„Investitionen in Denkmalschutz lohnen sich.“

Analyse. Denkmalschutz hat Potenzial, ist Guy Clausse, Council Member of Europa Nostra, überzeugt. Gezeigt hat sich dies im EU-Projekt Cultural Heritage Counts for Europe, das die vielfältigen Auswirkungen des Denkmalschutzes untersucht hat.

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Analyse. Denkmalschutz hat Potenzial, ist Guy Clausse, Council Member of Europa Nostra, überzeugt. Gezeigt hat sich dies im EU-Projekt Cultural Heritage Counts for Europe, das die vielfältigen Auswirkungen des Denkmalschutzes untersucht hat.

Sie glauben, in den Erhalt oder die Sanierung eines historischen Gebäudes zu investieren, bedeutet nicht mehr, als eben besagte Gebäude zu erhalten? Dann irren Sie sich gewaltig! „Gut gemachter Denkmalschutz stiftet nicht nur einen offensichtlichen kulturellen Nutzen, sondern generiert darüber hinaus auch volkswirtschaftliche, sozialpolitische und sogar umweltökonomische Vorteile, die nicht unterschätzt werden dürfen“, sagt Guy Clausse, Council Member of Europa Nostra und bis Jänner Dean des EIB Institute. „Investitionen in den Denkmalschutz lohnen sich“, so Clausse weiter.

Das Potential des Denkmalschutzes aufzuzeigen und damit auch zu mehr Investitionen in diesen Bereich zu ermutigen, sei auch das Grundanliegen des im Vorjahr abgeschlossenen EU-Projekts „Cultural Heritage Counts for Europe“ gewesen. So wurde ein umfassender Literaturüberblick zu den vielfältigen Studien (davon viele Fallstudien) erstellt, die die ökonomischen, sozialen, kulturellen und umweltpolitischen Auswirkungen des Denkmalschutzes untersuchen. „Das hat im zweiten Schritt dazu geführt, verbleibende Forschungslücken aufzuzeigen und erste denkmalpolitische Schlussfolgerungen zu ziehen“, erklärt Clausse, der die Projektkosten mit fast 400. 000 Euro beziffert.  Etwas mehr als die Hälfte davon, nämlich 235.000 Euro, hat die EU (Generaldirektion Kultur) übernommen.

Zu den wichtigsten Ergebnissen des Projektes, an dem neben dem Projektkoordinator Europa Nostra  unter anderem das Internationale Kulturzentrum Krakau, das belgische R. Lemaire Zentrum der Universität Leuwen,  die britische Heritage Alliance sowie  europäische Netzwerke wie ENCACT (European Network on Cultural Management and Cultural Policy Education) oder Heritage Europe-EAHTR (European Association of Historic Towns & Regions) beteiligt waren, zählt neben einem in dieser Breite bisher nicht verfügbaren Literaturüberblick der Beweis, dass Investitionen in den Denkmalschutz in der Tat keine „Luxusausgaben“, sondern in vielfältiger Art Ausdruck guter Wirtschafts- und Sozialpolitik seien. Clausse: „Es lohnt sich zum Beispiel, oft unter regionalpolitischer oder städtebaulicher Sicht, in Denkmalschutzprojekte zu investieren, etwa um den Tourismus zu fördern oder Städte als Lebens- und Arbeitsraum neu zu positionieren.“ Nicht weniger, sondern mehr Investitionen in den Denkmalschutz wären daher oft das Gebot der Stunde.

Dazu komme, dass die erforderlichen Investitionssummen oft vergleichsweise bescheiden seien. „Wenn wir mal davon ausgehen, dass ein Kilometer Autobahnbau sagen wir 10-20 Millionen Euro kostet, dann reicht oft schon der Gegenwert von ein paar Hundert Metern Autobahn, um im Denkmalschutz kleine Wunder zu vollbringen“, sagt Clausse. Dies solle kein Plädoyer gegen neue Autobahnen sein, wohl aber ein Argument zum Abwägen und Vergleichen.

Derzeit werden die Schlussfolgerungen des Projekts in die tagtägliche Praxis umgesetzt. Da gebe es noch viel zu tun, sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene, ist Clausse überzeugt. Ermutigend sei, dass 2018 als das Europäische Denkmalschutzjahr proklamiert werden dürfte, was dem Anliegen der Denkmalschützer quer durch Europa nur nutzen könne.

[caption id="attachment_9562" align="alignleft" width="345"]© Fotolia © Fotolia[/caption]

Grundsätzlich bleibe auf lokaler und nationaler Ebene in Hinblick auf den Denkmalschutz viel zu tun, wobei die allgemeine Lage von Land zu Land variiere. „In fast allen Ländern gibt es zum einen „Vorzeigeprojekte“ wie etwa Schönbrunn oder Versailles, die meistens auch finanziell  beziehungsweise haushaltsmäßig ganz gut aufgestellt sind“, sagt Clausse. Zum anderen gebe es oft die weniger bekannten, aber lokal vielleicht besonders wichtigen Denkmäler, die allzu leicht riskieren würden, ein Schattendasein zu fristen.  „Auch auf EU-Ebene sollte der Einsatz für den Denkmalschutz verstärkt werden, eben weil er oft zu regionalpolitischen Zielen beiträgt – zum Beispiel durch die finanziell eher gut ausgestatteten EU-Strukturfonds, wie den EFRE (Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung)“, fordert der Experte. Diesen Herausforderungen könne man begegnen, indem man den Wert guter Denkmalschutzprojekte stärker in den Vordergrund schiebe. „Europa Nostra führt seit 2013, in Zusammenarbeit mit dem Institut der Europäischen Investitionsbank und der Entwicklungsbank des Europarats, ein Sonderprogramm durch. Es identifiziert besonders schützenswerte, aber gleichzeitig besonders gefährdete Kulturdenkmäler in ganz Europa und kämpft für ihre Erhaltung, indem sowohl die Bedeutung dieser Denkmäler einem breiteren Publikum bewusst gemacht wird als auch konkrete „Rettungspläne“ erarbeitet werden“, sagt Clausse. Im Rahmen dieses Programms „7 Most Endangered“ wurden bisher 22 solcher Denkmäler in fast ebenso vielen Ländern ausgewählt: Diese reichen von Portugal und Estland bis zu Albanien und Armenien. In einer guten Reihe von Fällen seien in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern sehr entscheidende Fortschritte zum Erhalt dieser gefährdeten Denkmäler erzielt worden. Clausse: „So wird ein bekanntes früheres Klostergebäude in Setubal/Portugal saniert und dient wieder als Stadtmuseum, die europaweit wohl wichtigste historische Goldgrube (in Rumänien, seit der vorrömischen Zeit in Betrieb) konnte vor der Zerstörung durch modernen Tagebau bewahrt werden und bei der Erhaltung eines Amphitheaters in Durres (Albanien) wurden bedeutende Fortschritte  erzielt.


Europa Nostra

Europa Nostra vereinigt mit Hunderten von Mitgliedsorganisationen aus 45 Ländern etwa 5 Millionen Mitglieder und ist damit die größte europäische Dachorganisation für den Denkmalschutz. Sie ist somit die wichtigste Stimme der Zivilgesellschaft auf diesem Gebiet. Sie kämpft auf nationaler wie auf europäischer Ebene für den Denkmalschutz, indem sie in die laufende Diskussion eingreift ( z. B. durch das „ Heritage Counts for Europe“- Projekt), durch gezielte Lobbyingarbeit für einzelne gefährdete Kulturgüter, durch jährliche Auszeichnungen für besonders gut gelungene Erhaltungsmaßnahmen (oft in Zusammenarbeit mit der EU) oder durch gezielte Sanierungskonzepte für besonders gefährdete Kulturdenkmäler.

www.europanostra.org


If you believe that investing in the preservation of historical building is merely for the purpose of maintenance, then you could not be further from the truth!  “When properly carried out, historic preservation results in cultural enrichment as well as economic, sociopolitical and environmental gains that we cannot underestimate,” says Guy Clausse, Council Member of Europa Nostra und Dean of the European Investment Bank (EIB) Institute until last January.

The fundamental concept of the EU project finalized last year, Cultural Heritage Counts for Europe, was to illustrate the potential benefits of heritage protection, thus encouraging investment in this area.  There were numerous organizations across Europe taking part in the research that cost almost 400,000 Euros of which more than half was covered by the EU.  The most significant outcome was that investing in historical preservation is not a “luxury outlay,” but rather a diverse manner in which to contribute to clever economic and sociopolitical expenditure.

Furthermore, according to Clausse, “when one considers that a kilometer of new motorway costs between 10 and 20 million Euros, one can do wonders for heritage preservation with just a few hundred meters of motorway.” In other words, the costs for revitalizing historical sites are relatively low.  Although there is still much to be done, according to Mr. Clausse, the concluding results of the project findings are presently being put into practice. To begin with 2018 has been declared as the European Cultural Heritage Year, which will undoubtedly benefit many branches in that field.

Heritage protection programs vary from country to country. Guy Clausse maintains that, “while ‘showcase’ projects such as Schoenbrunn  or Versailles are well funded on the local and national levels, there should be an increased commitment on the part of the EU from financially well-endowed organizations like the European Regional Development Fund (ERDF). The expert further explains that, “Europa Nostra, in cooperation with the European Investment Bank, runs a program which identifies especially endangered cultural landmarks in Europe and supports their conservation.” Within the framework of “The 7 Most Endangered” program 22 such sites have been chosen. As examples of successful collaboration with local partners a famous Closter in Portugal was renovated, a historical gold mine in Romania was saved from destruction by modern building and an amphitheater in Albania was preserved.


Europa Nostra

Europa Nostra is a citizens’ movement for the safeguarding of Europe’s cultural and natural heritage. The pan-European network has 250 member organizations from 45 countries and encompasses more than 5 million people. Together they form an important lobby for cultural heritage in Europe and campaign to save Europe’s endangered historic monuments, sites and cultural landscapes. Each year they reward the best achievements and celebrate excellence and dedication by architects, craftsmen, volunteers, schools, local communities, heritage owners and media. Members of Europa Nostra promote sustainable development and quality standards in urban and rural planning in order to ensure that our cultural heritage is a key asset to Europe’s society and economy, and is essential to our identity and quality of life.

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Quelle: Fotolia
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