.2 million Euros has been invested in economic enterprises and historical monuments.

According to the Esterhazy Foundation mission, the earnings have been invested into economic enterprises (3.3 million Euros) as well as into tourist and cultural fields.  The 285 employees accounted for 13.7 million Euros, while taxes and other output amounted to 7.5 million Euros.

Since its beginnings, the Esterhazy Foundation has financed the renovation and maintenance of about 53 historical sites such as the Forchenstein Castle,  the Esterhazy Palace in Eisenstadt and the St. Margarethen Quarry. More than 400,000 guests visit the Esterhazy tourist and cultural venues annually and a further 80,000 enjoy the culinary offers associated with those.

Quelle: cityfoto
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