Ist der Wirtschaftsstandort Österreich für Immobilieninvestoren interessant?

Wien hat es nach dem Fall des Eisernen Vorhangs als Chance gesehen, als Drehscheibe zwischen West- und Osteuropa zu fungieren und damit eine wesentliche Stellung als europäischer Wirtschaftsstandort einzunehmen.

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Wien hat es nach dem Fall des Eisernen Vorhangs als Chance gesehen, als Drehscheibe zwischen West- und Osteuropa zu fungieren und damit eine wesentliche Stellung als europäischer Wirtschaftsstandort einzunehmen. Aufgrund der Krisen in Osteuropa und der Tatsache, dass diese Länder noch nicht an ihre Bedeutung vor 2009 anschließen konnten – politische Unsicherheiten in den Ländern wie z.B. derzeit in Ungarn, tragen nicht unbedingt zur Stabilisierung bei - hat auch Österreich nicht Fall des Eisernen Vorhangs profitiert.

Aber ist Österreich für internationale Investoren überhaupt interessant?

Bei der Nachfrage nach Gewerbeimmobilien sehen wir sehr wohl, dass internationale Investoren bereits am österreichischen Markt aktiv und kauffreudig sind. Österreich gilt im internationalen Vergleich als wenig spannender, dafür aber sicherer Investmentmarkt, der nur wenig Kopfschmerzen bereitet.

Etwas anders stellt sich das Bild am Wohnungsmarkt dar. Die von internationalen Kunden so oft gesuchten Objektvolumina in der Größe von mehreren hundert Wohnungen sind in Österreich nicht, ja nicht einmal in Wien, häufig zu finden. Investitionen in Zinshauspakete scheitern sehr oft an der Undurchschaubarkeit des Mietrechtsgesetzes, das ja auch für nationale Branchenteilnehmer oft nur schwer zu verstehen und absolut nicht mehr zeitgemäß ist. Auch die derzeitige schier nicht enden wollende Diskussion um ein neues Mietrecht und der Vorschlag einer Regierungspartei, der am Tisch liegt, zeugt nicht von Rechtssicherheit, sondern verunsichert völlig unnötig mögliche Investoren. Generell sollten hier eher Maßnahmen getroffen werden, die dazu dienen, die privaten Investitionen in den Wohnbau anzukurbeln (siehe Deutschland und das interessante Modell der hohen Abschreibungsmöglichkeiten), anstatt potenzielle Kunden zu verunsichern.

In der ganzen Situation stellt sich natürlich auch die Frage, ob Österreich – und hier natürlich im Besonderen Wien – vom Brexit profitieren könnte. Da nun noch nicht einmal feststeht, wann genau die Briten die EU verlassen werden, sind hier noch keine Auswirkungen zu bemerken. Generell werden höchstens andere Finanzzentren wie zum Beispiel Frankfurt – wenn überhaupt – von einem Umzug von Unternehmen profitieren können, für Wien sehe ich hier am gewerblichen  Vermietungsmarkt diesbezüglich leider keine Chancen. Nur eine gewisse Verunsicherung auf den Kapitalmärkten und die daraus resultierende Flucht in Immobilien und damit Grundbuch kann positive Effekte auf den Investmentmarkt haben.

Von international agierenden Kunden ist auch immer wieder zu hören, dass Österreich doch deutlich überreguliert ist, so sprechen wir derzeit von neun vorhandenen Bauordnungen, neun Fördersystemen für den Wohnbau und in etwa 3.000 Normen, die auf die Bau- und Immobilienwirtschaft anzuwenden sind. Dieser Föderalismus in seinen Auswüchsen ist bei Immobilieninvestitionen ein nicht zu unterschätzender, aber leider nicht abschätzbarer Kostenfaktor, der ebenso einen Hemmschuh darstellt.

Österreich ist ein wunderschönes und sehr lebens- und liebenswertes Land, allerdings wären so manche Maßnahmen bereits überfällig, um im beinharten internationalen Wettbewerb weiterhin eine nennenswerte Rolle spielen zu können.